Telekom Das Quotenfrau-Fiasko

Telekom-Quotenfrau Lauterbach: "Analytisch und fachlich hoch kompetent"
Foto: Deutsche TelekomHamburg - Die Deutsche Telekom schweigt beharrlich in der Sache Anastassia Lauterbach. Seit Montag ist bekannt, dass die ranghöchste Managerin des Unternehmens geht - oder sogar gehen muss. Doch der Konzern sagt: nichts. Dabei ist Lauterbach ausgerechnet die Managerin, die zur Produktchefin befördert wurde, kurz nachdem die Telekom die Frauenquote im Frühjahr 2010 eingeführt hatte.
Da drängt sich die Frage auf: Ist Lauterbach befördert worden, obwohl sie inkompetent war? Und zieht die Telekom nun die Konsequenz?
Sicher ist, dass Lauterbach höchst umstritten war. Als die Nachricht von der Trennung am Montag bekannt wurde, sei ein Aufatmen durch das Haus gegangen, heißt es aus Konzernkreisen. Die Managerin sei "an Selbstbesoffenheit, Arroganz und Überheblichkeit nicht mehr zu toppen". Ihr Umgang mit Mitarbeitern sei "völlig daneben" gewesen. Sie habe Projekte "durchgepeitscht, ohne Rücksicht auf Verluste", berichtet ein anderer Kollege.
Auch soll es zwischen Lauterbach und ihrem Vorgesetzten Edward Kozel Probleme gegeben haben: auf der einen Seite die junge, aufstrebende Frau, auf der anderen der erfahrene Mann, der sich nicht reinreden lassen wollte.
Lauterbach musste hinnehmen, dass Kozel ihr nur kurze Zeit nach seinem Amtsantritt den Posten der konzernweiten Produktchefin weggenommen und sie zur Beteiligungsgesellschaft T-Ventures abgeschoben hatte. Der Konzern erklärte dies im vergangenen November damit, dass Lauterbach den Produktbereich nur kommissarisch übertragen bekommen habe und der neue Posten ebenfalls bedeutend sei. Doch in Wirklichkeit war es wohl eine herbe Niederlage für sie.
Lauterbach war 2006 vom damaligen T-Mobile-Chef und heutigen Konzernchef René Obermann zur Telekom geholt worden - und danach zügig aufgestiegen. Davor hatte die inzwischen 37-jährige gebürtige Russin bereits eine glänzende Karriere gemacht. Sie promovierte im Fach Slawistik an der Uni Bonn, arbeitete beim Rückversicherer Munich Re, bei Daimler und als Beraterin bei McKinsey.
Ein Telekom-Mitarbeiter räumt denn auch ein, dass Lauterbach "analytisch und fachlich hoch kompetent" sei. "Da kann man ihr nichts vorwerfen."
Musste die Managerin also nur gehen, weil sie im Konzern unbeliebt war?
Telekom muss in die Offensive gehen
Die Telekom bleibt dabei: "Das Unternehmen kommentiert Personalien grundsätzlich nicht", sagt ein Sprecher. Das Schweigen aber ist riskant - für die Telekom und die Befürworter der Frauenquote. Denn seitdem das Unternehmen als erster deutscher Großkonzern vollmundig ankündigte, bis 2015 30 Prozent aller Positionen im mittleren und oberen Management mit Frauen zu besetzen, ist das öffentliche Interesse gigantisch. Viele lobten im vergangenen Frühjahr den Pioniergeist Obermanns. Andere warfen dem Konzernchef eine gescheiterte Personalpolitik vor - und hofften wohl insgeheim auf ein Scheitern des neumodischen Führungsstils.
Nach der Telekom-Trennung von Lauterbach dürften sich die Gegner der Frauenquote bestätigt fühlen. Getreu dem Motto: Wir haben es doch schon immer gewusst: Quotenfrauen müssen ja scheitern. Auch SPIEGEL ONLINE hat nach der ersten Berichterstattung der Lauterbach-Kündigung Zuschriften dieser Art erhalten. Leser werfen der Managerin Unfähigkeit vor - offenbar, ohne sie zu kennen.
Bei Lauterbach dürfte es jedoch vor allem der markante Führungsstil gewesen sein, der zu ihrem Fall führte. Dahinter steckt ein strukturelles Problem: Frauen, die schon an der Spitze sind, mussten oft einen sehr harten Weg gehen - nicht selten unter Aneignung von Eigenschaften, die auf Kollegen unsympathisch wirken, wie so manche abfällige Aussagen zeigen.
Zu ihrem Scheitern beigetragen haben könnte auch, dass Frauen in Spitzenposten erfahrungsgemäß unter weit strengerer Beobachtung stehen als Männer. Wird Mittelmaß bei männlichen Chefs geduldet, bedeutet es für Frauen gleich das Aus. Gleiches gilt für Fehler.
Doch selbst die härtesten Gegner Lauterbachs sind nicht per se Gegner einer Frauenquote - im Gegenteil. "Der Fall zeigt doch, dass es in vielen Unternehmen und auf vielen Ebenen eine Quote geben muss, um mehr gute Frauen in die Chefetagen zu bekommen", sagt ein Kritiker. "Dank der Quote müssten sie sich auch nicht mehr das Bulldozer-Gehabe von Männern abgucken."
Und sowohl den Mitarbeitern als auch dem Konzern blieben Fälle wie der Lauterbachs erspart.