Telekom-Vorstoß Großkonzerne sperren sich gegen Frauenquote

Die Telekom prescht vor - und keiner folgt nach. Das Unternehmen ist der einzige Dax-Konzern, der eine Frauenquote für Chefposten einführt, die anderen Firmen belassen es bei wohlfeilen Förderprogrammen. Eine Umfrage von SPIEGEL ONLINE zeigt: In Deutschland gibt es fast keine Managerinnen.

Hamburg - Eine Überfliegerin war Barbara Kux schon immer. Egal ob beim Nahrungsmittelgiganten Nestlé  , bei dem sie mit Mitte 20 anheuerte, in ihrer Tätigkeit als Unternehmensberaterin bei McKinsey, beim MBA-Studium an der Eliteschmiede INSEAD in Fontainebleau oder bei der Berufung in den Kreis der "Global Leaders of Tomorrow" durch das Weltwirtschaftsforum in Davos: Die 56-Jährige hat stets das Gros der Konkurrenten durch bessere Leistungen ausgestochen. Frauen und Männer wohlgemerkt.

Da schien es fast zwangsläufig, dass Kux irgendwann einen der begehrtesten Arbeitsplätze erhielt, den Konzerne zu vergeben haben: die Weihen eines Vorstandsmitglieds. Und so ist die gebürtige Schweizerin seit 2008 an der Spitze von Siemens   für den Einkauf des Konzerns verantwortlich. Auf der Führungsetage ist sie allerdings allein unter Männern: Sieben der insgesamt acht Vorstandsposten beim Münchner Unternehmen werden noch immer von dem Geschlecht okkupiert, das sich selbst gern als das Stärkere beschreibt.

Theoretisch ließe sich das Beispiel von Barbara Kux auf zwei Arten interpretieren. Die eine geht so: "Wenn Frauen richtig gut sind, dann werden sie auch was. Genau wie Männer eben." Die andere Sichtweise lautet dagegen: "Frauen sind in der Wirtschaft noch immer weitgehend chancenlos. Sie müssen deutlich besser sein als Männer, um überhaupt die Chance auf eine Führungsposition zu haben."

Manager führen Außenseiter-Dasein

Die zweite Interpretation dürfte deutlich näher an der Wahrheit liegen als die erste. Denn obwohl seit Jahren mehr Frauen Abitur machen, in der Berufsausbildung und im Studium oft fixer sind und besser abschneiden als die männlichen Kollegen - in den meisten Unternehmen führen sie immer noch ein Außenseiter-Dasein, als hätte es die Emanzipation nie gegeben.

Allgemein gilt: Je höher die Karrierestufe, desto geringer der Frauenanteil. Sachbearbeiterinnen sind folglich die Regel, Managerinnen die Ausnahme. Besonders eklatant ist das Verhältnis der Geschlechter auf der Vorstandsebene. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kam zu dem Ergebnis, dass gerade einmal 2,5 Prozent aller Vorstandsmitglieder der 200 größten Firmen in Deutschland weiblich sind.

Besonders maskulin geht es bei den 30 wichtigsten Konzernen der Republik zu, die im Deutschen Aktienindex Dax   gelistet sind. Denn Barbara Kux ist nicht nur die einzige Frau im Siemens-Vorstand, nein: Sie ist die einzige Vertreterin des weiblichen Geschlechts im Vorstand eines Dax-Konzerns überhaupt.

In ähnlicher Weise eine Ausnahmeerscheinung ist Simone Bagel-Trah. Die 40-jährige Mikrobiologin steht seit September 2009 an der Spitze des Aufsichtrats des Düsseldorfer Chemiekonzerns Henkel  . Damit zählt sie zu den wenigen wirklich mächtigen Managerinnen. Zwar zollen ihr alle Beteiligten höchstes Lob und rühmen ihre Qualifikation. Doch letzte Zweifel bleiben, ob sie den Posten auch bekommen hätte, wenn sie nicht die Ururenkelin des Firmengründers Fritz Henkel wäre.

Nur Telekom mit Frauenquote

Ungeachtet aller erkennbaren Ungerechtigkeit betonen die Unternehmen ihr Engagement für die Sache der Frauen. Das zeigt eine SPIEGEL-ONLINE-Umfrage unter den 30 Dax-Konzernen. Allerdings ist die Deutsche Telekom das einzige Unternehmen, das eine rechtlich verbindliche Frauenquote einführen möchte.

Immerhin: In vielen Unternehmen existieren spezielle Förderprogramme für weibliche Führungstalente, in der Deutschen Bank  werden sie sogar in Vorstandsgeheimnisse eingeweiht. Bei Daimler   hat sich der Vorstand verpflichtet, den Anteil der Frauen in den Führungsetagen bis 2020 auf 20 Prozent zu erhöhen. Viele Konzerne bemühen sich außerdem, Frauen durch spezielle Programme zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf den Rücken für ihre Karriere frei zu halten.

Doch offensichtlich wirken solche Programme nur sehr unvollkommen, wie der verschwindend geringe Anteil weiblicher Top-Manager belegt. Zu sehr spielen wohl noch andere Faktoren bei der Auswahl eine Rolle: Männerbünde und ihre Denkschablonen lassen sich eben nur mit großer Anstrengung aufbrechen. Diese unterschwellig wirkenden Mechanismen will die Deutsche Telekom   jetzt über eine Quote aushebeln. Bis zum Jahr 2015 sollen 30 Prozent der Führungspositionen im Konzern mit Frauen besetzt sein, vom Mittel- bis zum Top-Management.

Wie aber halten es die anderen Großunternehmen? Lesen Sie in der Fotostrecke, wie das Engagement für Gleichberechtigung in den einzelnen Konzernen aussieht.

Fotostrecke

Frauenquote: Das planen die Dax-Konzerne

Foto: dpa/dpaweb

Frauenquote in Dax-Konzernen (in Prozent)

Top-Management (Vorstand) obere Führungsebene mittlere Führungsebene mittlere und obere Führungsebene
Adidas 0,0 k.A. k.A. 31,0
Allianz 0,0 13,1 24,3. 22,5
BASF 0,0 6,5 24,0 k.A.
Bayer 0,0 k.A. k.A. 16,0
Beiersdorf 0,0 26,0 24,0 k.A.
BMW 0,0 k.A. k.A. 8,0
Commerzbank 0,0 k.A. k.A. k.A.
Daimler 0,0 8,0 12,0 k.A.
Deutsche Bank 0,0 k.A. k.A. 16,0
Deutsche Börse 0,0 k.A. k.A. 16,0.
Deutsche Post 0,0 25,7 37,6 k.A.
Deutsche Telekom 0,0 13,0 16,0 geplant: 30,0
E.on 0,0 6,0 12,0 k.A.
Fresenius Medical Care 0,0 0,0 25,0 k.A.
Henkel * 0,0 0,0 k.A. 27,5
Infineon 0,0 5,6 9,0 k.A.
K+S 0,0 k.A. k.A. 5,0
Linde 0,0 k.A. k.A. 10,0
Lufthansa 0,0 k.A. k.A. 15,0
MAN 0,0 k.A. k.A. k.A.
Merck 0,0 k.A. k.A. 12,4
Metro 0,0 k.A. k.A. 18,0
Münchener Rück 0,0 k.A. k.A. k.A.
RWE 0,0 k.A. k.A. 10,0
Salzgitter 0,0 k.A. k.A. 5,3
SAP 0,0 k.A. k.A. k.A
Siemens 12,5 k.A. k.A. 8,0
ThyssenKrupp 0,0 6,0 k.A. k.A.
Volkswagen 0,0 k.A. k.A. 9,9
Quelle: Angaben der Unternehmen, Stand: 15.3.2010
* Henkel ist der einzige Konzern mit einer Frau als Chef des Aufsichtsrats.
Mitarbeit: ase, ssu, cte, alb
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