Börsenbewertung Tesla ist wertvoller als Ford

Der Elektroautohersteller Tesla hat bisher vor allem viele Verluste und relativ wenige Autos produziert, der Aktienkurs schießt trotzdem in die Höhe. Das liegt vor allem an den ehrgeizigen Plänen des Gründers Elon Musk.
Hoffnungsträger: Tesla "Model 3"

Hoffnungsträger: Tesla "Model 3"

Foto: REUTERS/ Tesla Motors

Henry Ford und Elon Musk werden häufig verglichen. Ford machte das Auto vor über 100 Jahren durch die Fließbandfertigung für die breite Bevölkerung erschwinglich. Dem schillernden Tech-Milliardär Musk, Gründer von Tesla, trauen Investoren einen ähnlich revolutionären Geniestreich zu - nämlich die Elektromobilität im Massenmarkt zu etablieren. Bisher ist das aber nur eine Hoffnung.

Wie sehr Anleger dem 45-jährigen Starunternehmer vertrauen, zeigt der Aktienkurs. Dort übersteigt der Börsenwert von Musks Firma mit gut 49 Milliarden Dollar mittlerweile den des Branchenriesen Ford und liegt damit nur noch knapp hinter US-Marktführer General Motors. Zum Vergleich: Tesla ist seit seiner Gründung 2003 in den roten Zahlen, in den letzten fünf Jahren fielen rund 2,3 Milliarden Dollar Verluste an. Im gleichen Zeitraum verdiente Ford unter dem Strich 26 Milliarden Dollar.

Was für Welten geschäftlich zwischen den Unternehmen liegen, zeigen auch die Absatzzahlen für das erste Quartal: Tesla verkaufte weltweit rund 25.000 Neuwagen, während Ford alleine auf dem US-Markt mehr als 617.000 Autos absetzte. Anleger halten das Start-up dennoch für wertvoller als den nach General Motors zweitgrößten US-Autobauer. Wie kann das gehen? Fest steht: Tesla-Chef Musk ist ein Liebling der Wall Street, kann Investoren so gut wie alles verkaufen. Und seine Versprechen sind durchaus beeindruckend.

Tesla bereitet derzeit auf Hochtouren den Verkaufsstart seines ersten Stromers für den Massenmarkt vor. Bislang richten sich die Autos von Tesla ausschließlich an wohlhabende Kunden mit Hang zum Öko-Luxus, nun steht mit dem "Model 3" der erste Mittelklassewagen in den Startlöchern. Das Fahrzeug soll 35.000 Dollar kosten, die Serienfertigung im September anlaufen. Der erste Tesla für den schmaleren Geldbeutel soll das Unternehmen - und damit die Elektromobilität - von der Nische in den Mainstream bringen.

Große Investoren vertrauen Musk uneingeschränkt

Dabei verfolgt Musk einen ausgesprochen aggressiven Zeitplan. Die jährliche Tesla-Produktion soll bis 2018 auf 500.000 Autos steigen, für 2020 wird die Millionenmarke angepeilt. Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Im vergangenen Jahr fertigte das Unternehmen nur knapp 84.000 Fahrzeuge. Fehlschläge sollte sich Musk, dessen ehrgeizige Zeitvorgaben Tesla in der Vergangenheit häufig verfehlte, diesmal nicht leisten. Die Kunden reißen sich um das "Model 3", es gibt Hunderttausende Vorbestellungen. Der Druck ist also enorm.

Obwohl Musk auch mit Geschäften wie der umstrittenen Übernahme der verlustreichen Ökostrom-Firma SolarCity oder dem Bau einer riesigen Batteriefabrik in Nevada hohes Risiko geht, genießt er bei einer Reihe großer Investoren uneingeschränktes Vertrauen. Jüngst erst nutzte der chinesische Internetkonzern Tencent eine Kapitalerhöhung zum Einstieg bei Tesla. Die Chinesen legten knapp 1,8 Milliarden Dollar für einen Anteil von fünf Prozent auf den Tisch und stiegen damit aus dem Stand zu einem der größten Aktionäre auf.

Es gibt aber auch etliche Experten, die an Musks ambitionierten Plänen zweifeln. Die Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs etwa raten schon länger, Tesla-Aktien zu verkaufen. Bei vielen Anlegern habe sich eine Art "Träume den Traum"-Mentalität entwickelt, die Herausforderungen, vor denen die Firma stehe, würden ausgeblendet. Andere finden noch deutlichere Worte: Dass Teslas Börsenwert den von Ford übersteige, sei schlichtweg "irrsinnig", meint Marktbeobachter Dave Sullivan vom Analysehaus AutoPacific Inc.

Hannes Breustedt, dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten