Stahlbranche Thyssenkrupp sagt Konzernaufspaltung ab

Beim Industriekonzern Thyssenkrupp kriselt das klassische Stahlgeschäft seit Langem. Helfen sollten eine Aufspaltung und eine Mega-Fusion mit dem indischen Rivalen Tata. Beides scheitert nun.
Das Thyssenkrupp-Stahlwerk Schwelgern (Archivbild)

Das Thyssenkrupp-Stahlwerk Schwelgern (Archivbild)

Foto: Marcel Kusch/dpa

Der Industriekonzern Thyssenkrupp sagt seine geplante Aufspaltung in zwei Teile ab. Auch die geplante Stahlfusion mit dem indischen Konkurrenten Tata Steel ist damit vom Tisch. Das Unternehmen hat entsprechende Medienberichte von "Handelsblatt" und der Nachrichtenagentur Reuters inzwischen bestätigt. Man erwarte, dass die EU-Kommission die Fusion untersage, teilte der Konzern mit.

Statt der Aufteilung schlägt der Vorstand dem Aufsichtsrat einen Börsengang des Aufzugsgeschäfts vor. Weil die Stahlsparte Business Area Steel Europe nun wieder in den Konzern eingliedert werden soll, korrigierte das Unternehmen auch seine Gewinnprognose nach unten. Thyssenkrupp rechnet aus heutiger Sicht noch mit einem bereinigten Ergebnis von 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro vor Steuern und Zinsen (Ebit). Die Konzernaktien stiegen nach Bekanntwerden des Scheiterns der Zerschlagung um rund zehn Prozent.

Guido Kerkhoff

Guido Kerkhoff

Foto: Wolfgang Rattay/REUTERS

Thyssenkrupp wollte sich bislang in zwei Teile spalten: in ein Unternehmen für die Industriebereiche sowie in ein weiteres für die Werkstoffgeschäfte. Darüber sollte die Hauptversammlung im Januar 2020 abstimmen. Für Vorstandschef Guido Kerkhoff, der seit knapp einem Jahr im Amt ist, war es das zentrale Projekt.

Spielte der Kursverfall für das Scheitern eine Rolle?

Reuters hatte zuvor unter Berufung auf Insider berichtet, wegen des Kursverfalls der Thyssenkrupp-Aktien - am Mittwoch waren sie auf den tiefsten Stand seit 15 Jahren gesunken - mache die Aufspaltung keinen Sinn mehr. Denn das konjunkturanfällige Werkstoffgeschäft sollte finanziell abgesichert werden, indem es an dem profitableren Industriegüterkonzern eine Beteiligung hält. Je weniger Thyssenkrupp jedoch wert ist, desto höher müsste die Beteiligung des Werkstoffkonzerns sein.

Zudem wurden die Kosten der Aufspaltung im Konzern auf etwa eine Milliarde Euro geschätzt. Auch deshalb habe die neue Aufsichtsratschefin Martina Merz das Vorhaben noch einmal auf den Prüfstand gestellt. Eine Bestätigung für diese Angaben gibt es bislang nicht.

Foto: Ben Stansall/ AFP

Aus dem erwarteten Abschluss des Stahl-Gemeinschaftsunternehmens mit Tata Steel hatte sich Thyssenkrupp positive Effekte erhofft. Die noch von Kerkhoffs Vorgänger Heinrich Hiesinger geplante Fusion mit dem Rivalen traf bei den europäischen Wettbewerbsbehörden, die zahlreiche Bedenken anmeldeten, auf Widerstand. Die Fusion galt als ein Kernstück des geplanten Konzernumbaus. An dem neuen Gemeinschaftsunternehmen mit Sitz in den Niederlanden sollte Thyssenkrupp nur eine Beteiligung von 50 Prozent halten.

Die Arbeitnehmervertreter von Thyssenkrupp forderten nach den gescheiterten Plänen eine klare Zukunftsstrategie von Vorstandschef Kerkhoff. "Das alles ist eine unsägliche Belastung für die Beschäftigten", sagte der Vizechef des Aufsichtsrats und IG Metall-Sekretär Markus Grolms. "Das muss jetzt aufhören. Der Vorstand muss sagen, wie es ist und Vorschläge machen, wie es besser werden soll."

Durch den Zusammenschluss wäre Europas zweitgrößter Stahlkonzern mit rund 48.000 Mitarbeitern und Werken in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden entstanden. Ziel von ThyssenKrupp war es, sich von dem stark schwankungsanfälligen Stahlgeschäft weitgehend zu verabschieden. Erwartet wurden jährlich wiederkehrende Einsparungen in Höhe von 400 bis 500 Millionen Euro.

apr/Reuters/dpa
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