
Toys R Us: Vom Möbelhändler zum Spielzeugriesen
Insolvenz von Toys"R"Us Ausgespielt
Im Sommer 2015 beschweren sich zahlreiche US-Kunden beim Spielzeugriesen Toys"R"Us. Denn immer wieder versuchen sie sich im Onlineshop der Handelskette zu registrieren - ohne Erfolg. Das Anmeldetool ist kompliziert und funktioniert nicht recht. Eltern ärgern sich, weil die angekündigte automatisierte Versendung von Babywindeln nicht klappt.
Der Fall ist eine von vielen Pannen des Spielzeughändlers beim Ausbau seines Digitalgeschäfts. Zwar investierte die US-Kette in den vergangenen Jahren rund 100 Millionen Euro in seinen Onlinehandel, doch immer wieder gab es Probleme: Im Winter 2015 etwa konnte das Unternehmen in den USA viele Bestellungen nicht rechtzeitig bis zum Weihnachtsfest ausliefern, weil die Mitarbeiter mit der Flut von Onlineaufträgen überfordert waren. Ein Jahr später musste der ersehnte Start des neuen Onlineshops auf die Zeit nach Weihnachten verlegt werden. Umsatzeinbußen waren die Folge.
Nun scheint der Überlebenskampf des Unternehmens kurz vor dem Ende: Am Dienstag hat Toys"R"Us in den USA einen Insolvenzantrag eingereicht. Doch es könnte noch Hoffnung für die Spielzeugkette geben: Die weltweit rund 1600 Filialen bleiben zunächst geöffnet. Toys"R"Us teilte mit, im Rahmen einer Chapter-11-Insolvenz einen Neukredit in Höhe von mehr als drei Milliarden Dollar von einer von JPMorgan angeführten Bankengruppe erhalten zu haben.
In den USA gibt es zwei unterschiedliche Insolvenzverfahren, die als Chapter 7 und Chapter 11 bezeichnet werden. Während das Ziel eines Chapter-7-Verfahrens die Liquidierung eines bankrotten Unternehmens ist, handelt es sich bei Chapter 11 eher um Sanierungsverfahren unter gerichtlicher Aufsicht. Dem Schuldner wird ein zeitlich begrenzter Schutz vor seinen Gläubigern gewährt, um sich zu reorganisieren.
Zudem ermöglicht die Insolvenz dem Konzern nach US-Recht eine Umschuldung. Laut einer Mitteilung des Unternehmens gehe es bei dem Verfahren "weder um eine Geschäftsauflösung noch einen Konkurs nach deutschem Verständnis". Ziel sei es, die Schulden bei laufendem Betrieb zu senken - "zum Zweck der Rückkehr auf eine nachhaltige Erfolgsspur für das Unternehmen". Branchenexperten erwarten, dass Toys"R"Us im Insolvenzverfahren versuchen könnte, seine unrentablen Läden zu schließen und das Onlinegeschäft weiter auszubauen.
Gehen diese Pläne nicht auf, könnte ein Stück US-amerikanischer Handelsgeschichte verloren gehen. Der Unternehmer Charles P. Lazarus gründete 1948 das Unternehmen zunächst als Babymöbelgeschäft und erweiterte es dann am Ende der Fünfzigerjahre zu einem Spielzeughandel. Der Babyboom nach dem Zweiten Weltkrieg sorgte für eine rasche Expansion - Toys"R"Us stieg zum größten Spielzeughändler der USA auf.
Doch in den vergangenen Jahren ging es für die Kette, die weltweit rund 64.000 Mitarbeiter hat, rasant bergab. Die Verkäufe in den Läden gingen drastisch zurück, vor allem das boomende Geschäft des Onlineriesen Amazon machte der Firma zu schaffen. Zuletzt machte Toys"R"Us im zweiten Quartal einen Verlust von 164 Millionen Dollar - den letzten Jahresgewinn meldete das Unternehmen vor vier Jahren.

Toys R Us: Vom Möbelhändler zum Spielzeugriesen
Währenddessen setzte Amazon im Spielzeughandel seinen Expansionskurs unbeirrt fort: Der Handelsgigant verkaufte im vergangenen Jahr vier Milliarden Produkte aus dem Spielzeugsegment, rund ein Drittel mehr als Toys"R"Us. Amazons Umsätze mit Spielzeug legten im vergangenen Jahr um stolze 24 Prozent zu.
Doch der Niedergang von Toys"R"Us ist nicht allein mit der wachsenden Online-Konkurrenz zu erklären. Für das Unternehmen kam erschwerend hinzu, dass es unter einer gigantischen Schuldenlast leidet. Im Jahr 2005 fielen die Finanzinvestoren Bain und KKR über den Spielzeugriesen her und kauften den Konzern für 6,6 Milliarden Dollar. Die Übernahme finanzierten sie mit Krediten, dann nahmen sie Toys"R"Us von der Börse und bürdeten dem Unternehmen hohe Lasten auf.
Gigantische Schuldenlast
Die langfristigen Schulden des Konzerns belaufen sich inzwischen auf fünf Milliarden Dollar. Allein im kommenden Jahr werden 400 Millionen Dollar fällig, die an Gläubiger zurückgezahlt werden müssen. Unter dieser Schuldenlast ist Toys"R"Us jetzt zusammengebrochen.
Die deutschen Läden sind von der Insolvenz aber nicht betroffen: Die überwiegende Mehrzahl der Märkte arbeite weiter profitabel und setze ihren Betrieb fort, teilte die deutsche Tochter in Köln mit. Die Gesellschaften in Europa, Asien und Australien seien zudem "nicht Teil des derzeit in den USA und Kanada stattfindenden Restrukturierungsprozesses".
Vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft sorgt die Insolvenz des Spielzeugkette für Unruhe in der Branche. Denn das Sterben klassischer Einzelhandelsketten geht weiter. Allein in diesem Jahr haben bereits mehr als ein Dutzend amerikanische Ketten wie Payless, Gymboree oder Perfumania Gläubigerschutz beantragt. Zugleich haben große Einzelhändler wie Macy's und Sears Hunderte Standorte geschlossen. Der Siegeszug von Amazon fordert große Opfer.