Milliardenverlust bei Uber Das Übel des Knopfdruck-Kapitalismus
1,27 Milliarden Dollar Verlust hat Uber in vergangenen halben Jahr gemacht, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Für eine Tech-Firma ist das bedrohlich viel. Es gibt in dieser Geschäftswelt eigentlich nur ein Unternehmen, das sich solche Verluste leisten kann - und das ist Amazon. Ein längst am Markt etablierter Börsengigant, der das Prinzip des beschleunigten Wachstums durch Verluste sozusagen erfunden hat.
Bei Uber, einer wesentlich kleineren und jüngeren Firma, fragt man sich unweigerlich: Kann das gut gehen?
Die Expertenwelt teilt sich bei dieser Frage grob in zwei Lager. Die einen sagen, dass Uber wie Amazon sei und vertrauen auf das Geschäftsmodell des Unternehmens. Die anderen sagen, Uber sei wie Kozmo.com, jener komische Lieferservice aus der Dotcom-Blase, der einem gratis Videospiele und Starbucks-Kaffee liefern wollte und Hunderte Investorenmillionen verbrannte.
Vielleicht greift beides zu kurz. Vielleicht ist Uber vor allem wie ein Kind, das immer alles sofort haben will.
Die On-Demand-Economy
Es gibt ein Marktmodell, dass in letzter Zeit immer öfter diskutiert wird. Tech-Analysten wie Brian Solis nennen es die On-Demand-Economy . Sie sehen das Zeitalter der universellen Wunscherfüllung anbrechen, die Ära der sofortigen Bedürfnisbefriedigung, eine Zeit, in der Konsumenten sich mehr und mehr wie bockige und ungeduldige Kinder gebärden.
Die On-Demand-Economy geht so: Man braucht jetzt ein Auto und drückt auf sein Smartphone (Uber, Lyft, MyTaxi, car2Go). Man braucht jetzt was zu essen und drückt auf sein Smartphone (Deliveroo, Foodora). Man will jetzt einen Zahnbürstenhalter in Form einer Darth-Vader-Maske und drückt auf sein Smartphone (Amazon).
Nun war Geschwindigkeit schon immer ein Wettbewerbsvorteil. Schon vor 100 Jahren gab es Restaurantbesitzer, die vorbeigehenden Gästen schnell einen Tisch aufschwatzten, ehe diese sich ins Nachbarbistro setzten. Im mobilen Internet aber hat sich dieser Wettkampf um Aufmerksamkeit massiv verstärkt.
Schnelle, universale Verfügbarkeit ist inzwischen zum Mindeststandard geworden. Die Kunden erwarten diesen Standard inzwischen fast überall. Dieser Knopfdruck-Kapitalismus ist Ubers eigentliches Problem.
Das Netflix der Autos
Firmen wie Netflix können ihre Fernsehserien zu geringen Kosten allzeit verfügbar machen. Bei Autos, die einen abholen und herumfahren sollen, ist universelle Verfügbarkeit deutlich teurer. Trotzdem erwarten die Kunden von Netflix und Uber dasselbe. Jetzt! Sofort! Und bitte schön günstig.
Schon seit Jahren liefert sich Uber einen Preiskampf mit seinem Konkurrenten Lyft. Im Sommer 2014 waren die Fahrpreise so stark gesunken, dass die Uber-Fahrer davon nicht mehr leben konnten. Um die Fahrer trotzdem zu halten, begann Uber, ihnen in einigen Ländern einen Aufschlag auf den regulären Fahrpreis zu zahlen .
Laut Bloomberg macht die Firma damit einen Großteil ihrer Verluste. Dem Tech-Blog "The Information" zufolge hat Uber bereits von Januar bis Juni 2015 rund 2,72 Milliarden Dollar an seine Fahrer ausgezahlt. In der ersten Jahreshälfte 2016 dürfte es noch viel mehr gewesen sein, denn Uber vermittelt inzwischen noch viel mehr Fahrten.
So richtig dürfte Ubers Geschäftsmodell erst funktionieren, wenn die Firma keine menschlichen Fahrer mehr braucht. Die Firma experimentiert bereits mit autonomen Fahrzeugen . Doch bis diese im Einsatz sind, dürften noch Jahre vergehen.
Wer in Uber investiert, so scheint es, braucht vor allem Geduld.