Versperrte Schiffsrouten EU verspricht Ukraine Hilfe beim Getreideexport

Mit neuen Routen und besserer Logistik will die EU binnen drei Monaten 20 Millionen Tonnen Getreide aus der Ukraine bringen. Derweil kündigt Präsident Wladimir Putin für Russland eine Rekordernte bei Weizen an.
Weizenlager in der Ukraine

Weizenlager in der Ukraine

Foto: Nariman El-Mofty / AP

Ukrainische Landwirte stehen vor einem existenzbedrohenden Problem : Weil die zentralen Schiffsrouten über das Schwarze Meer durch den russischen Angriffskrieg blockiert sind, bleiben die Betriebe in der Ukraine auf Tonnen von Getreide sitzen. Der Verkauf der Ware ist wichtig, um Platz für die kommende Ernte zu schaffen und Saatgut für die nächste Saison kaufen zu können. Nun hat die EU-Kommission versprochen: Sie werde mit den EU-Regierungen zusammenarbeiten, um der Ukraine beim Export von Getreide zu helfen.

»20 Millionen Tonnen Getreide müssen die Ukraine in weniger als drei Monaten über die EU-Infrastruktur verlassen«, sagte EU-Verkehrskommissarin Adina Valean. »Das ist eine gigantische Herausforderung, und deshalb ist es wichtig, die Logistikketten zu koordinieren und zu optimieren, neue Routen einzurichten und Engpässe so weit wie möglich zu vermeiden.«

Die Kommission forderte Transportunternehmen auf, mehr Fahrzeuge, Lastwagen und rollendes Material für den Güterverkehr bereitzustellen. Sie kündigte zudem eine Logistikplattform an, um freie Transportmittel und Ware besser aufeinander abzustimmen. Auch sollen ukrainische Agrarexporte an Terminals Vorrang haben. An den Grenzterminals soll der Umschlag durch mehr Ladekapazitäten beschleunigt werden.

Zwar gibt es bereits Bemühungen, den Transport via Schiene zu erhöhen, doch die ukrainische Bahn fährt auf Breitspur – ein Relikt aus der Zaren- und Sowjetzeit. Ab Polen müssen die Waggons auf Normalspur umgehoben werden. Schon jetzt gibt es einen großen Zugrückstau an der Grenze zu Polen.

Durch den Krieg sind für Transportunternehmen neben der Sicherheit die finanziellen Risiken zum Problem geworden. Die Kommission will nun auch Garantien für Lkw-Unternehmen prüfen, um die Fahrzeuge, die sie in die Ukraine schicken, zu versichern. Die Kommission forderte die EU-Regierungen auf, an den Grenzübergängen ein Höchstmaß an Flexibilität walten zu lassen und die Verfahren durch eine angemessene Personalausstattung zu beschleunigen.

Noch im vergangenen Jahr kamen etwa zehn Prozent des weltweit exportierten Weizens aus der Ukraine. Ein Großteil davon fehlt nun. Das Landwirtschaftsministerium in Kiew gab kürzlich bekannt, dass im April 763.000 Tonnen Getreide exportiert wurden – im Vorjahresmonat waren es 2,8 Millionen Tonnen.

Bislang hat die Ukraine 90 Prozent der Exporte über die Häfen am Schwarzen Meer und am Asowschen Meer verschifft. Doch diese wurden geschlossen – Seeminen und russische Angriffe machen den Schiffsverkehr praktisch unmöglich.

Putin spricht von möglicher Rekordernte

Präsident Wladimir Putin hat unterdessen angekündigt, Russland werde seine Weizenexporte in diesem Jahr trotz der westlichen Sanktionen aufgrund einer möglichen Rekordernte steigern. »Es könnte ein neuer Rekord in der russischen Geschichte werden«, sagte Putin bei einem Treffen hochrangiger Wirtschaftsvertreter in Moskau.

Demnach wird mit einer Getreideernte von 130 Millionen Tonnen im laufenden Jahr gerechnet, davon 87 Millionen Tonnen Weizen. Russland hat 2020 den Rekord von 133,5 Millionen Tonnen Getreide eingefahren, darunter 85,9 Millionen Tonnen Weizen. Im vergangenen Jahr fiel die Ernte aber geringer aus. Eine konkrete Schätzung zu den Ausfuhren gab Putin nicht ab.

Russland ist einer der weltweit größten Getreideexporteure. Das Land exportiert weiter – trotz der Schwierigkeiten bei Logistik und Zahlungen, die durch die Sanktionen des Westens nach dem Einmarsch in die Ukraine verursacht wurden. So wird Weizen von der russischen Seite des Schwarzen Meeres und sporadisch vom Asowschen Meer aus verschifft.

mmq/Reuters
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