Auslandsvermögen Schweiz will russische Konten nicht einfrieren

Viele westliche Staaten blockieren jetzt russische Vermögen als Reaktion auf den Ukrainekrieg. Die Schweiz aber hält sich mit Sanktionen zurück und könnte ein wichtiger Handelsplatz für Putins Geschäfte bleiben.
Demonstration in Bern: »Kein Geld für russische Oligarchen«

Demonstration in Bern: »Kein Geld für russische Oligarchen«

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MARCEL BIERI / EPA

Die Schweiz gefällt sich seit jeher in ihrer Rolle als neutraler Vermittler und will davon auch angesichts der jüngsten kriegerischen Eskalation durch Russland offenbar nicht abweichen. So sollen keine Konten von russischen Amtsträgern eingefroren werden, auch wenn diese in der EU mit Sanktionen belegt worden sind. Das hat die Schweizer Regierung am Donnerstag beschlossen.

Bundespräsident und Außenminister Ignazio Cassis verwies zur Erklärung auf die Neutralität der Schweiz. Sein Land werde aber Maßnahmen verschärfen, damit die Schweiz nicht als Umgehungsplattform für die von der EU erlassenen Sanktionen benutzt werden kann, sagte er – und verurteilte den russischen Einmarsch in der Ukraine gleichzeitig »aufs Schärfste«.

Beamte erläuterten anschließend, dass russische Staatsbürger mit Konten in der Schweiz, deren Gelder in der EU eingefroren sind, über ihr Geld in der Schweiz frei verfügen und es abziehen können. Geprüft werde nur, ob Richtlinien so verschärft werden, dass betroffene Personen keine neuen Gelder auf ihre Schweizer Konten überweisen können.

Schweiz wichtig für russischen Rohstoffhandel

Grüne und Sozialdemokraten in der Schweiz hatten zuvor ins Spiel gebracht, dass auch ihr Land bei den Sanktionen des Westens mitziehen könne. Grünen-Generalsekretär Florian Irminger forderte laut »20 Minuten « bereits vor Tagen: »Besonders wirkungsvoll wäre es, die Vermögen von Personen aus Putins Umfeld einzufrieren.« Mehr als 50 Prozent von Russlands Finanzvermögen sei schließlich im Ausland angelegt.

Um den Zugriff hierauf zumindest in bestimmten Bereichen einzuschränken, haben etwa die EU sowie die Regierungen in Großbritannien oder den USA weitreichende Sanktionen angekündigt. Washington verlangte zuletzt etwa, US-Banken müssten innerhalb von 30 Tagen jegliche Konten der Sberbank schließen, die bislang Geschäfte in US-Dollar ermöglichten. Die russische Bank ist größtenteils in Staatsbesitz und gilt als größter Gläubiger der russischen Wirtschaft. Die EU-Staats- und Regierungschefs wiederum planen Finanzsanktionen gegen Moskau, die auf 70 Prozent des russischen Bankenmarkts abzielen.

In der Schweizer Regierung zeigt man sich hiervon offenbar unbeeindruckt. Die Neutralität bedeutet nach Angaben des Außenministeriums unter anderem, dass die Schweiz nicht an Kriegen teilnimmt und alle Kriegsparteien im Hinblick auf den Export von Rüstungsgütern gleich behandelt. Die Zurückhaltung der Eidgenossen könnte jedoch auch damit zusammenhängen, dass in dem Land zahlreiche Rohstoffkonzerne ihren Sitz haben, die Geschäft mit russischem Öl und Gas machen.

Die öffentlich-rechtliche Nachrichtenplattform Swissinfo  berichtete unter Berufung auf Moskaus Botschaft in der Schweiz, dass 80 Prozent des russischen Rohstoffhandels über die Schweiz erfolgten. Die Schweiz sei zudem die bei Weitem größte Empfängerin von russischem Privatkapital – jährlich flössen fünf bis zehn Milliarden Dollar hierhin, heißt es in dem Bericht unter Berufung auf die russische Zentralbank.

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Ukrainische Zentralbank verbietet Zahlungsverkehr nach Russland

Besonders angesichts dessen ist fraglich, ob der Schweiz der Spagat gelingt, einerseits weiterhin russische Geschäfte zuzulassen – und andererseits eine Umgehung der im Ausland sanktionierten Geschäft zu unterbinden. Ein Experte der NGO Public Eye wies laut Sender SRF  darauf hin, dass auch in den vergangenen Jahren, als die Sanktionen wegen der Besetzung der Krim galten, die Geschäfte zwischen den Rohstoffhändlern und Russland weiter floriert hätten.

Die russische Seite selbst macht jedenfalls keine Anstalten, wegen des Krieges oder Sanktionen die internationalen Finanzgeschäfte einzuschränken. Die Zentralbank hat den von westlichen Sanktionen betroffenen Banken vielmehr all ihre Geschäfte in Rubel wie in ausländischen Währungen garantiert. Alle Bankgeschäfte mit den Kunden in Rubel würden wie gewohnt weiterlaufen. Auch die Auszahlung von Guthaben in ausländischen Währungen werde garantiert.

Die ukrainische Zentralbank dagegen hat den Zahlungsverkehr an Einrichtungen in Russland und Belarus untersagt. Transaktionen mit den Währungen beider Länder hat Kiew verboten.

apr/dpa
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