Umstrittenes Bauprojekt
Bahn findet neuen Chefplaner für Stuttgart 21
Es ging schneller als erwartet: Die Deutsche Bahn hat mit Stefan Penn einen neuen Chefplaner für Stuttgart 21 gefunden. Der Projektleiter hat bei dem umstrittenen Bau bereits Erfahrungen gesammelt - und soll nach dem Willen von Konzernchef Grube die ruhenden Arbeiten kommende Woche wieder aufnehmen.
Berlin/Stuttgart - Die Gegner von Stuttgart 21 (S21) haben sich wohl zu früh gefreut: Nach dem überraschenden
Rückzug von S-21-Chefplaner Hany Azer Mitte Mai glaubten sie das Bahnhofsprojekt bereits am Ende. Am Montag aber gelang der Deutschen Bahn ein kleiner Coup: Der Konzern präsentierte mit Stefan Penn einen neuen Cheforganisator für S21. Penn übernehme zum 1. Juni die Leitung des Vorhabens, teilte die Bahn mit.
Der 44-Jährige, derzeit Leiter des Großprojekts Karlsruhe-Basel, scheint eine ideale Wahl zu sein: Er arbeitete bereits von 2002 bis 2005 in mehreren Funktionen für das Projekt Stuttgart-Ulm. "Wir sind froh, mit Stefan Penn einen ausgewiesenen Fachmann und erfahrenen Großprojektleiter für das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm gewonnen zu haben", sagte Bahn-Infrastrukturvorstand Volker Kefer. Damit sei sichergestellt, "dass wir ohne Unterbrechung handlungsfähig sind und das Projekt kontinuierlich weitergeführt wird".
Nach Plänen von Bahn-Chef Rüdiger Grube sollen die Arbeiten an S21 nach einem monatelangen Baustopp nun schnellstmöglich wieder begonnen werden. "Spätestens nächsten Montag werden die Arbeiten fortgesetzt. Stuttgart 21 wird gebaut", sagte Grube dem Radiosender hr-Info.
Zuvor solle es noch ein Telefongespräch zwischen Bundesverkehrsminister
Peter Ramsauer (CSU) und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann (Grüne) geben, sagte Kefer nach einer Sitzung des Lenkungsausschusses in Stuttgart.
Das sieht die baden-württembergische Landesregierung allerdings anders: Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) pocht auf eine Verlängerung des Vergabe- und Baustopps. "Die Züge laufen auseinander. Es passt nicht zusammen", sagte er zum aktuellen Stand.
Weitere Verzögerung kostet laut Bahn 410 Millionen Euro
Die Bahn hatte von sich aus die Arbeiten nach der Wahl der ersten grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg Ende März ausgesetzt. Kefer warnte, durch eine weitere Bauverzögerung werde sich die Fertigstellung um bis zu drei Jahre auf Ende 2022 verzögern und die Kosten um 410 Millionen Euro erhöhen. Bisher hatte die Bahn von monatlichen Mehrkosten von 10 bis 15 Millionen Euro gesprochen. "Wir wollen schadenfrei bezüglich Verzögerung und Kosten gestellt werden", sagte Kefer. Deshalb solle die neue Landesregierung direkt mit dem Bahn-Eigentümer, dem Bund, verhandeln. Viele Aufträge müssten ausgesetzt und neu ausgeschrieben werden, sagte Kefer.
Im Oktober will die grün-rote Koalition die Bürger in einem Volksentscheid befragen. Minister Hermann ergänzte, auf Grundlage eines gemeinsamen Fahrplans werde der Belastungstest des neuen Bahnhofs voraussichtlich Mitte Juli vorgestellt. Dafür würden die Ergebnisse in einer vierstündigen Veranstaltung vorgetragen. Dieser Test solle zeigen, ob der achtgleisige Bahnhof in der Spitzenstunde mit 49 Zügen 30 Prozent mehr als der alte 16-gleisige Kopfbahnhof abwickeln könne.