

Hamburg - Er war einer der reichsten Männer Deutschlands, eine prägende Unternehmerfigur, aber er mied stets die Öffentlichkeit. Nach Informationen des SPIEGEL ist einer der beiden Gründer des Discount-Riesen Aldi, Theo Albrecht, am Samstagnachmittag gestorben. Der 88-Jährige wurde am Mittwochmorgen im engsten Familienkreis beigesetzt. Der Unternehmer war seit längerer Zeit schwer krank. Im Sommer vergangenen Jahres brachte er nach einem Sturz mehrere Wochen im Alfried-Krupp-Krankenhaus in seiner Heimatstadt Essen zu, erholte sich aber bis zum Schluss nicht von den Folgen und war zuletzt pflegebedürftig.
Den Grundstein für das Unternehmen legte Theo gemeinsam mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Karl im Jahr 1946, als er den kleinen Lebensmittelladen seiner Mutter übernahm. Ab 1961 wurde daraus Albrecht-Discount - kurz Aldi. Binnen eines halben Jahrhunderts formten die beiden Brüder daraus einen Milliardenkonzern, der die deutsche, aber auch die internationale Handelslandschaft nachhaltig veränderte.
Grund dafür war vor allem das Credo der beiden Brüder, das sich streng nach der Maxime richtete: "Beste Qualität zum günstigsten Preis". Die beiden gelten als Erfinder der sogenannten Discount-Strategie: Aldi bietet bis heute ein überschaubares Sortiment an Lebensmitteln und Haushaltswaren, verzichtet aber auf umfangreiche Marketingaktionen und repräsentable Filialen. Mit diesem Konzept sind die beiden zu den reichsten Männern Deutschlands geworden, Theos Privatvermögen wird auf 16,7 Milliarden Dollar beziffert. Der Konzern selbst setzt jährlich rund 25 Milliarden Euro um und gilt trotz der Konkurrenz durch Nachahmer wie Lidl und Netto als die Nummer eins der Discounter.
Berühmt wurde der Handelsriese durch den sogenannten Aldi-Äquator, da sich die beiden Brüder kurz nach der Umbenennung nicht nur ihr Unternehmen, sondern auch Deutschland aufgeteilt haben. Theo Albrecht übernahm den Norden, Karl Albrecht den Süden. Formal-juristisch sind die beiden Unternehmen, die jeweils in rund 30 Regionalgesellschaften untergliedert sind, unabhängig. Branchenkennern zufolge arbeitet man aber trotzdem eng zusammen, wenn es etwa um die Weiterentwicklung des Angebots, Produktion und Einkauf geht. Die Gewinne fließen in zwei Familienstiftungen.
Die letzten Zitate stammen aus dem Jahr 1971
Auch in einem anderen Punkt waren sich die beiden Brüder immer einig: Wenn es um die absolute Verschwiegenheit ging - sowohl bei Fragen zum Unternehmen als auch zum Privatleben. Von wohl kaum einem Unternehmensgründer ist so wenig bekannt wie von den Aldi-Brüdern, die letzten Zitate der beiden stammen aus den Jahren 1953 und 1971, die letzten Bilder wurden - gegen deren Willen - in den achtziger Jahren aufgenommen.
Als Grund dafür wird gemeinhin die Entführung Theo Albrechts angegeben, der im Jahr 1971 von einem Düsseldorfer Rechtsanwalt und einem Kleinkriminellen 17 Tage lang gefangengehalten wurde - und erst nach der Zahlung von sieben Millionen Mark freigelassen wurde. Es war damals die höchste Lösegeldsumme, die je in der Bundesrepublik gezahlt wurde. Bis heute fehlt die Hälfte der Summe, die damals von dem Essener Ruhrbischof Franz Kardinal Hengsbach übergeben wurde.
Das war kein Zufall - denn wie sein Bruder Karl war Theo streng katholisch und seit Jahrzehnten mit seiner Frau Cäcille, genannt Cilly, verheiratet. Die beiden haben zwei Söhne, Theo junior und Berthold, die ebenfalls bei Aldi Nord arbeiten - allerdings in keiner hervorgehobenen Position. Das Unternehmen wird seit dem offiziellen Ausscheiden Theos vor einigen Jahren von externen Managern in seinem Sinne geführt.
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Trauer um eine Legende
Theo Albrecht ist im Alter von 88 Jahren gestorben - hier zeigt ihn ein Foto von 1971, als das Discounter-Imperium noch so jung war wie er selbst. Mit seinem älteren Bruder Karl baute er Aldi auf, beide wurden über die Jahrzehnte zu den reichsten Deutschen.
Ein jüngeres Bild von Theo Albrecht stammt aus dem Jahr 1988. Es zeigt ihn bei einer Veranstaltung eines Einzelhandelsverbands. Der Milliardär lebte ein Leben in Abgeschiedenheit...
...und ließ kaum Bilder von sich an die Öffentlichkeit dringen. Hier ist er auf einer Aufnahme 1990 zu sehen. 1971 war er drei Wochen lang von zwei Gangstern entführt worden, auch das führte dazu, dass er sich zurückzog - genau...
...wie sein älterer Bruder Karl. Dieses Bild aus dem Jahr 1987 zeigt ihn vor der Zentrale seines Konzerns Aldi Süd in Mülheim.
...Berthold (2001) sitzen im Verwaltungsrat, stehen aber im Schatten familienfremder Manager.
Die erste Discount-Kette
"Bei uns nur tolle Preissenkungen": Einer der ersten Albrecht-Läden, in dem das Prinzip der kleinen Preise schon im Schaufenster zu bestaunen war
Zweimal Albrecht, zweimal Aldi
Filiale von Aldi Nord: 1960 erfolgte die Gründung der beiden rechtlich eigenständigen Unternehmensgruppen Aldi Süd und Aldi Nord. Theo Albrecht übernahm die Nord-Sparte, während...
...sein Bruder das Südimperium lenkte. Bei der Auslandsexpansion achteten die Gruppen fortan darauf, sich nicht gegenseitig Konkurrenz zu machen.
Das geteilte deutsche Imperium
Der sogenannte Äquator teilte Deutschland unter den Brüdern auf - und auch im Ausland vereinbarte man, dass sich Süd und Nord nicht in die Quere kommen. Aus der Führung der Konzerne hatten sich die beiden Brüder zurückgezogen.
Das geteilte Weltimperium
Beide Aldi-Konzerne haben sich die Länder der Erde untereinander aufgeteilt.
Ertragsriese
Zusammengenommen haben Aldi Nord und Süd immer noch die stärkste Position in der Republik (Zahlen von 2009). Aber im Detail sieht es anders aus...
Zukunftskampf
Der Discount-Gigant schwächelt: In den vergangenen Jahren verlor Aldi angesichts immer stärkerer Konkurrenz Marktanteile - vor allem Lidl setzte dem Konzern zu, aber...
...auch die Edeka-Tochter Netto nach der Übernahme von Plus. Beim Umsatz pro Filiale sieht es für Aldi deutlich schlechter aus als zum Beispiel für Lidl.
Schwieriger Discount-Markt
Der große Boom der Branche in Deutschland ist vorbei - das zeigen alle Zahlen.