US-Depeschen Opel-Verkauf an Magna platzte wegen Streit mit Russland

Monatelang buhlten Magna und die Sberbank um Opel, letztlich platzte der Deal. Nun gibt es neue Erkenntnisse darüber, warum: Wie aus den US-Botschaftsdepeschen hervorgeht, stellten die Bieter dreiste Bedingungen. Die Verhandlungstaktik der Kanzlerin kritisieren die Diplomaten als naiv.
Opel-Logo: Neue Erkenntnisse zum geplatzten Magna-Deal

Opel-Logo: Neue Erkenntnisse zum geplatzten Magna-Deal

Foto: FRANCOIS LENOIR/ REUTERS

London - Das Hickhack um Opel ist vielen noch in unangenehmer Erinnerung. 2009 stand der deutsche Autobauer zum Verkauf - weil der US-Mutterkonzern General Motors (GM) vor der Insolvenz stand.

In dem Bieterstreit gab es bald einen Favoriten: ein Konsortium, dem der kanadisch-österreichische Autozulieferer Magna und die russische Sberbank angehörten. Diese hatten sich im Mai 2009 in einem Memorandum mit der Bundesregierung geeinigt, 55 Prozent an Opel zu übernehmen.

Der Deal schien bereits besiegelt, dann platzte er überraschend. Jetzt, fast zwei Jahre später, gibt es neue Erkenntnisse über die Genese des Scheiterns. Und darüber, wie kritisch das Verhalten der damaligen Bundesregierung von amerikanischen Diplomaten gesehen wurde.

Wie aus Depeschen der Berliner US-Botschaft hervorgeht, war ein wichtiger Grund eine Klausel in dem Memorandum. Das Käufer-Konsortium hatte ihm immer neue Zusätze hinzugefügt, insgesamt 31 Stück. Einer habe besagt, dass sich Magna und die Sberbank das Recht sichern, ihren 55-Prozent-Anteil an ein russisches Staatsunternehmen weiterzuverkaufen, heißt es in den Diplomatenkabeln.

Bei GM habe es große Sorgen gegeben, dass russische Hersteller dadurch Zugriff auf die Technologien und Patente von Opel bekommen könnten. Auch habe der Konzern das eigene Geschäft auf dem russischen Markt gefährdet gesehen.

"Zu schnell auf Magna festgelegt"

US-Diplomaten kritisieren in den Kabeln auch die Naivität der Bundesregierung in den Verhandlungen mit GM. Dem Kanzleramt sei offenbar nicht klar gewesen, was das Memorandum bedeute, heißt es. Sie habe dieses als fertigen Deal verstanden. GM und unabhängige Deutsche in der Opel-Treuhand dagegen hätten das Memorandum nur als Startpunkt für die Verhandlungen gewertet.

Ohnehin habe sich die Regierung vielleicht zu schnell auf Magna und die Sberbank festgelegt - sei doch von Anfang an klar gewesen, dass das Angebot viele Probleme mit sich brachte. Doch der damaligen Großen Koalition sei es darum gegangen, die Opel-Krise vor der Bundestagswahl zu lösen. Der damalige Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SDP) habe sich schnell auf Magna festgelegt, weil bei dem Unternehmen davon auszugehen gewesen sei, dass es die meisten Jobs in Deutschland erhalte. Merkel habe rasch gemerkt "von wo der Wind wehe" und sich Steinmeier angeschlossen, um ein potentielles Wahlkampfthema zu entschärfen.

"Es war schon schlimm, dass politische Überlegungen in diesem Geschäft eine Rolle gespielt haben", kritisieren die Botschafter. "Schlimmer war, dass die Regierung offenbar nicht wusste, worauf sie sich bei dem Memorandum einlässt." Als sie schließlich doch noch die Tragweite der Probleme begriffen habe, "hatte GM all sein Vertrauen in die Magna-Sberbank-Gruppe verloren". Der Konzern zog sein Angebot zurück - mit maximalem Schaden für die Regierung Merkel, die sich monatelang für den Deal eingesetzt hatte.

Die Depeschen liegen SPIEGEL ONLINE vor. Die britische "Times"   hatte am Montag als erstes daraus zitiert. Magna und Opel wollten eine Anfrage zu dem Sachverhalt nicht kommentieren. Bei GM war zunächst niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

ssu
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