US-Investmentguru zur Währungskrise "Ich setze auf den Euro"

Euro-Symbol vor der EZB-Zentrale: "Man sollte Griechenland bankrott gehen lassen"
Foto: Michael Probst/ APSPIEGEL ONLINE: Die EU-Mitgliedstaaten haben ein 750-Milliarden-Paket beschlossen, um den Euro zu retten. Sind damit die Probleme gelöst?
Rogers: Das ist zwar ein großer Batzen Geld, aber der Schutzschirm verschiebt Europas Probleme nur in die Zukunft. Ursprünglich hieß es, brauche 25 Milliarden Euro. Jetzt sind es schon mehr als hundert Milliarden. Man sollte das Land bankrott gehen lassen.
SPIEGEL ONLINE: Das würde eine verheerende Kettenreaktion auslösen.
Rogers: Vielleicht. Aber das Signal wäre, dass Staaten nicht länger Geld ausgeben können, das sie gar nicht haben. Und es würde uns zeigen, dass der Euro ähnlich stark wie die D-Mark sein kann.
SPIEGEL ONLINE: Zuerst würden aber wohl massenweise Banken kollabieren wie nach der Pleite von Lehman Brothers im September 2008.
Rogers: Selbst wenn, das hat die Welt auch überlebt, und die USA sind seitdem nicht vom Globus verschwunden. Ein schlechtes Jahr ist besser als 20 Jahre Siechtum. Die Vorstellung, Schulden mit noch mehr Schulden und noch mehr Konsum zu lösen, geht nicht auf. Länder wie die USA, Spanien, Portugal und Italien sind eigentlich alle bankrott.
SPIEGEL ONLINE: Moment, Spanien und Italien haben im Gegensatz zu Griechenland weit weniger Schulden im Ausland.
Rogers: Richtig. Jedes Land hat eine andere Schuldenstruktur. Aber alle Länder, auch Deutschland, haben viel zu hohe Schulden angehäuft.
SPIEGEL ONLINE: Vor allem die USA.
Rogers: Ja, die USA sind tatsächlich die Schlimmsten von allen. Das Land ist nicht nur der größte Schuldner auf Erden, sondern der größte Schuldner in der Geschichte der Menschheit.
SPIEGEL ONLINE: Japan zum Beispiel hat seit 20 Jahren Schulden, die doppelt so hoch sind wie das Bruttoinlandsprodukt, und kommt ganz gut damit klar. Wo liegt das Problem?
Rogers: Die Japaner haben massiv gespart, aber sie werden ihre Schulden irgendwann nicht mehr bewältigen können. Die Bevölkerung altert rapide.
SPIEGEL ONLINE: Haben Sie den Westen schon abgeschrieben?
Rogers: Nein, aber wir sind Zeuge gigantischer historischer Veränderungen. Fakt ist, dass die größten Kreditgeber der Welt China, Japan, Taiwan, Korea und Singapur sind. Die Länder liegen alle in . Die Zukunft liegt dort, wo das Geld ist. Das ist Asien.
SPIEGEL ONLINE: Aber China hortet Billionen von Dollar auf seinen Devisenkonten. Peking kann doch kein Interesse haben, dass der Dollar abschmiert.
Rogers: Warum nicht? Sie werden nie so viel verlieren wie die USA. Und übrigens lagert Peking langsam seine Guthaben in Rohstoffe um.
SPIEGEL ONLINE: Zum Beispiel?
Rogers: Silber, Gold, Weizen. Die USA druckt jeden Tag mehr Geld, aber sie können weder Zucker, Zink noch Öl drucken. Doch das sind die Stoffe, die in der Zukunft gebraucht werden.
SPIEGEL ONLINE: Wo liegt Ihr eigenes Geld?
Rogers: Ich setze auf den Euro.
SPIEGEL ONLINE: Wie bitte, trotz Schuldenkrise und Spekulationen gegen die Währung?
Rogers: Na klar. Wenn alle auf einer Seite des Bootes sitzen, wird es normalerweise Zeit, sich auf die andere Seite zu begeben.
SPIEGEL ONLINE: Und in was investieren Sie noch?
Rogers: Kupfer, Gold und andere Rohstoffe. Denn wenn es der Wirtschaft besser geht, werden die Preise steigen. Falls nicht, werden die Regierungen noch mehr Geld drucken, und auch dann bieten Ressourcen einen sicheren Hafen gegen die Inflation.
SPIEGEL ONLINE: Keine Immobilien?
Rogers: Wenn die Inflation steigen sollte, können bald viele Leute ihre Hypotheken nicht mehr zahlen. Deshalb kaufe ich keine Häuser in Singapur, wo ich gerade lebe. Dort wird es bald sehr billige Wohnungen geben, weil Leute zu jedem Preis verkaufen wollen.
SPIEGEL ONLINE: Aktien haben Sie nicht?
Rogers: Wenn es der Wirtschaft besser geht, und das könnte passieren, macht man sicher bald viel Geld mit Aktien. Aber ich denke, mit Rohstoffen bin ich auf der sicheren Seite. Denn das Euro-Rettungspaket wird die Inflation antreiben.