Schwache Konjunktur US-Notenbank stützt Wirtschaft mit 267 Milliarden Dollar
Die amerikanische Notenbank Fed stemmt sich gegen die Konjunkturflaute in den USA. Mit zusätzlichen 267 Milliarden Dollar will Fed-Chef Ben Bernanke die Zinsen niedrig halten. Doch die Investoren an den Finanzmärkten sind skeptisch.
Washington - Die US-Notenbank Fed stützt die lahmende Wirtschaft mit einer ungewöhnlichen Aktion. Sie beschloss am Mittwoch, ihre in diesem Monat auslaufende "Operation Twist" bis Ende des Jahres zu verlängern und dafür rund 267 Milliarden Dollar in die Hand zu nehmen. Durch ein Umschichten der Anleihen in ihrem Vermögensbestand will sie die langfristigen Zinsen weiter senken und damit Kredite tendenziell billiger machen.
Den bereits ultraniedrigen Leitzins beließen die Notenbanker um Fed-Präsident Ben Bernanke in einer Spanne von null bis 0,25 Prozent. Bis mindestens Ende 2014 soll der Zins auf sehr niedrigem Niveau bleiben.
Die Amerikaner fürchten den Rückfall in eine Rezession. Im ersten Quartal 2012 war die Wirtschaft auf Jahresbasis nur um 1,9 Prozent gewachsen - weit schwächer als von vielen Experten erhofft. Auch die Arbeitslosigkeit ist nach der Krise der Jahre 2008 und 2009 nicht nachhaltig gesunken. Die Quote stieg zuletzt sogar auf 8,2 Prozent.
Der Name "Operation Twist" stammt aus den sechziger Jahren: Damals hatte die Fed einen ähnlichen Anleihetausch durchgeführt. Dem damaligen Welthit "Let's twist again" verdankte die Aktion ihren Namen. Im September 2011 hatte die Fed die Idee wiederbelebt und eine erste Runde des Anleihentauschs im Volumen von 400 Milliarden Dollar gestartet. Das Programm läuft Ende Juni aus. Doch nun soll es mit einem neuen Twist weitergehen.
Die Notenbank ist noch skeptischer geworden
Bernanke hat folgenden Plan: Bis Ende des Jahres will er Anleihen mit einer verbleibenden Laufzeit von sechs bis 30 Jahren kaufen und im Gegenzug Papiere mit einer Restlaufzeit von bis zu drei Jahren im gleichen Umfang verkaufen. So sollen die Zinsen niedrig bleiben. Die Anleger sollen animiert werden, Aktien zu kaufen, und die Unternehmen sollen mit billigen Krediten investieren.
An den Finanzmärkten wurde die Nachricht von der Neuauflage der "Operation Twist" skeptisch aufgenommen. Der Dow Jones-Index
gab nach Bekanntwerden der Pläne um 0,7 Prozent nach, kurz darauf erholten sich die Kurse allerdings wieder. Am Abend schloss der New Yorker Leitindex mit einem Gesamt-Minus von 0,1 Prozent bei 12.824 Punkten. "Es herrscht wohl Enttäuschung vor, dass die Fed keine starken Signale für neue geldpolitische Ankündigungen ausgesendet hat", sagte Marktstratege Fred Dickson von D. A. Davidson & Co Lake Oswego.
Einige Investoren hatten gehofft, die Fed würde zu noch schwereren Geschützen im Kampf gegen die Konjunkturschwäche greifen. "Das ist nur ein kleiner Schritt", sagte Analyst Ethan Harris von der Bank of America. "Es ist wahrscheinlich das leichteste Werkzeug, das sie hätten einsetzen können."
Denkbar wäre beispielsweise ein neues Programm zum Ankauf von Staatsanleihen gewesen. Doch diese geldpolitische Lockerung ("quantitative easing") ist umstritten, weil sie die Bilanz der Notenbank aufbläht. "Die Märkte fühlen sich nicht gut, wenn die Liquidität ausgeweitet wird. Im Lauf der Zeit reagieren die Märkte besorgt auf solch eine Geldschwemme", sagte Analyst Mark Martiak von Premier First Allied Securities.
So ganz ist ein neues Aufkaufprogramm noch nicht vom Tisch. Bernanke hielt sich am Mittwoch alle Möglichkeiten offen: "Wir sind - falls notwendig - bereit zu handeln und denken auch über erneute Anleihenkäufe nach", sagte der Fed-Chef. "Wir haben noch weitere Munition."
Für die schleppende Entwicklung der US-Wirtschaft machen die Notenbanker auch die Euro-Krise verantwortlich. "Einige Länder der Eurozone sind bereits in eine Rezession gerutscht. Dies belastet auch den Handel mit den USA", sagte Bernanke. Er sei aber hoffnungsvoll, dass Europa die richten Schritte zur Stabilisierung von Staaten und Banken ergreifen werde. Zudem habe die US-Notenbank noch genügend Raum, um die Wirtschaft weiter zu stützen.
Fed prognostiziert geringeres Wachstum
Zur wirtschaftlichen Entwicklung äußerte sich die US-Notenbank verhaltener als noch im April. Das Beschäftigungswachstum habe sich in den vergangenen Monaten abgeschwächt, und die Arbeitslosigkeit bleibe auf einem hohen Niveau. Für dieses Jahr prognostiziert die Fed eine Arbeitslosenquote von 8 bis 8,2 Prozent - 0,2 Proztenpunkte höher als noch im Vormonat veranschlagt.
Im April-Bericht hatte die Fed noch von verbesserten Bedingungen am Arbeitsmarkt gesprochen. "Falls wir keine andauernde Verbesserung am Arbeitsmarkt sehen, sind wir bei Bedarf darauf vorbereitet, weitere Schritte einzuleiten", betonte Bernanke am Mittwochabend.
Die US-Wirtschaft wächst laut dem Bericht derzeit insgesamt eher "moderat", wie es in der aktuellen Vorausberechnung heißt. Die Zentralbank rechnet demnach in diesem Jahr mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 1,9 bis 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Im April hatte sie noch ein Wachstum von bis zu 2,9 Prozent des BIP prognostiziert. Auch für das Jahr 2013 senkten die Notenbanker die Erwartung an das Wirtschaftswachstum.
stk/usp/Reuters/dpa