Vergewaltigungsvorwürfe: IWF-Chef Strauss-Kahn tritt zurück
Foto: Shannon Stapleton/ APNew York - In den vergangenen Tagen waren die Forderungen nach einem Rücktritt immer lauter geworden, nun beugt sich Dominique Strauss-Kahn dem Druck: Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) stellt seinen Posten zur Verfügung, das teilte der IWF mit.
Der Fonds will schnellstmöglich über Strauss-Kahns Nachfolge beraten. Einstweilen übernehme Vize John Lipsky die Leitung des in vielen Wirtschaftsfragen mächtigen Währungsfonds. "Ich weise mit größtmöglicher Entschiedenheit alle gegen mich erhobenen Vorwürfe zurück", schrieb der Franzose in seinem vom IWF veröffentlichten Rücktrittsbrief. Er sei "unendlich traurig", seinen Rücktritt erklären zu müssen, hieß es in dem Brief weiter. Mit dem Schritt wolle er sowohl seine Familie als auch das Ansehen des Fonds schützen.
Zuletzt hatten die USA als wichtigstes IWF-Geberland offen eine Übergangsregelung an der Spitze der Finanzorganisation gefordert . Strauss-Kahn sei "offensichtlich nicht in der Lage", den Währungsfonds zu lenken, sagte US-Finanzminister Timothy Geithner.
Der 62-jährige Strauss-Kahn soll versucht haben, in einem New Yorker Luxushotel ein Zimmermädchen zum Sex zu zwingen. Er sitzt seit dem vergangenen Samstag in Untersuchungshaft, am Montag wurde er auf die Gefängnisinsel Rikers Island gebracht. Laut Polizeiangaben identifizierte die 32-jährige Hotelangestellte Strauss-Kahn bei einer Gegenüberstellung. Der Anwalt des bisherigen IWF-Chefs weist die Vorwürfe zurück.
Am Montag hatte ein Gericht in New York den Antrag seiner Anwälte abgelehnt, Strauss-Kahn gegen eine Kaution von einer Million Dollar auf freien Fuß zu setzen. Es bestehe Fluchtgefahr, erklärte Richterin Melissa Jackson und folgte damit der Argumentation der Staatsanwälte. Eine weitere Anhörung war für Freitag anberaumt worden. Dann läuft die Frist für die Staatsanwaltschaft ab, Anklage gegen Strauss-Kahn zu erheben.
Nun haben seine Anwälte einen zweiten Kautionsantrag gestellt. Die Anhörung wurde für 14.15 Uhr Ortszeit am heutigen Donnerstag anberaumt. In dem Kautionsantrag wird wie im ersten eine Million Dollar Kaution und das Tragen einer elektronischen Fußfessel angeboten.
"Wir hoffen, ihn umgehend von Rikers Island zu holen"
In dem Antrag vom Mittwoch wird zudem Hausarrest vorgeschlagen: Strauss-Kahn solle im Haus seiner Tochter untergebracht werden, die in New York studiert. Laut Gerichtsunterlagen händigte Strauss-Kahn bereits seinen Pass aus. "Wir haben Bedingungen zugesagt, die alle Bedenken zerstreuen können, dass Mr. Strauss-Kahn die Stadt verlässt", erklärten seine Anwälte: "Und wir hoffen, ihn umgehend von Rikers Island zu holen."
Unterdessen berichten französische Zeitungen, dass ein Überwachungsvideo aufgetaucht sei. Es zeige zuerst das Zimmermädchen, das offenbar in Panik aus dem Raum stürme. Wenig später verlasse auch Strauss-Kahn das Hotelzimmer, den Angaben zufolge "in Hast". Dagegen sagte ein mit dem Fall befasster Vertreter der französischen Polizei der Nachrichtenagentur AFP, in dem Hotel gebe es in den Stockwerken mit Gästezimmern keine Überwachungskameras.
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Der Druck in der Affäre um die angeblich versuchte Vergewaltigung eines Zimmermädchens war zu groß. Jetzt gibt Dominique Strauss-Kahn den Vorsitz des Internationalen Währungsfonds ab. In seiner Rücktrittserklärung schreibt der Franzose, der Schritt mache ihn "unendlich traurig".
Er gilt als einer der Besten: Staranwalt Benjamin Brafman vertritt Dominique Strauss-Kahn in den USA vor Gericht. Der 62-Jährige kennt sich aus mit schlüpfrigen Vorwürfen, VIP-Angeklagten und Medienhype, hat Mafiosi, Mogule, Footballstars und Disco-Könige vertreten.
Strauss-Kahn wird vorgeworfen, ein Zimmermädchen in New York sexuell bedrängt und versucht zu haben, es zu vergewaltigen. "Die Indizien", sagte Brafman während der Anklageverlesung am Montag, "werden, so glauben wir, nicht mit einer erzwungenen Begegnung übereinstimmen." Anschließend kündigte er auf den Stufen des Criminal Courthouses in Lower Manhattan an: "Diese Schlacht hat gerade erst begonnen."
Dominique Strauss-Kahn: Der damalige IWF-Chef wurde auf die Gefängnisinsel Rikers Island verlegt.
Eingang zu Rikers Island: Die Haftanstalt liegt im East River und bietet Platz für 17.000 Gefangene. Strauss-Kahn soll dort als Prominenter keinen Kontakt zu anderen Gefangenen haben.
Der Staat New York gegen Strauss-Kahn: Der IWF-Chef wurde am Montag in New York der Haftrichterin vorgeführt.
Strauss-Kahn, hier neben seinem Anwalt Ben Brafman, bleibt bis auf weiteres in U-Haft. Die Haftrichterin ließ sich nicht auf eine Kaution (in Höhe von einer Million Dollar) ein - wegen Fluchtgefahr.
Dominique Strauss-Kahn auf dem Weg zum Gericht: Die Anhörung dauerte 26 Minuten.
Vor dem Gericht warteten etliche Journalisten und Schaulustige, um die Anhörung zu verfolgen.
Strauss-Kahn musste zwischen mutmaßlichen Dealern und anderen Kriminellen auf seine Anhörung warten.
Seine Karriere steht auf dem Spiel: Strauss-Kahn (hier Anfang April in Washington) soll versucht haben, in einem New Yorker Hotel eine Angestellte zu vergewaltigen.
Eine DNA-Analyse soll nun Klarheit bringen: Dabei soll unter anderem ermittelt werden, ob Strauss-Kahn Kratzer oder DNA-Spuren des mutmaßlichen Opfers an sich trage, etwa unter den Fingernägeln.
In der Suite 2806 des New Yorker Luxushotels Sofitel - Kostenpunkt 3000 Dollar die Nacht - soll Strauss-Kahn versucht haben, eine 32-jährige Angestellte zu Anal- und Oralverkehr zu zwingen.
Die 32-Jährige offenbarte sich Kollegen. Strauss-Kahn wurde am Flughafen festgenommen und mittlerweile angeklagt.
Der Skandal sorgte am Wochenende weltweit für Schlagzeilen, wie hier auf den Titelseiten der "New York Daily News" und der "New York Post".
Ein Ermittler der New Yorker Polizei bei einer improvisierten Pressekonferenz: Seinen Anwälten zufolge will er auf "nicht schuldig" plädieren.
Polizisten im Sofitel Hotel, wo sich der Vorfall ereignete: Die Suite, die Strauss-Kahn gebucht hatte, kostete angeblich 3000 Dollar pro Nacht. Das 32-jährige Zimmermädchen sagte aus, der IWF-Chef habe sie zweimal attackiert. Sie wurde wegen leichter Verletzungen behandelt.
Zelle statt Erste Klasse: Strauss-Kahn wurde nur zehn Minuten vor Abflug seiner Maschine am John-F.-Kennedy-Airport festgenommen. Er leistete keinen Widerstand.
Dominique Strauss-Kahn ist mit Anne Sinclair, einer franko-amerikanischen TV-Journalistin verheiratet. Vor einigen Jahren wurde eine Affäre Strauss-Kahns mit einer IWF-Mitarbeiterin bekannt; er entschuldigte sich bei seiner Frau und saß den Skandal aus.
DSK, wie er in Frankreich oft abgekürzt wird, galt als aussichtsreichster möglicher Herausforderer der Sozialisten für die Präsidentenwahl 2012. Zwischen 1997 und 1999 war er schon einmal Finanzminister. In diesem Sommer, so wurde erwartet, wollte er seine Kandidatur gegen Nicolas Sarkozy ankündigen.
Seit 2007 führt Dominique Strauss-Kahn den Internationalen Währungsfonds - Beobachtern zufolge erfüllt er die Aufgabe gut.
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