Umstrittenes Geschäftsmodell Bahn will Reisedaten ihrer Kunden verkaufen

Die Deutsche Bahn will mit Daten ihrer Reisenden in Zukunft Geld verdienen: Informationen von Vielfahrern sollen nach SPIEGEL-Informationen an Banken, Versicherungen oder Fast-Food-Ketten verkauft werden. Datenschützer protestieren gegen das Geschäftsmodell, die Bahn dementiert.
Bahngleis in München (Archivbild): Neue Datenpläne der Bahn

Bahngleis in München (Archivbild): Neue Datenpläne der Bahn

Foto: Christof Stache/ AP

Berlin - Kunden der Deutschen Bahn müssen möglicherweise schon bald mit der Weitergabe ihrer Reisedaten rechnen. Der Grund: Die Bahn möchte nach SPIEGEL-Informationen zukünftig die Fahrtinformationen ihrer Vielfahrer vermarkten und damit Geld verdienen. Zu diesem Zweck lässt sie sich seit einigen Wochen neue Vertragsbedingungen von solchen BahnCard-Inhabern bestätigen, die auch Bahn-Bonus-Kunden sind.

Künftig sollen diese auf ihre "individuellen Bedürfnisse" zugeschnittene Werbeangebote erhalten - von Kooperationspartnern wie Banken, Versicherungen oder Fast-Food-Ketten.

Die Daten, die die Bahn für ihre passgenaue Werbung erhebt, sind detailliert: Der Preis der Fahrkarte wird ebenso gespeichert wie der Abgangs- und Zielbahnhof, die Wagenklasse und die Verkaufsstelle. Die Bahn betreibe "keinen Datenhandel", sagt zwar die Bahn-Datenschutzchefin Chris Newiger. Doch für ihre Kooperationspartner will der Staatskonzern seinen Kundenpool immerhin so gezielt abfischen, dass die Partnerfirmen dann über die Bahn ihre Angebote platzieren könnten.

"Hier scheint die Bahn ihre Interessen über die schutzwürdigen Interessen ihrer Kunden zu stellen", sagt der auch für die Bahn zuständige Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix, der den Vorgang derzeit prüft. Noch kritischer sieht es Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter in Schleswig-Holstein: "Die Bahn wird sich damit eine blutige Nase holen."

Die Bahn wies die Darstellung des SPIEGEL am Sonntag zurück. "Die DB gibt bislang keinerlei Kundendaten zu Marketingzwecken an Dritte weiter und plant dies auch künftig nicht." Daten von Bahn-Bonus-Kunden könnten auch zu Marketingzwecken genutzt werden, dieser Nutzung könnten die Kunden aber "selbstverständlich" widersprechen. Das Bahn-Bonus-Programm entspreche "voll und ganz" dem Bundesdatenschutzgesetz, erklärte der Konzern in einer Pressemitteilung.

Bahn mit Rekordzahlen 2012

Wirklich nötig hat die Bahn die zusätzlichen Einnahmen eigentlich nicht. Am vergangenen Mittwoch meldete die Nachrichtenagentur Reuters, dass der Konzern den höchsten Gewinn seiner Geschichte eingefahren hat. Die Bahn verbuchte demnach 2012 ein Betriebsergebnis von 2,7 Milliarden Euro und damit rund 400 Millionen mehr als 2011. Offiziell werden die Zahlen erst in der kommenden Woche vorgestellt, ein Bahn-Sprecher wollte sie weder bestätigen noch dementieren.

Da den besser ausgelasteten Zügen kaum zusätzliche Kosten gegenüberstanden, schlug sich das Passagierwachstum voll im Gewinn nieder. Seit Jahren hat die Bahn fast keine neuen Fernzüge gekauft, zum Teil wegen Lieferschwierigkeiten der Industrie.

Die Zahl der Passagiere im Fernverkehr stieg um fünf Prozent, der Gewinn in dieser Sparte sogar um mehr als das Doppelte auf 364 Millionen Euro. Die Bahnreisenden wurden offenbar auch nicht von den Ticketpreisen abgeschreckt, die 2011 um knapp vier Prozent erhöht wurden.

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