Europäische Kunden 60.000 Käufer wollen von Volkswagen Schadensersatz

Volkswagen muss sich in Europa auf einen juristischen Streit mit Kunden einstellen. Anwälten zufolge haben sich bereits 60.000 Autobesitzer einer Stiftung angeschlossen, die Schadensersatz infolge des Abgasskandals fordern will.
VW-Chef Matthias Müller: Verunglückte Reise in die USA

VW-Chef Matthias Müller: Verunglückte Reise in die USA

Foto: Uli Deck/ dpa

Mit einem großangelegten Rückruf will Volkswagen den Abgasskandal in Europa in den Griff bekommen. Doch viele Kunden wollen sich offenbar nicht nur mit einer Reparatur abspeisen lassen. Denn nach Angaben von Anwälten schließen sich immer mehr Autobesitzer in Europa einer Stiftung an, die Schadensersatz aushandeln will. Bisher hätten sich rund 60.000 Autobesitzer registrieren lassen, sagte der Rechtsanwalt Julius Reiter der "Rheinischen Post". "Wöchentlich kommen mehrere Hundert hinzu", sagte er.

Die Kanzlei Baum, Reiter und Kollegen organisiert dem Bericht zufolge das Vorgehen gegen Volkswagen in Deutschland. Da Sammelklagen in Deutschland nicht möglich sind, wird die Aktion über ein niederländisches Stiftungsmodell organisiert. Europäische VW-Kunden sollen so im Abgasskandal entschädigt werden.

Die Kanzlei hofft, mit VW im Namen der in der Stiftung gemeldeten Autobesitzer einen außergerichtlichen Vergleich zu erzielen und das Geld auf die Mitglieder zu verteilen. Offen ist, ob VW überhaupt mit der Stiftung verhandeln will.

"Die hochgerechnete Schadenssumme der angemeldeten Investoren beziffert sich auf etwa zehn Millionen Euro", sagte Reiter. "Das anhaltende Interesse am Stiftungsmodell zeigt, dass Volkswagen-Kunden weiterhin Schadensersatz verlangen und bis jetzt nicht mit der Rückerfüllung durch den Konzern zufrieden sind."

Spitzengespräch in den USA bringt kein Ergebnis

Der Abgasskandal war durch US-Ermittlungen ans Licht gekommen. VW-Chef Matthias Müller war diese Woche in die USA gereist, um dort die Folgen des Abgasskandals aufzuarbeiten. Zum einen entschuldigte sich der Konzernchef bei den US-Kunden, zum anderen wollte er mit wichtigen Behörden über den Rückrufplan in den USA sprechen.

Doch bei beiden Vorhaben konnte Müller keinen durchschlagenden Erfolg erzielen. Sein "Sorry" an die Kunden wurde durch ein missglücktes Interview überlagert. Und ein Treffen mit der Leiterin der US-Umweltbehörde hat ebenfalls keinen Durchbruch gebracht. Es sei keine Einigung mit dem Autobauer darüber erzielt worden, wie die fast 600.000 betroffenen Dieselmotoren repariert werden können, teilte die Behörde EPA im Anschluss an das Gespräch in Washington mit. "Wir wissen es zu schätzen, dass sich die Vorsitzende der EPA, Gina McCarthy, die Zeit für ein Treffen mit uns genommen hat", teilte VW im Anschluss an den Termin von VW-Konzernchef Matthias Müller und VW-Markenchef Herbert Diess mit. Volkswagen werde weiterhin in vollem Umfang mit den US-Behörden EPA und CARB zusammenarbeiten. Weitere Informationen gab es nicht. Auch von EPA-Chefin McCarthy hieß es lediglich: "Wir werden weiter an einer Lösung arbeiten."

Es war das erste Treffen auf höchster Ebene zwischen VW und amerikanischen Staatsvertretern seit Bekanntwerden der Manipulationen bei Abgastests von Dieselfahrzeugen Mitte September. Nach US-Ermittlungen hatte Volkswagen   eingeräumt, weltweit in rund elf Millionen Dieselfahrzeugen eine Manipulationssoftware eingesetzt zu haben, die bei Emissionstests einen niedrigeren Stickoxidausstoß anzeigt als auf der Straße. In der vergangenen Woche reichte das US-Justizministerium im Auftrag der US-Umweltbehörde EPA Klage gegen den Konzern ein, dem eine Milliardenstrafe droht.

mmq/dpa/AFP/Reuters
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