Streit bei VW Betriebsratschef attackiert Großeigner Porsche

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh
Foto: Peter Steffen/ dpaGerade erst haben sich Vorstand und Betriebsrat des Krisenkonzerns Volkswagen nach wochenlangem Ringen auf einen Pakt für die Zukunft des Unternehmens geeinigt. Nun tritt eine tiefe Kluft zwischen den Arbeitnehmern und der Eigentümerfamilie zu Tage. Nach dem angekündigten Abbau von Zehntausenden Jobs bei Europas größtem Autokonzern hat der mächtige Betriebsratschef Bernd Osterloh den Sprecher der Eigentümerfamilie Porsche und Piëch, Wolfgang Porsche, zu mehr Reformwillen für die Neuausrichtung des Unternehmens aufgefordert. Zugleich kritisierte Osterloh mangelnde Unterstützung des Autoclans.

Familiensprecher Wolfgang Porsche
Foto: JOHN MACDOUGALL/ AFPDen Zorn des Arbeitnehmerführers hatte Wolfgang Porsche mit einer Aussage nach dem "Zukunftspakt" auf sich gezogen. "Es haben alle gewusst, dass etwas passieren muss", hatte Porsche der "Automobilwoche" am Rande eines Autorennens gesagt. Darauf wandte Osterloh nun ein: "Wir wundern uns schon ziemlich", dass ausgerechnet Porsche dies mal "so locker zu Protokoll gibt."
Der Betriebsratschef prangerte laut Deutscher Presse-Agentur zudem den fehlenden Rückhalt durch die Großeigentümer an: "Von den Familien haben wir als Beschäftigte jedenfalls bis zum heutigen Tag keine Unterstützung dabei bekommen, die Missstände abzustellen."
Noch immer gebe es laut Osterloh akut genug Handlungsbedarf. So sei die Situation der Kernmarke VW in vielen großen Regionen der Welt jenseits von China und Europa absolut unbefriedigend. Der Chef der Arbeitnehmervertreter kritisierte in Richtung des Großaktionärs: "Da kann Herr Dr. Porsche gerne konkret mithelfen, die richtigen Strategien durchzusetzen. Das hilft dem Unternehmen mehr als der Besuch eines Autorennens in Bahrain."
Osterloh: Längst auf Einsparpotenziale hingewiesen
Der zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat Ende vergangener Woche ausgehandelte Pakt ist eine Zäsur für den Konzern. Das jahrelang vom Erfolg verwöhnte Unternehmen muss nun Stellen im großen Stil streichen. Der Betriebsrat nickte Reformen für die gewinnschwache Kernmarke und eine Neuausrichtung auf Elektromobilität und Digitalisierung ab - und einen sozialverträglichen Abbau von hierzulande bis zu 23.000 VW-Stellen in den nächsten Jahren.
Osterloh betonte, die Arbeitnehmerseite habe beispielsweise schon vor mehr als zwei Jahren - und damit weit vor dem Abgasskandal - mit einer eigenen Ideensammlung auf milliardenschwere Einsparmöglichkeiten bei der renditeschwachen Kernmarke hingewiesen. "Ebenso wie auf die 'Katastrophenveranstaltung' in den USA im Januar 2014, also vor fast drei Jahren, womit die Entwicklung der Modellpolitik im nordamerikanischen Markt, nicht Diesel, gemeint war", sagte Osterloh.
Die Familien Porsche/Piëch halten mehr als die Hälfte der stimmberechtigten VW-Stammaktien und haben damit die Macht bei Europas größtem Autobauer. Wolfgang Porsche war bisher ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zum Betriebsrat nachgesagt worden. Das scheint angesichts der Konzernkrise nun vorbei.