Abgastests VW-Chef Müller nennt Experimente "unethisch und abstoßend"

Matthias Müller
Foto: Andreas Arnold/ dpaWenn der VW-Vorstandschef beim Jahresempfang in Brüssel redet, geht es meist um ambitionierte Zukunftsprojekte, um neue Initiativen und darum, wie Volkswagen seine globale Führungsposition nicht nur zementiert, sondern ausbaut. Diesmal allerdings war alles anders: Matthias Müller musste sich für die Beteiligung seiner Firma an den umstrittenen Experimenten in den USA rechtfertigen.
Als inakzeptabel bezeichnete Müller die Abgastests: "Die damals von der EUGT in den USA praktizierten Methoden waren falsch, sie waren unethisch und abstoßend. Mit Interessenvertretung oder wissenschaftlicher Aufklärung hatte das nichts, gar nichts zu tun", sagte der Konzernchef am Montagabend in Brüssel.
"Mir tut es leid, dass Volkswagen als einer der Träger der EUGT an diesen Vorgängen beteiligt war. [...] Es gibt Dinge, die tut man schlicht nicht." Es müssten nun "alle nötigen Konsequenzen" gezogen werden.
Der niedersächsische Wirtschaftsminister und VW-Aufsichtsrat Bernd Althusmann bezeichnete die Tierversuche beim Test von Dieselabgasen als "absurd und unentschuldbar". Er erwarte neben einer vollständigen Aufklärung und einem umfassenden Bericht an den Aufsichtsrat "harte personelle Konsequenzen" für diejenigen, die für diese Tierversuche verantwortlich seien, sagte der CDU-Politiker. Die Verantwortlichen sollten umgehend ermittelt werden. (Lesen Sie hier einen Kommentar darüber, wie weit Volkswagen mit dem von Konzernchef Müller versprochenen Kulturwandel bislang gekommen ist.)
Interne Zerknirschung bei VW
Volkswagen hatte sich am Wochenende bereits für die in den USA durchgeführten Versuche entschuldigt, bei denen Affen gezielt Schadstoffen ausgesetzt worden waren. Die Tests waren Teil einer Studie, die beweisen sollte, dass die Diesel-Schadstoffbelastung dank moderner Abgasreinigung erheblich abgenommen hat.
Die EUGT ("Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor") - eine von VW, Daimler und BMW finanzierte Lobbyinitiative - hatte die Studie zu diesem Zweck beim US-amerikanischen Lovelace Respiratory Research Institute in Auftrag gegeben. Dem Studienleiter zufolge war VW dabei federführend. (Lesen Sie hier mehr zu den Machenschaften der EUGT.)
Intern herrscht Zerknirschung bei VW. Eigentlich habe Müller eine ganz andere Rede halten wollen, hieß es. Eben erst sein man der Meinung gewesen, dass das Schlimmste in der Dieselaffäre überstanden sei. Und nun das. Mitarbeiter äußerten auch Unverständnis darüber, dass die Brisanz der Vorgänge intern nicht früher erkannt wurde.
Kurz nach seiner Rede verließ Müller den Jahresempfang in Brüssel. Er müsse einen Flieger bekommen, hieß es. Händeschüttelnd strebte der VW-Vorstandschef dem Ausgang zu. "Alles Gute", wünschte ein Gast. "Kann ich brauchen", antwortete Müller.