Produktionsstopp bei VW Läuft nicht mehr

Mitten im größten Umbau der Konzerngeschichte muss VW europaweit die Produktion stoppen. Vorstandschef Herbert Diess spricht von einer "dramatischen Krise". Die einzige Hoffnung verspricht China.
Produktion des VW ID.3

Produktion des VW ID.3

Foto: Matthias Rietschel/ REUTERS

Eigentlich sollte die Pressekonferenz des VW-Konzerns am Dienstagvormittag eine Demonstration der Stärke werden. Egal ob Umsatz, Verkäufe oder Gewinne, alles hat sich 2019 nach oben entwickelt. Doch die positive Botschaft verpuffte, trotz der soliden Zahlen. Denn die Corona-Pandemie droht den weltgrößten Autohersteller 2020 in eine Krise zu stürzen.

Konzernchef Herbert Diess warnte per Videostream vor einer "deutlich verschlechterten Absatzlage" und einer "Unsicherheit bei der Teileversorgung unserer Werke". Gleichzeitig kündigte er vorübergehende Werksschließungen an. Schon jetzt sei die Produktion an den wichtigsten VW-Standorten in Spanien, Portugal, der Slowakei und Italien unterbrochen. Die meisten anderen europäischen Werke, auch in Deutschland, bereiteten sich schrittweise auf Produktionsstopps vor, so Diess. Am späteren Nachmittag hat Volkswagen schließlich verkündet, die Produktion bereits am Donnerstag flächendeckend herunterzufahren. Das betreffe die Werke in Wolfsburg, Emden, Dresden, Osnabrück, Zwickau, Bratislava (Slowakei), Pamplona (Spanien), Palmela (Portugal) sowie die Komponentenwerke Braunschweig, Chemnitz, Hannover, Kassel, Salzgitter und die Tochterfirma Sitech. Der Produktionsstopp gelte zunächst für zwei Wochen. 

Ärger mit dem Betriebsrat

Der Betriebsrat hatte am Vormittag in einem Brief an die Belegschaft kritisiert, der VW-Vorstand wolle die Mitarbeiter in den deutschen Werken noch bis Ende dieser Woche arbeiten lassen. Die letzte Schicht am Freitag zu fahren, sei jedoch zu spät: "Wir erwarten jetzt einen geordneten Ausstieg aus der Fertigung", forderten die Arbeitnehmervertreter. Während bei VW ansonsten überall Abstandsgebote einzuhalten seien, arbeiteten die Mitarbeiter in den Fabriken noch immer "Schulter an Schulter an den Fahrzeugen".

Bereits vergangene Woche hatte Betriebsratschef Bernd Osterloh das VW-Management für sein Krisenmanagement kritisiert. "Jetzt wären Führung und Verantwortung vom Vorstand gefragt, aber da kommt zu wenig", so der Arbeitnehmerführer.  

Dagegen versicherten VW-Chef Diess und Personalvorstand Gunnar Kilian, die Gesundheit der Mitarbeiter habe höchste Priorität. Bislang seien im Gesamtkonzern weltweit 25 Corona-Fälle aufgetreten, drei davon am Hauptsitz Wolfsburg. Ein erkrankter Mitarbeiter sei mit Kollegen des Stammwerks in Wolfsburg direkt in Berührung gekommen. Die Kontaktpersonen seien in Quarantäne geschickt worden. Noch im Laufe des Tages sollen sich die einzelnen Konzernmarken zu den Details der Produktionsunterbrechungen äußern.

Die Corona-Pandemie trifft den VW-Konzern inmitten des größten Umbaus seiner Konzerngeschichte. Volkswagen investiert 60 Milliarden Euro in Elektrifizierung, Digitalisierung und autonomes Fahren. Um die hohen Summen stemmen zu können, braucht der Konzern stabile Gewinne. Doch die geraten in der Coronakrise nun in Gefahr. Seine Absatz- und Gewinnziele für 2020 hat der Konzern bereits kassiert. "Im Moment ist eine verlässliche Prognose schlicht nicht möglich", sagte Finanzvorstand Frank Witter. Schwere und Dauer der Krise seien aktuell nicht einzuschätzen. VW-Chef Diess erklärte, die Corona-Pandemie stelle VW "vor unbekannte operative und finanzielle Herausforderungen".

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An den Prioritäten für die Investitionen habe sich zum jetzigen Stand jedoch nichts geändert. "Wir stehen zu unserem Elektrifizierungsplan", so Diess. Der Verkaufsstart für das neue Elektroauto ID.3 sei unverändert für diesen Sommer geplant. Auch die von der EU vorgeschriebenen CO2-Ziele wolle VW ungeachtet der Krise schaffen. Volkswagen sehe deshalb keine Notwendigkeit, die CO2-Vorgaben wegen der Coronakrise zu lockern, sagte Diess.

Showrooms in China sollen wieder offen sein

Hoffnung macht dem VW-Chef die Entwicklung des Marktes in China, wo die Infektionswelle zum Jahreswechsel begann. Durch eine "konzertierte Aktion zwischen den Regierungsstellen und den Unternehmen" sei es gelungen, die Produktion nach wochenlangen Unterbrechungen zügig wieder hochzufahren, so Diess. Die Showrooms seien wieder offen, die Verkäufe nähmen wieder zu.

"Das zeigt uns, dass man mit einem guten Krisenmanagement, einer guten Abstimmung zwischen Politik und Unternehmen auch eine dramatische Krise wie Corona ganz gut managen kann", sagte Diess. Er sei vorsichtig optimistisch, dass das auch in Europa gelinge.

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