Abgasmanipulation Ex-VW-Chef Winterkorn soll schon im Mai 2015 eingeweiht gewesen sein

Hat Martin Winterkorn schon viel früher vom Dieselbetrug gewusst? Der ehemalige VW-Konzernchef gerät laut einem Zeitungsbericht durch die Aussage eines hochrangigen Technikers schwer unter Druck.
Martin Winterkorn

Martin Winterkorn

Foto: Bernd von Jutrczenka/ dpa

Mit neuen Vorwürfen belastet ein hochrangiger VW-Manager den ehemaligen Vorstandschef Martin Winterkorn offenbar schwer. Dieser soll schon im Frühjahr 2015 im Detail von den Abgasmanipulationen gewusst haben. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" .

Grundlage für die Vorwürfe ist demnach ein angebliches Treffen in der Wolfsburger Konzernzentrale, zu welchem Winterkorn führende Ingenieure in sein Büro einbestellt haben soll. Dies habe ein hochrangiger VW-Manager der Staatsanwaltschaft Braunschweig geschildert. Die Aussage gegenüber der Staatsanwaltschaft soll aus dem November 2017 stammen und fast 160 Seiten umfassen. Sie ermögliche ungewöhnlich tiefe Einblicke in das Innenleben des Konzerns, schreibt die "Süddeutsche Zeitung", die sich auf Recherchen mit NDR und WDR bezieht.

Kein Kalendereintrag, keine Folien, kein Protokoll

Bei dem Treffen hätten die Motorenentwickler Winterkorn offen gesagt, dass VW bei Dieselfahrzeugen in den USA den Abgasausstoß manipuliere. Der Erinnerung des VW-Managers zufolge soll das Treffen im Mai 2015 gewesen sein. Es habe allerdings weder einen Kalendereintrag noch Folien oder ein Protokoll gegeben. Winterkorn hatte wiederholt beteuert, von den Dieselmanipulationen bis September 2015 nichts gewusst zu haben.

Die mutmaßliche Aussage des Managers würde Winterkorn erneut in Bedrängnis bringen. Sollten sich die Vermutungen erhärten, müsste er umso mehr mit einer Anklage rechnen, weil er die Aktionäre trotz seiner Kenntnis im Unklaren gelassen habe. Auch für den VW-Konzern könnten Schadensersatzzahlungen so teurer werden.

Auf Anfrage der Zeitung teilte VW mit, nach Erkenntnissen des Konzerns habe dieses Treffen "so nicht stattgefunden". Es handele sich "um eine einzelne Aussage von Herrn E., die weder von den Aussagen anderer angeblicher Teilnehmer noch durch andere Indizien belegt ist".

16 Flüge in die USA

Einem Insider zufolge könne sich der Widerspruch auflösen - sollte der VW-Manager sich im Datum geirrt haben und das Treffen nicht im Mai, sondern im Juni oder Juli stattgefunden haben. Im Juli soll Winterkorn mehreren Aussagen anderer Manager zufolge von den Abgasmanipulationen erfahren haben.

Winterkorn und sein Anwalt wollten sich auf Anfrage der Zeitung nicht zu den Angaben bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig äußern. Auch der Anwalt des VW-Managers nahm nicht Stellung.

Der Manager arbeitete dem Bericht zufolge zuvor bei Audi, Porsche und Daimler. Als Chef der Motorenentwicklung bei VW soll er eigenen Darstellungen zufolge im Jahr 2014 durch Kollegen von Abgasmanipulationen in den USA erfahren haben.

Er selbst soll anschließend dafür verantwortlich gewesen sein, die Missstände zu beseitigen und sei dazu unter anderem 16 mal in die USA geflogen. Dort habe er den US-Umweltbehörden die Verstöße gemeldet; den Auftrag dazu habe er wenige Tage zuvor von der Konzernspitze erhalten.

ire
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