Zoff mit Zulieferer VW kann dringend benötigte Teile beschlagnahmen

Grünes Licht durch ein Gericht: VW kann dringend benötigte Teile für Golf und Passat bei zwei Zulieferern beschlagnahmen. Die Lieferanten wehren sich und geben VW die Schuld an der Produktionskrise.
Golf-Produktion in Wolfsburg

Golf-Produktion in Wolfsburg

Foto: imago

Im Streit mit zwei widerspenstigen Zulieferern aus Sachsen hat Volkswagen einen wichtigen Etappensieg errungen: Die beiden Zulieferer Car Trim und ES Automobilguss sind laut einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Braunschweig dazu verpflichtet, den Konzern mit dringend benötigten Ersatzteilen zu beliefern.

Gegen diese Verfügung hat ES Automobilguss Einspruch erhoben. Dieser Einspruch hat jedoch keine aufschiebende Wirkung: Die Verfügung des Landgerichts ist trotz des Einspruchs vollstreckbar, teilte das Landgericht mit. VW habe bereits entsprechende Anträge auf "Ermächtigung zur Ersatzvornahme" gestellt.

Das bedeutet: VW kann in Kürze Lastwagen auf den Weg schicken, um die Getriebeteile von ES Guss notfalls mit Hilfe des Gerichtsvollziehers in der Halle des Zulieferers beschlagnahmen und in die VW-Werke zu transportieren. Dies wäre ein einmaliger Vorgang in der deutschen Automobilindustrie.

VW und Zulieferer an gütlicher Einigung interessiert

Wünschenswert ist dieses Szenario aber für die Wolfsburger nicht. "Am allermeisten sind wir an einer gütlichen Einigung interessiert", sagte ein VW-Sprecher. Es gebe weiterhin Gespräche mit den beiden Zulieferern, hieß es bei VW. Über deren Verlauf oder deren aktuellen Stand wollte sich der Autokonzern aber auf Nachfrage nicht äußern.

Der Streit mit den Lieferanten hat die Arbeitsabläufe in gleich fünf VW-Werken (nach Emden droht Kurzarbeit in Wolfsburg, Kassel, Braunschweig und Zwickau) sowie die gesamte VW-Golf-Produktion ins Stocken gebracht.

Die Zulieferer weisen die Schuld für die Produktionsausfälle von sich. "Für die Krise bei VW und die dadurch entstandene Kurzarbeit sind wir nicht verantwortlich", sagte der Geschäftsführer der ES Automobilguss, Alexander Gerstung. Dennoch sei man an einer Einigung interessiert. "Wir streben nach wie vor eine einvernehmliche Lösung mit VW an und sind offen für entsprechende Vorschläge."

"Volkswagen verlagert eigene Probleme auf die Zulieferer"

Aus Sicht von ES und CarTrim sei die Lage Folge einer frist- und grundlosen Kündigung von Aufträgen seitens VW. Volkswagen habe keinen Ausgleich für die Kündigungen gewährt. Deswegen "sahen sich CarTrim und ES Automobilguss letztlich zum Lieferstopp gezwungen", heißt es in einer Mitteilung.

Volkswagen verlagere eigene Probleme auf die Zulieferindustrie, sagte Gerstung. "VW zwingt uns zu diesem Vorgehen, um unsere eigenen Mitarbeiter in Niedersachsen und Sachsen zu schützen und letztlich den Fortbestand des Unternehmens zu sichern."

Laut Verfügung des Gerichts ist ES Automobilguss dazu verpflichtet, die benötigten Teile bis in den Februar 2018 hinein "auf Abruf" zu liefern. Über den Einspruch des Zulieferers wird am 31. August mündlich verhandelt. Doch bereits jetzt sei die Entscheidung, dass der Zulieferer die Teile zu liefern habe, vollstreckbar und mit entsprechenden Rechtsmitteln durchzusetzen.

Der Sitzbezughersteller Car Trim ist dazu verpflichtet, bis zum Mai 2017 die benötigten Bezüge auf Abruf zu liefern. Bei Zuwiderhandlung hat das Landgericht ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro oder ersatzweise Ordnungshaft gegen den Geschäftsführer von Car Trim festgesetzt. Car Trim hatte gegen die Verfügung keinen Einspruch erhoben.

msc/dpa
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