
Neues Werk: Ruanda hofft auf VW
Neues VW-Werk in Ruanda Polos für Afrika
In Wolfsburg mag die Pressekonferenz, die am Donnerstagvormittag in Ruandas Hauptstadt Kigali stattfand, kein großes Ding gewesen sein. Für Ruanda war es ein Paukenschlag. Alle wichtigen einheimischen Medien schickten ihre besten Reporter. Thomas Schäfer, Leiter der Volkswagen-Geschäfte in Südafrika, sprach in sieben Kameras als er die Nachricht verkündete: Volkswagen wird in Ruanda eine Autoproduktion starten und bereits Anfang Mai sollen die ersten Fahrzeuge vom Band rollen. Applaus im Saal.
Volkswagen wird in dem kleinen ostafrikanischen Binnenstaat, der nur etwa so groß wie Hessen ist, die erste eigene Autofabrik des Landes eröffnen. Fahrzeuge "made in Rwanda". Varianten des Polo, Passat und des Geländewagens Teramont sind geplant. Auch wenn sie hier nur zusammengebaut werden und die Bauteile aus dem Werk in Südafrika kommen. Doch warum investiert Volkswagen in einen solchen Zwergstaat, mitten in Afrika?
Ruanda zieht Investoren an
23 Jahre nach dem Genozid gilt das Land als Vorzeigeland Afrikas, zumindest was die Wirtschaft angeht. Ein konstantes Wachstum von sieben bis acht Prozent pro Jahr und politische Stabilität ziehen Investoren an. Genau das hat auch Thomas Schäfer überzeugt: "Ich arbeite jetzt seit 22 Jahren für Wachstumsmärkte und habe so etwas in der Zusammenarbeit mit Regierungsvertretern noch nicht erlebt", sagt der Manager. "Wir haben ein Land kennengelernt, das super fokussiert ist, das quasi keine Korruption hat und das extrem organisiert funktioniert."
Es sind keine Unsummen, die Volkswagen für solche Ideen in die Hand nimmt. Auf 20 Millionen US-Dollar beläuft sich die erste Investitionssumme. Peanuts für den Konzern aus Wolfsburg. Aber doch ein großes Investment für das Rwanda Development Board, das das Land zu einem Zentrum für Investitionen und Innovationen machen will.
"Die Investition hat eine extrem hohe Bedeutung für Ruanda", sagt Clare Akamanzi, Chefin des Gremiums. "Es ist ein Signal, wenn ein globales Unternehmen wie VW sich hier niederlässt. Für uns ist das ein historischer Tag."
Volkswagen verspricht, zwischen 500 und 1000 neue Arbeitsplätze in Kigali zu schaffen. Ist die Produktion einmal angelaufen, sollen innerhalb des ersten Jahres bis zu 1000 Fahrzeuge vom Band gehen, mit der Möglichkeit, die Kapazität im Anschluss auf 5000 zu erhöhen. Man tastet sich an den Markt heran und weiß gleichzeitig, dass man es hier anders machen muss als bisher.
Mobilitätskonzept für eine junge Bevölkerung
Vielleicht muss man als Investor auf diesem Kontinent ein wenig Revolutionär sein. Auch Schäfer versucht das. Er hat viele Jahre lang für Mercedes die Geschäfte im gesamten asiatischen Raum aufgebaut, bevor ihn 2012 Volkswagen holte. Schäfer will in Ruanda nicht nur Fahrzeuge auf den Markt bringen, sondern Mobilität verkaufen. "In Ruanda, wie in vielen Ländern Afrikas, mögen nicht viele Menschen 20.000 Dollar für einen Neuwagen in der Tasche haben, doch eine Menge haben 10 Dollar, um von A nach B zu kommen," sagt Schäfer.

Neues Werk: Ruanda hofft auf VW
VW setzt auf eine junge Bevölkerung, die in Ruanda ausgesprochen modern, technikaffin und mobil ist. Sie soll sich zukünftig über eine App kurzfristig ein Auto leihen oder sich zu Fahrten verabreden können, ride-hailing wird das genannt. In einem Land, in dem Alltagsgeschäfte weitgehend über Mobiltelefone abgewickelt werden und schon heute Parkgebühren mit einem Klick auf dem Smartphone bezahlt werden, ergibt das durchaus Sinn.
Konkurrenz ist kaum vorhanden. Uber, in anderen Ländern oft der Marktführer, ist noch nicht da. Für den Weg zum Büro, zum Amt oder zur Bar setzen sich die meisten Ruander in Kigali hinten auf eines der Motorradtaxis, die sich teilweise halsbrecherisch durch den Verkehr drängeln.
Wachstumsmarkt Afrika
Die meisten Autos auf Ruandas Straßen sind Second-Hand-Importe, vorrangig aus Japan. "Wir versuchen, mit dem Stereotyp zu brechen, dass Afrika arm ist und sich niemand ein neues Auto leisten kann," sagt Schäfer, der bei Volkswagen für den gesamten subsaharischen Bereich zuständig ist.
Seine neuen Partner in Ruanda hören das gern. Das Land arbeitet konsequent an einer neuen, besseren Identität und hat jüngst diskutiert, auch Second-Hand Kleidung komplett aus dem Land zu verbannen. Man will nicht mehr das Land sein, auf dem Gebrauchtwaren und Gerümpel abgeladen werden.
Mehr als jeder dritte Einwohner Afrikas gehört laut einer Studie der Afrikanischen Entwicklungsbank inzwischen der Mittelschicht an. Auch wenn das Wirtschaftswachstum nicht in jedem Land so hoch ist wie in Ruanda, gilt Afrika bei vielen Banken und Beratungsfirmen als Kontinent der Zukunft.
Afrika gewinne mehr und mehr an Bedeutung, erklärt Schäfer. "Wir wollen hier Dinge neu angehen und versuchen, anders zu lösen als mit dem klassischen Geschäftsmodell von Autos bauen und Autos verkaufen."
Etwas weiter östlich auf dem Kontinent, in Kenia, hat Volkswagen Ende 2016 ein ähnliches Werk eröffnet, in dem Fahrzeug-Bausätze zusammengesetzt werden. Bislang bleiben dort die Erfolge noch unter den Erwartungen, was vor allem mit den jüngsten politischen Querelen rund um Kenias Wahlen zu tun hatte. Das Land war im Stillstand. "Kenia muss jetzt einen Gang hochschalten," gibt Schäfer zu. Für Ruanda ist Volkswagen um einiges optimistischer. Hier darf es von Thomas Schäfer aus direkt auf die Überholspur gehen.