Wegen Lira-Krise Deutsche Exporte in die Türkei brechen ein

Im August lag das Minus bei den deutschen Warenverkäufen in die Türkei schon bei 30 Prozent – und danach hat die von Präsident Recep Tayyip Erdoğan angefachte Lira-Krise erst so richtig Fahrt aufgenommen.
Die Wechselstuben (hier in Istanbul) müssen ihre Kurse in immer kürzeren Abständen aktualisieren – denn seit Jahresbeginn hat die Lira gegenüber dem Dollar ihren Wert fast halbiert

Die Wechselstuben (hier in Istanbul) müssen ihre Kurse in immer kürzeren Abständen aktualisieren – denn seit Jahresbeginn hat die Lira gegenüber dem Dollar ihren Wert fast halbiert

Foto: Serkan Senturk / imago images/ZUMA Wire

Der Kurssturz der türkischen Landeswährung beunruhigt auch die deutsche Wirtschaft. »Die Entwicklung der türkischen Lira besorgt uns«, sagte der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Dirk Jandura. »Weil dadurch Waren aus dem Ausland teurer werden, verringert sich die Nachfrage in der Türkei und deutsche Exporte leiden darunter.« So seien die Ausfuhren in die Türkei beispielsweise im August um 30 Prozent eingebrochen. Betroffen seien vor allem Exportwaren wie Maschinen, Autos und Autoteile sowie chemische Produkte. Deutschland ist wichtigster Handelspartner und einer der größten ausländischen Investoren in der Türkei: 2020 betrug das bilaterale Handelsvolumen 36,6 Milliarden Euro.

Die türkische Lira verlor gegenüber dem Dollar immer weiter an Wert, zwischenzeitlich wurden für einen Dollar 15 Lira fällig, ein Rekordwert. Die Zentralbank griff deshalb bereits zum vierten Mal binnen zwei Wochen am Devisenmarkt ein: Wegen »ungesunder Preisbildung« verkaufte sie Dollar, um die eigene Währung zu stützen. Seit Jahresbeginn hat die Lira rund die Hälfte ihres Wertes eingebüßt.

Für den BGA kommt das nicht unerwartet. »Die Entwicklung der Lira ist nach den vergangenen Monaten keine große Überraschung«, sagte Jandura. »Geldpolitisch hat die türkische Regierung es verpasst, rechtzeitig gegenzulenken. Durch die Leitzinssenkung im November wurde diese Entwicklung noch beschleunigt.«

Die Zentralbank hat rapide an Ansehen bei Investoren verloren. Dazu hat Präsident Recep Tayyip Erdoğan beigetragen, der immer wieder Zinssenkungen gefordert und drei Notenbankchefs binnen zweieinhalb Jahren verschlissen hat, was die Unabhängigkeit der Währungshüter massiv infrage stellt. Für diesen Freitag erwarten von Reuters befragte Ökonomen, dass die Zentralbank ihren Zinssatz erneut senken wird – und zwar von aktuell 15,0 auf dann 14,0 Prozent. Die Inflationsrate liegt derzeit bei mehr als 21 Prozent.

beb/Reuters
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten