Wall Street FBI will mehr als 100 Finanz-Gangster enttarnen

Wall Street: Ermittlungen gegen mehr als 200 Personen
Foto: STAN HONDA/ AFPHamburg - Es ist eine klare Kampfansage an die Kriminellen der Wall Street. Das FBI will nach eigenen Angaben mehr als 120 mögliche Insider-Händler dingfest machen, die an der Wall Street oder in ihrem Umfeld arbeiten. Insgesamt werden sogar doppelt so viele Personen verdächtigt, börsenrelevante Informationen über Unternehmen weitergegeben zu haben, durch die Finanz-Profis abkassieren konnten. Es sei das erste Mal, dass das FBI überhaupt die Menge der verdächtigten Personen beziffert, schreibt das "Wall Street Journal" .
Der Skandal um Insider-Handel im Finanz-Epizentrum Amerikas erreicht damit einen neuen Höhepunkt. Bereits seit Ende 2009 wird in zahlreichen Fällen ermittelt. Ermittler haben seitdem insgesamt 66 Mitarbeiter von Hedgefonds und anderen Firmen wegen Insider-Handel angeklagt. 57 von ihnen wurden verurteilt oder hätten ihre Schuld eingestanden, berichtet das "Journal".
Besonders spektakulär: die Verurteilung des früheren Hedgefonds-Königs Raj Rajaratnam. Er hatte ein Informantennetzwerk unter Börsenprofis, Spitzenmanagern und Anwälten aufgebaut und sich laut Staatsanwaltschaft rund 70 bis 75 Millionen Dollar durch sein Insiderwissen ergaunert. Im Oktober 2011 wurde Rajaratnam zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Es war die höchste Strafe, die je gegen einen Insider-Händler verhängt wurde.
Nun werden die Ermittlungen fortgesetzt. Man habe weitere Ziele identifiziert und sammle derzeit belastendes Material gegen sie, sagte FBI-Agent David Chaves am Montag in New York. Die Untersuchungen reichen damit viel weiter und tiefer, als bisher bekannt war. Möglicherweise sei die Untersuchung die größte in der modernen Geschichte, schreibt das "Wall Street Journal".
Unterstützung von prominenter Seite
Bereits in den achtziger Jahren sorgten mehrere spektakuläre Fälle von Insider-Handel für Aufsehen. Der Regisseur Oliver Stone setzte ihnen mit dem Film "Wall Street" ein fragwürdiges Denkmal. In der Hauptrolle: Michael Douglas als skrupellose Börsenhändler Gordon Gekko.
Mittlerweile zocken viele Händler mit superschnellen Computerprogrammen, um binnen Sekunden aus Kursschwankungen Profit zu machen. Das Geschäft mit Insider-Informationen wirkt da fast wie ein Relikt aus einer früheren Zeit. Doch wie drängend das Problem noch immer ist, zeigen die umfassenden FBI-Ermittlungen. Nach Angaben von Experten ist das Informantennetz von Insider-Händlern heute zudem viel größer und dichter als noch in den achtziger Jahren. Es umfasse Banker, Analysten, Unternehmens-Insider, Berater, Händler und einige Hedgefonds.
Nach FBI-Angaben gibt es allerdings auch immer mehr Firmen-Insider, die die Ermittler bei ihrem Feldzug gegen das Finanzverbrechen unterstützen, beispielsweise indem sie Belege gegen mögliche Insider-Händler an die Finanzaufseher weiterreichen. Die Unterstützung sei "viel größer als erwartet", sagte FBI-Mann Chavez am Montag.
Und noch einen prominenten Unterstützer konnte das FBI gewinnen. Am Montag gewährte das FBI nicht nur seltene Einblicke in die eigenen Ermittlungen. Es zeigte auch einen neuen Werbespot gegen Insider-Händler. Er zeigt den Michael Douglas von heute, im schwarzen Anzug vor einem schwarzen Hintergrund . Der Film "Wall Street" sei Fiktion gewesen, sagte Douglas, doch das in ihm skizzierte Problem sei sehr real. Und er ruft in dem Spot die Wall Street auf, die Ermittler bei ihrer Arbeit zu unterstützen.