Weniger Förderung Solarlobby und Ministerium einigen sich auf Kompromiss

Die Förderung für die Solarbranche soll schneller gekürzt werden als geplant: Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen haben der Verband BSW und das Umweltministerium einen Kompromiss ausgehandelt - der vor allem der Branche nützt.
Solarzellen: Vorgezogene Förderkürzung

Solarzellen: Vorgezogene Förderkürzung

Foto: Jan Woitas/ picture-alliance/ dpa

Hamburg - Das Bundesumweltministerium und der Branchenverband BSW-Solar haben sich auf einen Kompromiss zur vorgezogenen Kürzung der Solarförderung geeinigt. Demnach sollen die Vergütungen, die Betreiber von Sonnenstromanlagen erhalten, zum 1. Juli abgesenkt werden. Das erfuhr SPIEGEL ONLINE aus Regierungs-, Koalitions- und Branchenkreisen.

Wie hoch die vorgezogene Kürzung ausfällt, ist abhängig davon, wie viele Anlagen 2011 in Deutschland gebaut werden. Es wird erfasst, wie viele Sonnenpower die Deutschen zwischen März und Mai auf ihren Dächer installieren. Diese Zahl wird aufs Jahr hochgerechnet, also mit dem Faktor vier multipliziert.

Übersteigt die so errechnete Kapazität 3500 Megawatt, wird die Förderung zum 1. Juli um 3 Prozent gesenkt. Bei einem Zubau von mehr als 4500 Megwatt betrüge die Kürzung 6 Prozent, bei mehr als 5500 Megawatt 9 Prozent, bei mehr als 6500 Megawatt 12 Prozent, und bei 7500 Megawatt würde die Förderung um 15 Prozent sinken.

Zum Jahresende sinkt die Förderung um zusätzliche neun Prozent; zudem soll dann geprüft werden, ob die Zubau-Prognose aus dem Frühjahr korrekt war. War sie es nicht, werden die neun Prozent nach oben oder nach unten angepasst.

Die Ergebnisse wollen Ministerium und Lobbyverband am Donnerstag um 11.30 Uhr auf einer Pressekonferenz gemeinsam verkünden. Das Ministerium wolle so verhindern, dass der Verband den Kompromiss nachträglich schlechtrede, sagte ein Polit-Insider. Das Thema Förderkürzung solle möglichst schnell und geräuschlos abgehakt werden. CDU und FDP wollten vermeiden, in den Landtagswahlkämpfen als Öko-Gegner beschimpft zu werden. Im vergangenen Jahr war die Diskussion um eine zusätzliche Förderkürzung zu einem monatelangen, hässlichen Feilschen um Prozente ausgeartet.

Grund für die vorgezogene Förderkürzung ist ein unerwartet starker Boom im Solarsektor. Neuesten Prognosen zufolge werden in der Bundesrepublik 2010 Anlagen mit einer Leistung von mehr als 8000 Megawatt ans Netz gehen. Der Marktforscher Greentech Media Research schätzt, dass 2010 rund die Hälfte aller weltweit hergestellten Solarmodule in Deutschland in Betrieb genommen wurden.

Die Förderung, so sinnvoll sie als Anschubhilfe für die Zukunftsenergie war, kommt die Verbraucher immer teurer zu stehen. Jeder, der Strom aus Sonnenenergie erzeugt un in die Netze einspeist, bekommt dafür Geld. Die Zeche zahlen alle deutschen Stromkunden gemeinsam - über Aufschläge auf ihre Rechnung, die sogenannte EEG-Umlage. Aktuell zahlen Verbraucher 3,5 Cent pro Kilowattstunde. Jährlich entstehen so Kosten von mehr als zehn Milliarden Euro.

Der Kompromiss von Solarlobby und Umweltministerium soll möglichst rasch von CDU, CSU und FDP abgesegnet werden. Erste Gespräche fanden schon statt, wie ein Koalitionsmitglied bestätigte. Einige stünden dem Vorschlag noch skeptisch gegenüber.

Deckel offenbar abgewendet

Experten sagen, der Kompromiss könne der Branche letztlich sogar nützen. "Die frühe Ankündigung wird im Frühjahr einen neuen Boom auslösen, weil möglichst viele Anlagenbauer noch vor dem 1. Juli die höhere Förderung abgreifen wollen", sagt ein Branchenkenner. "Im Grunde ist sie ein Konjunkturprogramm für die Branche."

Für die Branche ist der Kompromiss zudem das kleinere Übel. Tatsächlich fürchten sich die Unternehmen vor allem vor einer festen Obergrenze für die Förderung - dem sogenannten Deckel. Einen solchen hat kürzlich die französische Regierung beschlossen. Eine zentrale Datensammelstelle registriert in Frankreich bald die mögliche Spitzenleistung jeder neu angemeldeten Solaranlage. Sobald die registrierten Anlagen eine Leistung von 500 Megawatt erreichen, wird der Fördertopf geschlossen. Fördergeld für neue Anlagen gibt es dann erst wieder ein Jahr später.

Thomas Bareiß, der energiepolitische Koordinator der CDU, plädiert für einen solchen Deckel. Ab 2012 könnte man die Förderung zum Beispiel auf 3000 Megawatt pro Jahr begrenzen, schreibt er in einem Brief, der unter anderem an Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Volker Kauder, den Fraktionsvorsitzenden der Union, adressiert ist und der SPIEGEL ONLINE vorliegt. Günther Cramer, der Präsident des BSW-Solar, ist gegen diese Lösung.

An der Börse werden die Pläne der Regierung gut aufgenommen. Solarwerte gewinnen kräftig an Wert.

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