Untersuchungsausschuss Wichtiger Wirecard-Zeuge will nicht aussagen

Der Wirtschaftsanwalt Frank Stahl gilt als eine der zentralen Figuren des Wirecard-Skandals – und soll am Donnerstag vor den Untersuchungsausschuss des Bundestags treten. Doch er weigert sich.
Wirecard-Zentrale

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Foto: Peter Kneffel/ dpa

Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zum Wirecard-Skandal will sich ein weiterer Zeuge einer Befragung vorerst entziehen. Eigentlich soll Frank Stahl, Partner der Wirtschaftskanzlei Baker Tilly in München und langjähriger Wirecard-Berater, an diesem Donnerstag vor dem Ausschuss aussagen – das aber versucht sein Anwalt nun zu verhindern. In einem aktuellen Schreiben an den Ausschuss, das dem SPIEGEL vorliegt, argumentiert Stahls Rechtsvertreter, seinem Mandanten stehe ein Zeugnisverweigerungsrecht zu; zudem sei er zur Verschwiegenheit verpflichtet, um nicht seine anwaltliche Schweigepflicht zu verletzen. »Das Risiko, sich hier strafrechtlichen Ermittlungen auszusetzen, ist für meinen Mandanten nicht zumutbar«, heißt es in dem Schreiben. 

Stahl gilt als eine der zentralen, externen Figuren bei Wirecards Aufstieg zum Milliardenkonzern und Mitglied im Deutschen Aktienindex Dax. Für den Bilanzprüfer RP Richter testierte er Wirecards Bilanzen der Jahre 2009 und 2010, später ging RP Richter in Baker Tilly auf, wo Stahl bis heute arbeitet. Dort beriet er Wirecard bei Akquisitionen in Asien und Südafrika, dem Kauf des Prepaid-Kartengeschäfts der Citigroup und der Übernahme des chinesischen Zahlungsabwicklers AllScore.  

Viele dieser Zukäufe gelten als verdächtig, vor allem der des indischen Zahlungsabwicklers Hermes. Für den hatte Wirecard einst rund 340 Millionen Euro bezahlt, obwohl nur wenige Wochen vorher ein auf Mauritius ansässiger Fonds namens EMIF 1A Hermes für etwa ein Neuntel der Summe erworben hatte. Mutmaßlich waren Wirecard-Manager und -Geschäftspartner Nutznießer des Deals und der damit verbundenen Preisexplosion. Baker Tilly bestätigt, Wirecard beraten zu haben, äußert sich aber nicht detailliert. 

Wie es in dem aktuellen Schreiben weiter heißt, könne auch Wirecards Insolvenzverwalter Michael Jaffé Stahl nicht von der Schweigepflicht entbinden. Vergangene Woche hatte Jaffé vier Vertreter des Wirtschaftsprüfers EY, die jahrelang Wirecards gefälschte Bilanzen abgesegnet hatten, von der Schweigepflicht entbunden. Auch sie sollen am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss aussagen, für EY reicht Jaffés Entscheidung allerdings nicht aus.  

Und auch Stahl würde sie nicht akzeptieren, wie sein Anwalt in dem Schreiben klarstellt. Jaffé könne nur für die Wirecard AG sprechen, nicht aber für weitere Gesellschaften und Organe des Konzerns, die ebenfalls von Stahl beraten worden seien. Stahls Vernehmung solle verschoben werden, bis geklärt sei, ob er »seitens der übrigen früheren Organe« von der Schweigepflicht entbunden werde. Der Untersuchungsausschuss solle den Termin am Donnerstag aufheben und einen anderen ansetzen. 

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