Kaum Betrieb in der Coronakrise Wie Andreas Scheuer die Schließung des Flughafens Tegel verhinderte

Reicht in der Coronakrise ein Flughafen für Berlin? Ja, meinte Airportchef Lütke Daldrup - und wollte den Betrieb in Tegel einstellen. Doch er hatte nicht mit dem Veto des Bundesverkehrsministers gerechnet.
Die Vorfahrt am Terminal A am Flughafen in Tegel: Menschenleer.

Die Vorfahrt am Terminal A am Flughafen in Tegel: Menschenleer.

Foto:

Michael Kappeler/ DPA

Ein Flughafenchef kann sich sicherlich Schöneres vorstellen, als die Schließung eines Flughafens vorzuschlagen. Doch Engelbert Lütke Daldrup, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft Flughafen Berlin-Brandenburg (FBB), hatte keine Wahl - die Zahlen sprachen für sich.  

Seit Ausbreitung des Coronavirus ist der Flugverkehr dramatisch eingebrochen - auch von und nach Berlin. Ende März betrug das tägliche Passagieraufkommen an beiden Berliner Flughäfen nicht einmal mehr drei Prozent des gleichen Vorjahreszeitraums. Pro Tag starteten oder landeten in Tegel und Schönefeld gerade mal noch 3500 Passagiere. Easyjet und Ryanair, die neben der Lufthansa und ihren Töchtern den meisten Verkehr auf den Berliner Flughäfen generieren, haben ihren Betrieb praktisch eingestellt. Start- und Landegebühren fallen kaum noch an, und die Umsätze in den Einkaufsbereichen in Tegel und Schönfeld sind komplett eingebrochen. 

Bereits in der vorigen Woche beantragte die Betreibergesellschaft FBB Kurzarbeit für ihre beiden Flughäfen. Vor allem Tegel ist derzeit ein reines Zuschussgeschäft. Selbst "ein eingeschränkter Terminalbetrieb", schrieb Lütke Daldrup am 26. März dem Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft, sei "wirtschaftlich nicht mehr vertretbar". Deswegen werde er "in den nächsten Tagen", beim zuständigen Senat "einen Antrag auf temporäre Befreiung von der Betriebspflicht stellen". Und nach Genehmigung "zunächst für zwei Monate" den Betrieb einzustellen. 

Der Aufsichtsrat stimmte den Plänen in einer Telefonkonferenz zu. Doch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) stoppte die Schließungspläne. Es sei in der Krise "ein fatales Signal". Nur weil der Betrieb auf null runtergefahren sei, dürfe nicht einfach ein Flughafen geschlossen werden. "Eine Stadt der Luftbrücke darf nicht so geschichtsvergessen sein", sagte Scheuer nach dem Aufsichtsratsbeschluss.  

Was dem Bundesverkehrsminister bei seiner Philippika entgangen sein dürfte, Berlin wäre auch nach einer temporären Schließung von Tegel Schönefeld noch aus der Luft erreichbar. Dessen Kapazität reicht zudem für das derzeitige Flugaufkommen voll aus, wie auch Lüdke Daldrup dem Bundesverkehrsministerium schrieb. Außerdem sei der Flughafen im Südosten Berlins weitaus besser als Tegel für die Krise gerüstet. In Schönefeld könnten Flugzeuge rund um die Uhr landen, und der Flughafen verfüge "über ein Medical Assessment Center, sodass im Ereignisfall Flüge mit Seuchenverdacht gemäß internationaler Gesundheitsvorschriften behandelt werden können". 

Regierungsflieger könnten in Schönefeld landen

Und selbst die Bundesregierung, sofern sie in Coronazeiten überhaupt noch in die Luft geht, hat seit Anfang März in Schönefeld einen voll funktionsfähigen Regierungsflughafen. Am 1. März übergab die Flughafengesellschaft das provisorische Regierungsterminal, das bis weit über die geplante Inbetriebnahme des Berliner Großflughafens BER als Protokollterminal dienen soll. "Damit ist ein Betrieb des Regierungsflughafens möglich", sagt Lütke Daldrup. Ein Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums sagt dagegen, eine Inbetriebnahme sei nicht vor Oktober 2020 möglich.

Dennoch konnten sich die Eigentümer der Flughafengesellschaft, die Länder Berlin und Brandenburg, sowie der Bund auf einem Treffen in dieser Woche nicht auf einen Schließungsantrag für Tegel verständigen. Scheuers Ministerium blieb hart. Lediglich zu einer Vertagung konnte sich die Runde durchringen. Nach Ostern wollen sie nun entscheiden, ob Lütke Daldrup Tegel später doch noch schließen darf.  

Paris hat den Flughafen Orly bereits am Dienstag geschlossen, London einen Tag später das Nordterminal des Flughafens Gatwick.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren