Während der Ermittlungen Aufsichtsbehördenleiter handelte mit Wirecard-Aktien

Wirecard-Zentrale in Aschheim: An das Geschäftsmodell von Wirecard geglaubt
Foto: Sven Simon / imago imagesDer Chef der Wirtschaftsprüferaufsicht Apas hat während der Ermittlungen der Behörde zum Wirecard-Skandal mit Aktien des Skandalunternehmens gehandelt. Er habe die Aktien am 28. April 2020 gekauft und am 20. Mai wieder verkauft, sagte der Behördenleiter in der Nacht zum Freitag nach Teilnehmerangaben im Untersuchungsausschuss des Bundestags aus. Anfang Mai hatte die Aufsichtsbehörde ein förmliches Berufsaufsichtsverfahren gegen die Wirecard-Wirtschaftsprüfer von EY eingeleitet. Zuvor liefen Vorermittlungen.
Am 28. April war der Börsenkurs von Wirecard abgestürzt, nachdem die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in einem Sonderbericht aufgedeckt hatte, dass es keine Nachweise für die Existenz von angeblichen Kundenbeziehungen und daraus erzielten Umsätzen des aufstrebenden Techkonzerns gab. Er habe an das Geschäftsmodell von Wirecard geglaubt, sagte der Behördenleiter nach Angaben von Teilnehmern im Ausschuss. Ob es mit der Eröffnung des förmlichen Verfahrens gegen EY zusammenhing, dass er die Aktien nach kurzer Zeit wieder verkaufte, blieb zunächst offen.
»Aus meiner Sicht kann er nicht im Amt bleiben«, kommentierte der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar die Aussage des Behördenchefs. Er kritisierte, für die Wirtschaftsprüferaufsicht gebe es keine ausreichenden Compliance Regeln. Jetzt sei Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Zug, bei dessen Ministerium die Aufsicht angesiedelt ist. »Er muss bei der Apas für einen harten Schnitt sorgen. Es ist schlimm genug, dass er dort nicht schon längst für ein angemessenes Regelwerk gesorgt hat.«
Ähnlich äußerte sich Grünen-Obmann Danyal Bayaz. »Wie die Apas und ihr zuständiger Minister Altmaier dazu kommen, dass die Aufsichtstätigkeit der Behörde zu den Wirecard-Abschlussprüfungen frei von Fehlern gewesen sein soll, bleibt nach ihren Aussagen im Untersuchungsausschuss völlig unverständlich«, so Bayaz. »Der Wirecard-Skandal und die Aufarbeitung im Untersuchungsausschuss lehrt uns schon jetzt, dass wir nicht ausschließen dürfen, was man normalerweise ausschließen würde.«
Der angesprochene Wirtschaftsminister äußerte sich am Freitagmorgen befremdet über die Aktivitäten des Behördenleiters. Er habe aber erst in der Nacht davon Kenntnis bekommen. »Wir werden mit den Beteiligten sprechen.« Dabei werde geprüft, ob Regeln eingehalten worden seien – und ob es Konsequenzen geben müsse. Sorgfalt gehe aber vor Schnellschüssen. Linken-Obmann Fabio De Masi sprach von einem unfassbaren Vorgang und forderte ebenfalls die Entlassung des Behördenchefs.
Die Apas steht im Fall Wirecard in der Kritik, weil sie erst im Sommer 2020 ein förmliches Verfahren gegen EY einleitete, obwohl sich die Betrugsvorwürfe bereits Monate zuvor verhärtet hatten. Die Wirtschaftsprüfer von EY hatten jahrelang die Bilanzen des früheren Dax-Konzerns Wirecard abgesegnet. Inzwischen hat Wirecard aber Luftbuchungen von fast zwei Milliarden Euro eingeräumt. Seit 2015 soll der Konzern Scheingewinne ausgewiesen haben.