Bilanzskandal bei Dax-Konzern Staatsanwaltschaft lässt Ex-Wirecard-Chef Braun festnehmen

Markus Braun inszenierte den Wirecard-Konzern als Betrugsopfer
Foto: Lino Mirgeler/ dpaDer Dax-Konzern Wirecard versackt immer tiefer in einem Bilanzskandal. Die Staatsanwaltschaft München I hat nun den zurückgetretenen Chef des Finanzdienstleisters, Markus Braun, festgenommen. Der Manager stellte sich am Montagabend den Ermittlern, wie die Strafverfolger mitteilten. Der Österreicher werde im Laufe des Tages einer Ermittlungsrichterin am Münchner Amtsgericht vorgeführt, die über eine Haft entscheide.
Die Strafverfolger werfen Braun einer Mitteilung zufolge vor, die Bilanzsumme und das Umsatzvolumen von Wirecard "durch vorgetäuschte Einnahmen aus Geschäften" aufgebläht zu haben, um so das Unternehmen finanzkräftiger und für Investoren und Kunden attraktiver darzustellen.
1,9 Milliarden existieren "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit" nicht
Im Fokus der Ermittler stehen angebliche Bankguthaben auf Treuhandkonten bei zwei philippinischen Banken in Höhe von mehr als 1,9 Milliarden Euro. Weil Rechnungsprüfer keine Nachweise für die Existenz des Geldes finden konnten, war der Jahresabschluss von Wirecard nicht testiert worden. Offenbar haben Luftbuchungen die Bilanz des Hightech-Unternehmens aus dem Münchner Vorort Aschheim geschönt.
Nachdem bekannt wurde, dass rund ein Viertel der Bilanzsumme vermisst wird, brach der Aktienkurs des Unternehmens drastisch ein, die Ratingagentur Moody's setzte Wirecard zunächst auf Ramschniveau und entzog ihm das Rating schließlich komplett.
Braun stellte Wirecard als Opfer eines Betrugs dar, trat aber Ende vergangener Woche dennoch zurück. Seine ehemals rechte Hand, Jan Marsalek, wurde vom Aufsichtsrat gefeuert, er hatte das Tagesgeschäft geleitet. Wirecard musste in der Nacht zu Sonntag schließlich selbst per Pflichtmitteilung einräumen, dass die Bankguthaben "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht bestehen".
Im Zentrum des Skandals stehen der ehemalige Wirecard-Finanzchef in Südostasien und ein ehemaliger Treuhänder, der das mutmaßlich zum Großteil gar nicht existente Geschäft mit Drittfirmen betreute.
Ermittler glauben an Mitwisser in München
Die Ermittler gehen nun jedoch davon aus, dass es Mitwisser beziehungsweise Mittäter in der deutschen Unternehmenszentrale gab. Brauns Verhalten, so die Staatsanwaltschaft, begründet nach derzeitiger rechtlicher Prüfung den Verdacht der Bilanzfälschung jeweils in Tateinheit mit Marktmanipulation in mehreren Fällen. Beides ist strafbar.
Untersuchungshaft kann etwa verhängt werden, wenn die Justiz von Flucht- oder Verdunkelungsgefahr ausgeht. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt bereits seit Wochen gegen Braun, allerdings ursprünglich lediglich wegen des Verdachts, Anleger in zwei Ad-hoc-Mitteilungen falsch informiert zu haben.
Lesen Sie hier mehr zur Vorgeschichte: die 1,9-Milliarden-Euro-Frage.