- • Onlinehändler: Zalando will noch 2014 an die Börse
- • Zalando-Schwesterfirma: Samwer-Brüder bringen Rocket Internet an die Börse
Hamburg - Sie gaben sich das Versprechen als Teenager bei einem Bootsausflug: Marc, Oliver und Alexander Samwer wollten gemeinsam ihr eigenes, erfolgreiches Unternehmen aufbauen. Nun, etwa 25 Jahre später, stehen die Samwer-Brüder kurz vor ihrem bislang größten Coup: Ihre Start-up-Schmiede Rocket Internet und ihr Onlinehändler Zalando gehen an die Börse.
Es sind die beiden größten Internet-Börsengänge in Deutschland seit dem Platzen der Internetblase 2001. Beide sollen noch in diesem Jahr realisiert werden. Zalando hatte erst vor wenigen Tagen angekündigt, im zweiten Halbjahr 2014 Papiere ausgeben zu wollen. Das Emissionsvolumen könnte Experten zufolge mehr als 750 Millionen Euro betragen - genauso wie es jetzt für Rocket Internet angekündigt wurde. Das Volumen richtet sich nach den Anteilen, die tatsächlich ausgegeben werden, der Gesamtwert wird entsprechend hochgerechnet. Zalando und Rocket Internet dürften demnach auf einen Börsenwert von neun Milliarden Euro kommen.
Grafik zu Zalando/Rocket Internet: Börsengänge noch in diesem Jahr
Foto: SPIEGEL ONLINEDie Holding Rocket Internet wurde vor sieben Jahren gegründet. Die Samwer-Brüder beteiligten sich über sie bis heute an insgesamt mehr als 100 Unternehmen, derzeit sind etwa 50 Firmen offiziell im Portfolio. Anders als Investoren stellt der Inkubator Gründern nicht nur Geldmittel zur Verfügung, sondern vermittelt ihnen auch Kontakte, hilft bei Technik und Personal sowie der Entwicklung von Businessplänen. Mit Rocket Internet drängen die Samwer-Brüder vor allem auf die Märkte von Entwicklungsländern, wo viel Wachstumspotenzial und wenig Konkurrenz herrschen (siehe Karte).
Das Vorgehen der Samwers ist umstritten: Die Firmenideen sind häufig offensichtliche Kopien von bereits erfolgreich laufenden Vorbildern. Das hat den Brüdern vor allem in den USA das Image der "Copycats" eingebracht. So ist etwa die private Zimmervermietung Wimdu ein Klon des US-Vorbilds Airbnb, das Kosmetikartikel-Abo Glossybox ist an Birchbox angelehnt, und mit CityDeal schufen die Samwers eine Groupon-Kopie, die schließlich vom Original-Unternehmen übernommen wurde.
Auch Zalando folgt diesem Muster. Das 2008 gegründete E-Commerce-Unternehmen ähnelt dem US-Onlineshop Zappos. Im II. Quartal 2014 legte Zalando zum ersten Mal außerhalb des Weihnachtsgeschäfts schwarze Zahlen vor: Demnach machte Zalando einen Nachsteuergewinn von 29 Millionen Euro. In 15 Ländern Europas ist Zalando mittlerweile vertreten, 10,4 Millionen Bestellungen gingen im vergangenen Quartal ein.
2013 soll sich Rocket Internet allerdings von einem 500 Millionen Euro schweren Anteilspaket an Zalando getrennt haben; über ihren Fonds Global Founders Capital sind die Samwers aber immer noch zu 17 Prozent an dem Onlinehändler beteiligt. An Rocket Internet halten sie nach einem Einstieg von United Internet vor wenigen Wochen noch 52,3 Prozent.
Marc, Alexander und Oliver Samwer (Archivbild von 2003): Blut und Blitzkrieg
Foto: imagoDie Samwer-Brüder scheinen damit auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs zu sein - aber ihr Vorgehen sorgt gleichzeitig für Kritik. 2011 wurde eine E-Mail öffentlich, in der Oliver Samwer etwa von einem "Blitzkrieg" und mit Blut geschriebenen Unterschriften schwadronierte. Vor zwei Jahren kündigten zahlreiche Top-Manager den Brüdern die Partnerschaft, weil sie das Klima von "Druck und Angst" in den Samwer-Firmen nicht mehr hinnehmen wollten.
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Den Startpunkt für das Samwer-Imperium markierte Alando, das Alexander, Oliver und Marc Samwer 1999 gemeinsam gründeten. Die Auktionsplattform war dem US-Erfolg Ebay nachempfunden. Nach knapp vier Monaten verkauften die Samwers Alando für 50 Millionen Euro an das Original.
Das nächste Samwer-Produkt: Im August 2000 gründeten sie mit Jamba ein Portal für Handy-Anwendungen. Vier Jahre später ging es für 273 Millionen Dollar an den US-Kommunikationskonzern Verisign. 2005 wurden die Gründer mit ihrem European Founders Fund zu Investoren. 2006 beteiligten sie sich so an der deutschen Facebook-Nachbildung StudiVZ, das wenig später von Holtzbrinck für 85 Millionen Euro gekauft wurde.
Parallel zu ihrem Fonds, der 2009 zwischenzeitlich seine Aktivitäten einstellte, bauten die Brüder ab 2007 mit Rocket Internet einen Inkubator für Start-ups auf. Das erste große Projekt wurde die Datingplattform eDarling, die ab November 2008 aufgebaut wurde. Ein weiteres Mega-Projekt brachten die Samwers mit CityDeal auf den Weg. Der Klon des US-Start-ups Groupon wurde 2010 vom Original übernommen. Zwei Jahre zuvor stiegen die Samwer-Brüder bei Zalando ein.
Rocket Internet hat sein Portfolio inzwischen auf mehr als 50 Unternehmen erweitert, darunter das nach Airbnb-Vorbild aufgebaute Wimdu, der Shoppingclub Westwing sowie der Möbel-Versandhändler Home24 und das russische Zalando-Pendant Lamoda. Der Inkubator ist seit 2013 nicht mehr an Zalando beteiligt; über ihren Fonds Global Founders Capital sind die Brüder aber immer noch zu 17 Prozent an dem Unternehmen beteiligt.
Die meisten Anteile an Zalando hält allerdings das schwedische Investmentunternehmen Kinnevik mit 36 Prozent. Gleichzeitig gehören dem Unternehmen auch 18,1 Prozent an Rocket Internet - somit sind nicht nur die Samwers, sondern auch Kinnevik doppelt beteiligt.
Noch in diesem Jahr soll der Börsengang sowohl von Zalando als auch Rocket Internet stattfinden. Zusammen dürften beide auf eine Börsenbewertung von neun Milliarden Euro kommen. Auch in Vorstand und Aufsichtsrat der Firmen sind auf beiden Seiten Samwer-Brüder vertreten.
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