

Dass der Autobranche grundstürzende Veränderungen bevorstehen, ist den zuständigen Managern schon lange bekannt. Doch die Dieselaffäre hat inzwischen jede Hoffnung zerstört, dass sich der Prozess weitgehend steuern lässt. Im kommenden Jahr werden mehrere Entwicklungen den Druck auf die Autobosse erhöhen.
Da sind zum Beispiel die Fahrverbote in vielen Städten und Kommunen, die Klimaschützer gerichtlich durchzusetzen versuchen. Die damit verbundene Verunsicherung führt dazu, dass plötzlich alle ihren Diesel loswerden wollen, und zwar auch die großen Leasing-Unternehmen, die 2018 ihre Dienstwagenflotten umzustellen beginnen. Experten vermuten, dass sich der Diesel von dem Schlag nicht mehr erholen wird. Der Anteil an den Gesamtzulassungen dürfte deutlich sinken, sagen sie.
Außerdem steigt der Druck der Zulassungsbehörden, die immer strengere CO2-Grenzwerte fordern. Seitdem sich die Hinweise mehren, dass nicht nur Volkswagen Software eingesetzt hat, die die Abgasreinigung auf der Straße senkt oder abschaltet, müssen die Behörden streng durchregulieren, um nicht als Komplizen der Branche zu gelten.
Seit einigen Monaten durchlaufen neue Autotypen ein neues Messverfahren, den worldwide harmonized light-duty vehicles test procedure, kurz WLTP-Zyklus. Kommenden Herbst wird er für sämtliche Neu-Pkw zur Pflicht. Das WLTP-Verfahren ist gründlicher als die bisherige Messmethode NEFZ. Umweltschützer fordern zudem Tests im Verkehrsalltag auf der Straße, die aber erst ab September 2019 zum Standard werden.
All das treibt die Preise in die Höhe, besonders für den vergleichsweise schadstoffarmen Diesel. Dabei sind die Firmen gerade auf ihn besonders angewiesen, wenn sie die zunehmend strengen Vorgaben für Flottenverbrauch und CO2-Ausstoß erfüllen wollen. Die Strafzahlungen für zusätzliche CO2-Tonnen können sich schon jetzt schnell auf dreistellige Millionenbeträge summieren.
Elektroautos
Von den angekündigten Elektroautos, die inzwischen in keinem Zukunftsportfolio mehr fehlen, sollte man beim Thema Flottenverbrauch nicht zu viel erwarten. Denn auch die Generation, die jetzt in den Startlöchern steht, erfordert wegen der immer noch begrenzten Reichweite sorgfältige Planung längerer Reisen. Die E-Autos werden auf absehbare Zeit nur eine Rolle als Zweitwagen spielen.
China reguliert derweil den Anteil seiner wachsenden Elektro- und Hybridflotte per Quote, was Importeure im wichtigsten Automarkt der Welt zusätzlich unter Druck setzt. "Die globale E-Mobilität wird durch China bestimmt", sagt Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch-Gladbach.
Diesel
Welche Rolle der Diesel derzeit noch spielt, lässt sich auch an der Resonanz auf VW-Chef Matthias Müller ablesen, der Anfang Dezember die reduzierte Steuer auf Dieselkraftstoff zur Disposition gestellt hatte: Seine Kollegen in den Vorstandetagen von Daimler und BMW schäumten. Bislang war man sich einig, alles zu vermeiden, was dem Dieselantrieb weiteren Schaden zufügen könnte.
Die heftige Reaktion erklärt sich, wenn man in Rechnung stellt, dass der Elektroantrieb nicht die einzige (teure) Technologie ist, die die Autohersteller mit Hochdruck vorantreiben müssen, wenn sie künftig vorne mitmischen wollen.
"Car-to-car"
Derzeit feilen Autobauer, Zulieferer und Wissenschaftler an der Kommunikation von Fahrzeugen untereinander ("car-to-car") und mit der Umgebung wie Fußgängern, intelligenten Schildern oder Ampeln - und schaffen damit die Voraussetzung für autonomes Fahren. BMW, Fiat Chrysler und der Chipkonzern Intel tun sich dafür zusammen. Volvo liefert dem Fahrvermittler Uber neue Modelle, die Google-Schwester Waymo will Roboterwagen auf die Straße bringen. VW stellt Tausende Softwareexperten ein.
Doch auch, wenn die Autobauer dabei weit besser unterwegs sind, als viele Kritiker ihnen vorwerfen: Sie treffen auf Gegner, die in einer ganz anderen Liga spielen. Und die vor allem schon genau wissen, wie sie mit Robotaxis, Auto-Abos und neuen Carsharing-Konzepten Geld verdienen können. Es sind nicht nur Pessimisten, die bereits warme Sachen rauslegen - für die Autobauer.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Mercedes EQ Concept: Auf der diesjährigen IAA stellte Mercedes den elektrisch angetriebenen SUV vor. Die Stuttgarter versprechen eine Reichweite von 500 Kilometern.
Audi Studie Aicon: Auch Audi stellt sich auf den Elektroantrieb und Roboterautos in der Zukunft ein. Mit dem Aicon zeigen die Ingolstädter, wie sie sich die Zukunft vorstellen.
Polestar1 von Volvo: Um Tesla Paroli zu bieten, baut Volvo künftig nicht nur andere Autos, sondern gleich eine neue Marke: Unter dem Namen Polestar sollen die Fahrzeuge Oberklassekunden elektrisieren. Ab 2019 soll jedes neu eingeführte Modell über einen Elektromotor verfügen, verspricht Volvo.
VW-I.D.: VW will bis 2025 mehr als 30 rein elektrische Autos auf den Markt bringen. Dazu haben die Wolfsburger den modularen Elektrobaukasten entwickelt. Die Marke VW hat fünf E-Autos mit dieser Technik angekündigt. Sie tragen alle die Bezeichnung I.D. Einer davon ist der SUV namens I.D. Crozz.
BMW i8: Als Studie hat BMW den offenen Supersportler i8 bereits mehrfach gezeigt. Jetzt feierte die Serienversion auf der L.A. Autoshow Premiere. In diesem Auto kommt auch das erste Mal BMWs neue PHEV-Batterie zum Einsatz, die künftig in allen Plug-in-Hybriden der Marke zu finden sein wird.