Urteil KarstadtQuelle unterliegt im Dienstwagenprozess
Essen - Die Richter des Landgerichts Essen verurteilten KarstadtQuelle dazu, den vier ehemaligen Managern die Dienstwagen weiter zu finanzieren. Zudem muss der angeschlagene Handelskonzern die Überstunden des Chauffeurs von Ex-Chef Walter Deuss bezahlen. So stehe es in den Verträgen, und diese seien einzuhalten. KarstadtQuelle kündigte die Prüfung von Rechtsmitteln an, "allein schon aus Gründen der Solidarität mit den Mitarbeitern". "Das ist die Welt von vorgestern, die hier deutlich wird", kommentierte Konzernsprecher Jörg Howe das Vorgehen der Kläger noch im Gerichtssaal. KarstadtQuelle hatte nach eigenen Angaben im Zuge seines Sanierungsprogramms insgesamt zehn ausscheidenden Vorständen die Dienstwagen gestrichen und ihnen die Autos zum Kauf angeboten. Sechs Ex-Manager erklärten sich den Angaben zufolge damit einverstanden, vier gaben dagegen die Wagen zurück und zogen vor das Essener Landgericht - mit Recht, wie die 5. Kammer für Handelssachen nun befand.
KarstadtQuelle habe die entsprechenden Vereinbarungen mit den Ex-Vorständen nicht kündigen können, betonte der Vorsitzende Richter Harald Lütgebaucks. Schließlich gelte auch in diesem Fall der Rechtsgrundsatz "Pacta sunt servanda - Verträge sind einzuhalten". Auf diesen könne sich auch Deuss berufen, nachdem der Konzern die Überstunden von dessen Fahrer nicht mehr bezahlt hatte. Das Vorgehen des Essener Unternehmens sei auch durch dessen wirtschaftliche Schieflage juristisch nicht zu begründen, urteilte die Kammer. Ökonomische Schwierigkeiten allein erlaubten es einer Aktiengesellschaft noch nicht, die Zuwendungen an Vorstände zu senken. Voraussetzung dafür sei vielmehr eine "wesentliche Verschlechterung in den Verhältnissen" der AG. Dafür sei aber auch der Verkauf von Betriebsteilen, den KarstadtQuelle angesichts der drohenden Pleite massiv vorangetrieben hatte, "kein ausreichendes Indiz".
"Das kann ich keiner Verkäuferin klar machen"
Dagegen zeigte Unternehmenssprecher Howe erneut Unverständnis für die Klagen. Dem langjährigen Karstadt-Chef Deuss warf er "Anspruchsdenken" vor: "Jemand, der 18 Jahre lang Vorstandschef war und von seinen Mitarbeitern 'Papa' genannt wurde, hat zumindest eine moralische Verpflichtung, auf die Zahlung von Überstunden seines Fahrers zu verzichten." Das angeschlagene Unternehmen, für dessen Rettung sich die Belegschaft zum Gehaltsverzicht bereit erklärt hatte, befinde sich schließlich immer noch in einer "wirtschaftlich schwierigen Situation". Dass Karstadt nun für die Überstunden von Deuss' Chauffeur aufkommen müsse, "das kann ich keiner Verkäuferin klar machen", sagte Howe. "Dafür fehlt mir jedes Verständnis."
Im Gegensatz zu den Klägern und deren Anwälten, die bei der Urteilsverkündung in dem Zivilprozess nicht anwesend waren, nahm eine kleine Gruppe von Mitarbeitervertretern an dem Gerichtstermin teil. Karstadt-Betriebsrätin Christa Schubert zeigte sich im Anschluss wenig überrascht von dem Urteil. "Der Richter hatte über das Recht zu entscheiden und nicht über die Moral."
kaz/AFP