Verdienen! Wie?
Viele sind ungeeignet
Der Postbote reißt jeden Morgen dreimal an dem Draht, der aus dem Briefkasten der Villa Hochleite 9 in München-Harlaching herausragt. Auf das Scheppern der daran befestigten Konservenbüchse kommt Dr. Großmanns Sekretärin die Treppen herunter.
Zweimal am Tage legt sie ihrem Chef einen umfangreichen Stapel Briefe auf den Schreibtisch. Inhalt dieser Briefe sind riesige Fragebogen. Sie tragen oben in der Ecke das Zeichen GM-Großmann-Methode. Der bekannte Arbeitsmethoden-Spezialist Gustav Großmann hat seine von den Nationalsozialisten verbotenen Fernkurse wieder aufgenommen.
Großmann erstrebt in seinen Kursen sowohl die Steigerung individueller Leistungsfähigkeit als auch einen erhöhten Leistungsstand in Betrieben und Büros. Kern seiner Methode ist das System der Zeitplanung (Werkplan, Zeitplan).
Er demonstriert seine Methode an dem Beispiel komplizierter Rechenaufgaben. »Rechnen Sie 6673 mal 2948 im Kopf!« - »Das können Sie nicht? Hm. Wie kommt es, daß Sie diese Aufgabe auf dem Papier spielend lösen? Weil sie jedes Teilergebnis schriftlich notieren und Ihr Gedächtnis so entlasten.« Großmann läßt seine Schüler ihr Berufs- und Privatleben planen.
Der behäbige 55jährige, der eigentlich Lehrer werden wollte, prüft mit ostpreußischer Gründlichkeit die täglich eintreffenden Fragebogen von Seminar-Anwärtern. Viele lehnt er als »ungeeignet« ab. Seine Fragebogen müssen von Bekenntnisfanatikern ausgefüllt sein. Großmann fragt nach dem Körperzustand, nach Essen und Trinken, nach dem Einkommen, nach persönlichen Feinden, nach Beziehungen zum anderen Geschlecht und nach dem Lebenslauf seit frühester Kindheit.
Nach dem ersten Weltkrieg kam dem schwerkriegsbeschädigten Dr. phil. die Idee zu seiner Methode, für die sich heute Menschen aus allen Erdteilen begeistern. Er begann mit dem Planen bei sich selbst. Einen großen Plan zerlegte er in Teilaufgaben, im Notizbuch in Tages- oder Stundenpläne untergliedert.
Für die genaue Erfüllung dieser Planzahlen erteilte und erteilt Großmann sich immer noch selbst schulmäßige Zensuren. Eine Vier braucht er sich jetzt nur noch selten zu geben. Die beiden Söhne des Methodendoktors studieren vorausplanend Mathematik und Volkswirtschaft.
Großmanns Kurse dauern ein halbes bis zwei Jahre. Es ist eine Art Fernschach, das er von seiner Münchener Villa aus mit einer unbegrenzten Zahl von Teilnehmern spielt. Die richtigen Züge müssen seine Schüler selbst tun.
Der Erfolg hat Großmann in vielen Fällen recht gegeben. In seinem Sammelband häufen sich die Dankschreiben seiner avancierten Nacheiferer.
Seine Schüler setzen die Großmann-Methode mit Henleins Erfindung der Taschenuhr gleich. Die Erfolgskurve seiner Anhänger reicht von 140 Mark Anfangsgehalt und 27000 Mark jährlichem Reingewinn nach Kursende, über total demontierte und total wiederaufgebaute Betriebe bis zum Großmann-methodisch durchdachten und erfolgreich durchgeführten Fluchtplan aus der Todeszelle eines Nazi-Gefängnisses.
Großmann ist bekannt als Verfasser der beiden Bücher »Sich selbst rationalisieren! Wie?« und »Verdienen! Wie? Für ihn persönlich ist die Verdienstfrage planmäßig gelöst. Das Honorar zum Erwerb und zur Anwendung seiner Methode beträgt ein Monatsgehalt, mindestens aber 300 D-Mark. Es kann auch Beteiligung an dem durch die Großmann-Methode erzielten Mehrgewinn vereinbart werden.
[Grafiktext]
GETREIDEABLIEFERUNG IN 1000 to | 1947 | 1948 |
WBG.-BADEN | 58 | 23 |
HESSEN | 89 | 77 |
SCHL. HOLST. | 88 | 115 |
NORDRH.-W. | 126 | 100 |
BAYERN | 190 | 131 |
ND.-SACHSEN | 216 | 212 |
SOLL: | 2,3 MILL. | 3,6 MILL. |
BIS OKT ABGELIEFERT: | 767 | 658 |
33% | 17% |
[GrafiktextEnde]