Vermögensstudie Wie reich die Deutschen wirklich sind
Berlin - Das reichste Zehntel der Deutschen verfügt über mehr als zwei Drittel des Vermögens - und umgekehrt: Zwei Drittel der Bevölkerung besitzen zusammen nur gut zehn Prozent des Vermögens. Diese drastischen Zahlen hat jetzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer neuen Studie veröffentlicht.
Insgesamt haben die Deutschen laut Studie ein Nettogesamtvermögen im Wert von 5,4 Billionen Euro angehäuft - das ergibt 80.722 Euro pro Person, wobei die Summe keineswegs gleichverteilt ist: Jeder zweite hat kaum Vermögen.
Wie steht Deutschland im Vergleich da? Die Luxemburger Wohlstandsstudie von 2006, die jüngste Untersuchung zur Konzentration des Reichtums in verschiedenen Ländern, misst die Ungleichverteilung des Vermögens anhand des sogenannten Gini-Koeffizienten. Ein Wert von 0 bedeutet völlig gleichmäßige Verteilung - der Wert 1 dagegen, dass ein Einzelner alles besitzt. Deutschlands liegt im Mittelfeld bei 0,79 und damit unter anderem hinter den USA (0,84) oder Spitzenreiter Schweden (0,89), allerdings vor Finnland (0,68) oder Großbritannien (0,66).
Ist die Kluft zwischen Arm und Reich auseinander gegangen? Ja. Seit 1962 erhebt das Statistische Bundesamt alle fünf Jahre die Vermögenskonzentration durch den Gini-Koeffizienten. 1993 lag er bei rund 0,62, stieg 1998 auf 0,64, aktuell eben 0,79. Die neue DIW-Studie zeigt: Der Anteil der Unternehmens- und Vermögenseinnahmen ist im Verhältnis zum gesamten Bevölkerungseinkommen zwischen 1996 und 2006 um knapp vier Prozentpunkte auf 33,8 Prozent gestiegen. Sprich: Vermögen wächst schneller als die Einkommen.
Wer hat besonders wenig Vermögen? Dazu liefert die DIW-Studie erstmals aktuelle Erkenntnisse. Sie hebt die großen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland hervor: Westdeutsche besäßen durchschnittlich doppelt so viel Vermögen wie Ostdeutsche, vor allem wegen der niedrigen Eigentumsquote und des geringe Verkehrswerts vieler Immobilien. Auch zwischen Zuwanderern und gebürtigen Deutschen gibt es große Unterschiede - und zwischen Männern und Frauen. Wie genau, zeigen die detaillierten Tabellen und Grafiken der Studie, die SPIEGEL ONLINE dokumentiert:
Wie vermögend der Durchschnittsdeutsche ist
Individuelles Nettovermögen in Deutschland 2002
West | Ost | gesamt | |
---|---|---|---|
Mittelwert | 91.486 Euro | 34.290 Euro | 80.722 Euro |
Median | 18.326 Euro | 7554 Euro | 15.000 Euro |
Menschen mit negativem Vermögen | 5,3 % | 5,8 % | 5,4 % |
Menschen mit null Vermögen* | 24,3 % | 24,3 % | 24,3 % |
Jeder Deutsche hat im Durchschnitt 80.722 Euro Vermögen - im Osten weniger als im Westen. Insgesamt gut 30 Prozent der Bevölkerung haben kein Vermögen oder Schulden. Der Median beschreibt, ab welchem Geldbetrag die obere Hälfte beginnt - konkret: Wer mehr 15.000 Euro besitzt, gehört zur oberen Hälfte der Vermögenden in Deutschland.
Wie Vermögen in Deutschland verteilt ist

Die Grafik zeigt: Das oberste Zehntel der deutschen Bevölkerung verfügt über knapp 60 Prozent des Vermögens.
Vermögenskomponenten 2002 Anteil der jeweiligen Besitzer an der Bevölkerung*
West | Ost | gesamt | |
---|---|---|---|
selbstgenutzter Immobilienbesitz | 38,1 % | 28,8 % | 36,4 % |
sonstiger Immobilienbesitz | 10,9 % | 6,3 % | 10,0 % |
Geldvermögen* | 43,1 % | 42,9 % | 43,1 % |
private Versicherungen** | 46,7 % | 49,8 % | 47,3 % |
Betriebsvermögen | 4,3 % | 3,5 % | 4,1 % |
Sachvermögen | 9,7 % | 3,2 % | 8,5 % |
Schulden** | 29,6 % | 24,1 % | 28,5 % |
Die Tabelle zeigt, wie viele Menschen in Deutschland welches Vermögen besitzen. So haben 36,4 Prozent selbst genutzte Immobilien, 43,1 Prozent Geldvermögen - aber nur 4,1 Prozent Betriebsvermögen. 28,5 Prozent haben Schulden.
Woraus das Vermögen des Durchschnittsdeutschen besteht
Portfoliostruktur des individuellen Netto-Vermögens in Deutschland 2002 in Anteilen
West | Ost | gesamt | |
---|---|---|---|
selbstgenutzter Immobilienbesitz | 62,0 % | 73,4 % | 62,9 % |
sonstiger Immobilienbesitz | 21,1 % | 9,9 % | 20,2 % |
Geldvermögen* | 11,5 % | 17,5 % | 12,0 % |
private Versicherungen* | 10,7 % | 14,2 % | 11,0 % |
Betriebsvermögen | 12,4 % | 9,6 % | 12,2 % |
Sachvermögen | 1,7 % | 1,3 % | 1,7 % |
Schulden* | 19,4 % | 26,0 % | 19,9 % |
Die Tabelle zeigt, woraus das Vermögen des Durchschnittsdeutschen besteht - unter anderem zu 62,9 Prozent aus selbst genutzten Immobilien und zu 12 Prozent aus Geldvermögen.
Portfoliostruktur des individuellen Netto-Vermögens in Deutschland 2002 in Euro
West | Ost | gesamt | |
---|---|---|---|
selbstgenutzter Immobilienbesitz | 56.695 Euro | 25.169 Euro | 50.762 Euro |
sonstiger Immobilienbesitz | 19.303 Euro | 3410 Euro | 16.312 Euro |
Geldvermögen* | 10.553 Euro | 6008 Euro | 9697 Euro |
private Versicherungen* | 9789 Euro | 4864 Euro | 8862 Euro |
Betriebsvermögen | 11.365 Euro | 3292 Euro | 9846 Euro |
Sachvermögen | 1543 Euro | 448 Euro | 1337 Euro |
Schulden* | 17.763 Euro | 8902 Euro | 16.095 Euro |
insgesamt | 91.486 Euro | 34.290 Euro | 80.722 Euro |
Die Tabelle zeigt die gleiche Vermögensverteilung in konkreten Geldbeträgen - der Durchschnittsdeutsche hat demnach selbst genutzte Immobilien im Wert von 50.762 Euro.
Wie viel Vermögen die Spitzen- und die Geringverdiener haben
Individuelles Vermögen nach Höhe des verfügbaren Haushaltseinkommens*
Median | Mittelwert | |
---|---|---|
unterstes Zehntel der Einkommen | 0 Euro | 19.316 Euro |
zweites Zehntel | 340 Euro | 23.996 Euro |
drittes Zehntel | 5000 Euro | 38.739 Euro |
viertes Zehntel | 9554 Euro | 43.878 Euro |
fünftes Zehntel | 10.000 Euro | 48.689 Euro |
sechstes Zehntel | 22.930 Euro | 63.542 Euro |
siebtes Zehntel | 27.749 Euro | 90.610 Euro |
achtes Zehntel | 35.999 Euro | 93.338 Euro |
neuntes Zehntel | 70.062 Euro | 121.904 Euro |
oberstes Zehntel der Einkommen | 132.682 Euro | 269.998 Euro |
Die Tabelle zeigt, wie viel Vermögen Deutschlands Spitzenverdiener (oberstes Zehntel der Einkommen) und Geringverdiener (unterstes Zehntel) besitzen. Der Median beschreibt, ab welchem Geldbetrag innerhalb dieser Gruppen die obere Hälfte beginnt.
Wie wenig Vermögen Zuwanderer haben
Individuelles Nettovermögen in Deutschland 2002 nach Migrationshintergrund
ohne Migrationshintergrund | mit Migrationshintergrund | |
---|---|---|
Mittelwert in Westdeutschland | 101.265 Euro | 48.229 Euro |
(Bevölkerungsanteil in Westdeutschland) | 66,2 % | 15,0 % |
Mittelwert in Ostdeutschland | 35.102 Euro | 14.606 Euro |
(Bevölkerungsanteil in Ostdeutschland) | 18,1 % | 0,7 % |
Mittelwert in Gesamtdeutschland | 87.078 Euro | 46.633 Euro |
(Bevölkerungsanteil in Gesamtdeutschland) | 84,3 % | 15,7 % |
Die Tabelle zeigt, dass Menschen mit Migrationshintergrund (15,7 Prozent der deutschen Bevölkerung) 46.633 Euro Vermögen haben - die übrige Bevölkerung dagegen fast doppelt so viel, 87.078 Euro.
Wie wenig Vermögen Frauen haben
Individuelles Nettovermögen in Deutschland 2002 nach Geschlecht
Männer | Frauen | |
---|---|---|
Mittelwert | 95.928 Euro | 67.380 Euro |
Median | 20.000 Euro | 10.518 Euro |
Menschen mit negativem Vermögen | 21,3 % | 27,0 % |
Menschen mit null Vermögen* | 6,4 % | 4,5 % |
(Bevölkerungsanteil) | 46,7 % | 53,3 % |
Die Tabelle zeigt, dass Frauen (53,3 Prozent der Bevölkerung) im Schnitt 67.380 Euro Vermögen haben - Männer dagegen 95.928 Euro. Der Median beschreibt, ab welchem Geldbetrag innerhalb dieser Gruppen die obere Hälfte beginnt.
Portfoliostruktur des individuellen Nettovermögens in Deutschland 2002 nach Geschlecht
Männer | Frauen | |
---|---|---|
selbstgenutzter Immobilienbesitz | 52.947 Euro | 48.845 Euro |
sonstiger Immobilienbesitz | 19.518 Euro | 13.500 Euro |
Geldvermögen | 11.272 Euro | 8316 Euro |
private Versicherungen* | 12.018 Euro | 6094 Euro |
Betriebsvermögen | 17.345 Euro | 3266 Euro |
Sachvermögen | 1504 Euro | 1191 Euro |
Schulden* | 18.675 Euro | 13.832 Euro |
insgesamt | 95.928 Euro | 67.380 Euro |
(Bevölkerungsanteil) | 46,7 % | 53,3 % |
Die Tabelle zeigt, dass Frauen quer durch alle Vermögensarten weniger Rücklagen haben als Männer.
Wie viel Vermögen Junge und Alte haben

Die Grafik zeigt, dass die Westdeutschen zum Rentenalter am meisten Vermögen besitzen - die Ostdeutschen dagegen deutlich früher im Leben.