Gipfel in Rom G20-Staaten streiten über Klimaziele

Letzter gemeinsamer G20-Gipfel? Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Rom
Foto: JACQUES WITT / AFPKurz vor dem Start der Weltklimakonferenz stehen beim G20-Gipfel am Sonntag in Rom schwierige Verhandlungen über niedrigere Treibhausgasemissionen an.
Beim Thema Klima wurde am Sonntagmorgen ein erbittertes Ringen der 20 großen Industriestaaten erwartet. Am Samstag hatten die G20-Vertreter bei der Mindestbesteuerung von Unternehmen und den Zielen für Coronaimpfungen weltweit einige Fortschritte beschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm zusammen mit ihrem möglichen Nachfolger Olaf Scholz (SPD) an den Beratungen in Rom teil.
Von Montag an wollen die Staats- und Regierungschefs auf der heute beginnenden Uno-Klimakonferenz im schottischen Glasgow über den Umgang mit der Klimakrise beraten. Angestrebt wird, die bisherigen Klimaziele der einzelnen Länder höherzustecken, angesichts der immer offensichtlicheren Folgen der Erwärmung wie einer Häufung verheerender Wetterkapriolen.
Ohne ein konsequentes Umsteuern der Staaten steuert die Erde nach Uno-Angaben auf eine gefährliche Erwärmung um durchschnittlich 2,7 Grad zu.
Umso wichtiger wäre eine Vorab-Einigung der G20 in Rom. Diese Gruppe steht für fast 80 Prozent des weltweiten Ausstoßes an Treibhausgasen. Beim Klima zeichneten sich am Sonntagmorgen allerdings harte Diskussionen ab.
Dabei geht es insbesondere über die Frage, wann CO₂-Neutralität erreicht werden soll: 2050, 2060 oder womöglich sogar noch später? Trotz wenig ermutigender Formulierungen in Entwürfen für den Abschlusstext hofften NGO-Vertreter noch auf einen Fortschritt in letzter Minute.
»Wir dürfen denen, die nach uns kommen, keinen Planeten hinterlassen, der Konflikten ausgeliefert ist, auf dem die natürlichen Ressourcen verschwendet wurden, wo das Ökosystem durch Egoismen aufs Spiel gesetzt wurde«, sagte Italiens Präsident Sergio Mattarella beim Abendessen der G20 am Samstag.
Prinz Charles will G20 ins Gewissen reden
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief die G20 zur Unterstützung des Gipfels in Glasgow auf. Im »Journal du Dimanche« sagte er, dass auch vor Abschluss des Pariser Klimaabkommens von 2015 nichts klar gewesen sei – doch dann sei die Zusammenarbeit von Europa, den USA und China »absolut entscheidend« gewesen.
Am Sonntagmorgen wird der britische Prinz Charles als erklärter Umweltschützer den G20-Staats- und Regierungschefs ins Gewissen reden. Angesichts des Widerstands einiger Schwellenländer könnte die vage Formel »Mitte des Jahrhunderts« als Kompromiss von allen Teilnehmern akzeptiert werden. Klimaschützer werfen den G20 schon lange vor, nicht genug zu tun, um die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.
US-Präsident Joe Biden hat den Klimaschutz zu einer seiner Prioritäten erklärt. Die Staatschefs von China und Russland, Xi Jinping und Wladimir Putin, sind in Rom allerdings nicht vor Ort – sie wurden und werden per Video zugeschaltet.
Gastgeber Mario Draghi hatte schon zu Beginn des Gipfels eindringlich die Zusammenarbeit der G20 beschworen. Alleingänge seien keine Lösung, sagte der italienische Regierungschef – weder bei der Coronapandemie, noch beim Klimawandel oder bei einer gerechten Besteuerung.
So sei die Welt nahe daran, das Ziel einer weltweiten Impfrate von 40 Prozent zu erreichen, sagte Draghi. Nun müsse die Welt »alles tun, die globale Impfquote bis Mitte 2022 auf 70 Prozent zu steigern«. Bundeskanzlerin Merkel stellte sich auf ihrem mutmaßlich letzten G20-Gipfel hinter dieses Ziel.
Staaten einigen sich auf Mindestbesteuerung für Unternehmen
Die G20-Staats- und Regierungschefs hatten am Samstag bewiesen, dass sie sich trotz aller Differenzen bei schwierigen Themen einigen können. Sie beschlossen eine Mindestbesteuerung von Unternehmen in Höhe von 15 Prozent.
Merkel begrüßte dies: »Das ist ein klares Gerechtigkeitssignal.« US-Finanzministerin Janet Yellen sprach von einem »historischen« Schritt: Damit werde der »schädliche Wettlauf nach unten bei der Unternehmensbesteuerung beendet«.