Nach Vorwürfen von Mitarbeitern Warum »Katapult«-Gründer Benjamin Fredrich sich selbst feuert

Mit originellen Landkarten und größenwahnsinnigen Projekten wurde Benjamin Fredrich zum Star der Medienbranche. Vorwürfe von Ex-Mitarbeitern in der Ukraine haben den Journalisten nun zum Rücktritt gezwungen.
Benjamin Fredrich

Benjamin Fredrich

Foto: Jens Büttner / dpa

Bei Benjamin Fredrich war der Name schon immer Programm. »Katapult« nannte er 2015 sein Magazin, eine vierteljährlich erscheinende, kreative Sammlung von Infografiken und Landkarten – und wie ein Katapult feuerte er aus dem provinziellen Greifswald Salven in die Medienbranche. Warum Greifswald? »Wieso nicht, du Arschloch?«, heißt es auf der »Katapult«-Website.

Frech, ambitioniert und immer ein wenig unverschämt waren die Projekte des Gründers. Meistens hatte er damit Erfolg. Er legte sich mit der »Süddeutschen Zeitung« an, der er vorwarf, »Katapult«-Ideen für ihre eigenen Seiten zu klauen. Er beschimpfte Verlage und deren Manager und gründete in Mecklenburg-Vorpommern sein eigenes Medium – um den »beschissenen Ruf« des Landes zu verbessern. Fredrich war furchtlos und talentiert darin, seine eigene Schnauze gut zu vermarkten.

Eine Enthüllung zu viel

Nun ist es damit erst mal vorbei. Fredrich ist von seinen Führungsämtern bei »Katapult« zurückgetreten, als Chefredakteur und Geschäftsführer. »Dass ich es nicht geschafft habe, grundlegende Erwartungen zu erfüllen, und schlecht kommuniziert habe, stört mich«, schrieb Fredrich auf der Website seines Magazins .

Grund war eine Recherche des Branchenmagazins »Übermedien«, das sich seit Längerem mit dem Treiben des streitbaren Journalisten auseinandersetzt – und sich dabei schon diverse Kleinkriege mit ihm lieferte. Nun ging es um ein besonders heikles Projekt: Fredrichs Engagement in der Ukraine.

Unmittelbar nach Beginn des russischen Angriffskrieges hatte der damalige »Katapult«-Chef versprochen, die Berichterstattung aus der und über die Ukraine zu stärken. Er schrieb »Jobs for Ukrainians« aus, suchte Reporter und Fotografen und versprach ein Festgehalt von 1650 Euro pro Monat. »Wir können hier nicht einfach so weitermachen und so tun, als wäre nichts«, erklärte Fredrich damals. »Wir müssen alles tun, was wir können«.

Vorwürfe von ehemaligen Mitarbeitern

Viele von diesen Versprechen sollten sich später als überzogen herausstellen. »Übermedien« zitierte mehrere ukrainische Redaktionsmitarbeiter, die sich über ausstehende Gehaltszahlungen und Ungereimtheiten beschwerten . Fredrich habe die Zusammenarbeit beendet oder das Interesse daran verloren, er habe Arbeitsverträge auf eigene Faust auf Honorarbasis umstellen wollen und dem Büro in Odessa »Probleme mit Korruption« unterstellt. Hunderttausende Euro, die Fredrich an Spenden sammelte, seien so mindestens unprofessionell verwaltet worden. Die Enttäuschung ist groß – auch bei jenen, die ihn immer unterstützt hatten. »Mit den 310.000 Euro, die er gesammelt hat, hätte er ein großes Team einstellen und ein ernsthaftes Projekt auf die Beine stellen können, das von Bedeutung gewesen wäre«, zitiert die »Ostsee-Zeitung« einen ehemaligen Angestellten.

Fredrich selbst weist einen Großteil der Vorwürfe auf seiner Website zurück – mit gewohnt harten Worten. Viele Vermutungen und Vorwürfe seien »haltlos«, die Vorgangsweise »schäbig«, schreibt der Journalist und Unternehmer. Manche Kommentatoren hatten ihn mit Fynn Kliemann verglichen. Der Influencer war während der Pandemie bei krummen Maskengeschäften erwischt worden, noch immer ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn. »Die ständigen Kliemann-Vergleiche, die weder Kliemann noch mir gerecht werden, zermürben mich«, schreibt Fredrich.

Harte Landung

Glaubt man dem Unternehmer, seien sämtliche Spenden für die Arbeit mit der und für die Ukraine verwendet worden. In Greifswald sei eine funktionierende Ukraine-Redaktion aufgebaut worden, die bisher 144 Artikel veröffentlicht habe. Gescheitert sei höchstens das Büro in Odessa – was Fredrich gegenüber »Übermedien« noch bestritten hatte.

Nach seinem überhasteten Rücktritt – für die Chefredaktion wird eine »neue Person« angekündigt, die offensichtlich noch nicht gefunden wurde – plant Fredrich, sich in Vollzeit um sein publizistisches »Baby« zu kümmern. Er werde seine Kraft »komplett in KATAPULT Ukraine stecken«, schreibt er. Dazu ein letztes »Tschüss.« Es klingt nicht nach einer Entschuldigung.

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren