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Invstment Was sich bewegt

Westdeutschlands erfolgreichster Investmentfonds der letzten Jahre, die auf Banken und Versicherungen spezialisierte Adiverba, mußte mangels Anlagemöglichkeiten Aktien anderer Branchen aufkaufen.
aus DER SPIEGEL 11/1972

»Adiverba verkauft sich von selbst«, frohlockte Martin Köhle, Sprecher der Allgemeinen Deutschen Investment-Gesellschaft (Adig) in München. Allein im Januar verlangten Bundesbürger für sechs Millionen Mark Zertifikate des Münchner Investment-Fonds, der in den letzten Jahren zum erfolgreichsten deutschen Sparfonds aufstieg.

1971 notierten die Adiverba-Manager für die Zertifikate des auf Banken- und Versicherungsaktien spezialisierten Fonds einen Wertzuwachs von 18,33 Prozent, weit mehr als die anderen westdeutschen Fonds (durchschnittliche Zuwachsrate: 8,28 Prozent). Erst mit großem Abstand folgte der Unifonds als Branchenzweiter mit 10,73 Prozent.

Auch im neuen Jahr hielt »der Banken- und Versicherungsfonds seine Spitzenstellung, weil die Kurse von Kreditinstituten und Assekuranz-Unternehmen rascher kletterten als die Notierungen von Industrieaktien. Allein von Anfang Januar bis Anfang März wuchs der Wert der Adiverba-Zertifikate um 13,7 Prozent. Adiverba-Manager Hermann Granzow: »Wenn Geld verdient wird, wird es bei den Banken verdient.«

Der Erfolg aber bescherte dem Adig-Management ein Ungemach, das in der Wertpapier-Branche selten ist. Weil ihnen der Kundenansturm immer neue Spargelder in die Kasse spült, müssen die Manager immer mehr Geld zum Ankauf von Bank- und Versicherungsaktien verwenden. Dabei jedoch stoßen sie an die Grenzen ihrer Satzung und der gesetzlichen Bestimmungen.

Um das Risiko einer Investment-Anlage breit zu streuen, darf ein Fonds nur höchstens fünf Prozent seines Vermögens in Aktien einer einzelnen Gesellschaft festlegen, bei einem höheren Anteil (bis zu maximal zehn Prozent) bedarf es einer Sondergenehmigung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen. Insgesamt dürfen diese Sondergenehmigungen jedoch 40 Prozent des jeweiligen Fondsvermögens nicht übersteigen. Selbst mit dem Permit des Aufsichtsamts konnte der Spezialfonds Adiverba kaum noch lukrative Beteiligungen auftreiben, weil er die Ausnahmeregelung bereits weitgehend ausgeschöpft hat.

Ende 1971 hatte zum Beispiel allein der Adiverba-Fonds 5,79 Prozent seines Vermögens in Commerzbank-Aktien angelegt und 5,64 Prozent in Anteilen der Deutschen Bank. Durch eine sogenannte Flurbereinigung im Bereich der deutschen Hypotheken -- Banken (Aktientausch der Großbanken untereinander) schrumpfte der Anlagespielraum für das Fonds- Management im vergangenen Jahr weiter. Denn dadurch wurden die Aktien der Hypotheken-Banken -- die meist Töchter von Großbanken sind -- jener Quote zugerechnet, die der Fonds bei der Muttergesellschaft hält. Auch die Verflechtung in der Versicherungsbranche bildet eine Barriere für weitere Aktienkäufe.

»Wir bleiben grundsätzlich bei unserem Konzept«, meinte der Düsseldorfer Börsenchef der Commerzbank, Karl-Heinz Kindt, Mitglied des Adig-Anlage-Ausschusses. Dennoch sah sich die Fondsverwaltung in den vergangenen Monaten genötigt, mit der Aufnahme weiterer Dienstleistungswerte »ihre Anlagepalette zu erweitern« (Kindt).

Inzwischen sind 10,58 Prozent des Adiverba-Vermögens in Kaufhaus-Papieren (Horten, Karstadt, Kaufhof) und einem ausländischen Hotel-Wert angelegt. Eine entsprechende Satzungsänderung wurde von der Berliner Aufsichtsbehörde genehmigt.

Tatsächlich ist der Anlage-Spielraum jedoch auch für solche Substanz-Aktien im Inland sehr eng. und auf ausländische Wertpapiere können die Fonds-Manager nur noch begrenzt ausweichen. Denn der Anteil der internationalen Werte am Fonds-Vermögen ist seit Juni 1971 von gut 18 Prozent auf derzeit 24 Prozent gestiegen. Überschreitet er die Schranke von 25 Prozent, können beispielsweise Versicherungsunternehmen den erfolgreichen Wachstums-Fonds nicht mehr in ihr eigenes Anlage-Portefeuille nehmen, weil er gemäß den Richtlinien der Versicherungs-Aufsichtsbehörde dann nicht mehr deckungsstockfähig wäre. Damit würde sich Adiverba eine wichtige Absatzquelle verschließen.

Auf der Suche nach weiteren Anlagemöglichkeiten sinniert Adig-Geschäftsführer Hans-Dieter auf der Springe, ob auch Versorgungs-Unternehmen wie Elektrizitätswerke dem Dienstleistungsgewerbe zuzurechnen sind. In ihrer Satzung haben sich die Fonds-Manager nämlich die Vorschrift auferlegt, Kundengelder vorwiegend in Dienstleistungsbranchen zu investieren. Zwar ist er guten Mutes: »Es gibt noch eine ganze Menge Papiere, die für uns in Frage kommen können, vielleicht im Verkehrswesen«, aber der Börsianer und Adig-Anlagemanager Karl-Heinz Kindt warnt mit einer alten Börsenregel: »Alles was sich bewegt, soll man nicht kaufen.«

Sollte die Flut neuer Kundengelder anhalten, wollen die Adiverba-Manager einen Teil der Mittel zunächst einmal von den Aktienbörsen fernhalten. Laut Satzung können sie vorübergehend bis zu 25 Prozent des Fonds-Inventarwertes in festverzinslichen Werten anlegen. Davon sind bislang erst gut fünf Prozent ausgenutzt. Meint Karl-Heinz Kindt: »Dann sammeln wir mal ein bißchen das Geld.«

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