Minderjährige im Steinbruch Wie ausgerechnet Unicef half, Kinderarbeit zu verharmlosen

Die Kinderrechtsorganisation der Uno bescheinigt der indischen Granitindustrie, dass dort keine Minderjährigen ausgebeutet werden. Recherchen des SPIEGEL beweisen das Gegenteil.
Von Ankush Kumar, Ajachi Chakrabarti, Bhavya Dore und Petra Sorge
Unicef-Mahnmal aus Rucksäcken in New York City im September 2019: "Das Sprachrohr der Regierung"?

Unicef-Mahnmal aus Rucksäcken in New York City im September 2019: "Das Sprachrohr der Regierung"?

Foto: Vural Elibol / Anadolu Agency / Getty Images

Sie können den Artikel leider nicht mehr aufrufen. Der Link, der Ihnen geschickt wurde, ist entweder älter als 30 Tage oder der Artikel wurde bereits 10 Mal geöffnet.

Diese Recherche wurde unterstützt von der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche.

Der Report, der Indien vom Ruch der Kinderarbeit freisprechen sollte, kam von einer der ersten Adressen der Welt: von Unicef, der Kinderrechtsorganisation der Uno, dem globalen Symbol für eine bessere Welt für Kinder. Man denkt da an freundliche Unicef-Botschafter, von David Beckham über Whoopi Goldberg bis zu den Berliner Philharmonikern.

"Status der Kinderarbeit in der Granitindustrie", heißt der Bericht. 29 Seiten ist er stark, er erschien im Mai 2018, ein weiterer Teil im Dezember 2017. Untersucht wurden vier indische Bundesstaaten, die im Ruf stehen, dass dort Kinder in der Steinindustrie schuften: Andhra Pradesh, Telengana, Tamil Nadu und Karnataka.

"Die Granitindustrie", halten beide Berichte fest, "ist komplett mechanisiert." Alle Prozesse seien derart gestaltet, dass es "keinen Raum für händische Arbeit gibt, vor allem nicht für Kinderarbeit".

Auch der Bergbau wird entlastet: "Die Tagebaue sind weit entfernt von den Dörfern", heißt es, "und es gibt kein Anzeichen für in den Minen beschäftigte Kinder." Allerdings gingen "einige Kinder über 13 nicht regelmäßig zur Schule".

Unicef selbst hat die Papiere nie veröffentlicht. Das übernahm die Industrie.

Lithos Marmor und Granit, ein Natursteingroßhändler im südhessischen Lampertheim, stellte beide Berichte zeitweise auf seine Website. Dazu verschickte er die Pressemitteilung: "Keine Kinderarbeit in Steinbrüchen in Indien bestätigen Unicef & NCPCR", inklusive Kommafehler. Deutsche Importeure, gab Lithos-Mitgeschäftsführer Marcel Kop Entwarnung, bezögen ihre Ware "hauptsächlich" aus den in den Reports genannten Regionen.

Dabei hatte noch 2017 eine niederländische Menschenrechtsorganisation verheerende Zustände in der indischen Granitindustrie angeprangert. Das India Committee of the Netherlands (ICN) - inzwischen umbenannt in Advocating Rights in South Asia (Arisa) - und andere beschrieben die lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen in den Minen des Landes: Ausbeutung, Schuldknechtschaft, Kinderarbeit. Zwar sei Letztere seit mehr als zwei Jahrzehnten "deutlich" zurückgegangen. Die Feldforscher haben aber immer noch Minderjährige in 7 der 22 untersuchten Steinbrüche gefunden. Und nur ein Jahr später sollten diese Missstände verschwunden sein?

SPIEGEL plus Anmelden

Digital-Abo

Sagen, was ist.
Testen Sie das digitale Angebot und erfahren Sie, warum mehr als 400.000 Menschen den SPIEGEL abonnieren.

Jetzt abonnieren
Ihre Bezahlmöglichkeiten: Paypal Sepa Visa Mastercard ApplePay GooglePay
Jederzeit kündigen.
Weiterlesen mit SPIEGEL+

Mehr Perspektiven, mehr verstehen.

Freier Zugang zu allen Artikeln, Videos, Audioinhalten und Podcasts

  • Alle Artikel auf SPIEGEL.de frei zugänglich

  • DER SPIEGEL als E-Paper und in der App

  • DER SPIEGEL zum Anhören und der werktägliche Podcast SPIEGEL Daily

  • Nur € 19,99 pro Monat, jederzeit kündbar

Sie haben bereits ein Digital-Abonnement?

SPIEGEL+ wird über Ihren iTunes-Account abgewickelt und mit Kaufbestätigung bezahlt. 24 Stunden vor Ablauf verlängert sich das Abo automatisch um einen Monat zum Preis von zurzeit 19,99€. In den Einstellungen Ihres iTunes-Accounts können Sie das Abo jederzeit kündigen. Um SPIEGEL+ außerhalb dieser App zu nutzen, müssen Sie das Abo direkt nach dem Kauf mit einem SPIEGEL-ID-Konto verknüpfen. Mit dem Kauf akzeptieren Sie unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzerklärung.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten