Anklage beim Betrugsprozess Wirecard-Chef soll Scheingeschäfte gezielt getarnt haben

Angeklagter Ex-Wirecard-Chef Braun: Scheingeschäfte, gezielte Tricks
Foto: CHRISTOF STACHE / AFPDer frühere Wirecard-Vorstandschef Markus Braun hat nach Darstellung der Münchner Staatsanwaltschaft jahrelang bewusst verhindert, dass erfundene Geschäftsbereiche aufflogen. Er habe gemeinsam mit weiteren Verantwortlichen angebliche Zahlungsdienstleistungen für Anbieter von Pornografie und Glücksspiel an Drittpartner ausgelagert, sagte Staatsanwalt Matthias Bühring bei der Verlesung der Anklage im Strafprozess vor dem Landgericht München. Tatsächlich habe das bei Wirecard verbuchte Geschäft mit diesen »Third Party Acquirers« (TPA) nie existiert.
Treuhandkonten mit TPA-Erlösen seien fingiert worden. Die angeblichen TPA-Partner hätten dafür finanzielle Vorteile erhalten. »Mit dieser Vereinbarung legten die Bandenmitglieder das Fundament für die in den Folgejahren, jedenfalls zwischen Ende 2015 bis Mitte 2020, ersonnenen, geplanten und ausgeführten Straftaten der unrichtigen Darstellung, der Marktmanipulation, des gewerbsmäßigen Bandenbetruges und der Untreue«, sagte Bühring. Das so geschaffene Trugbild habe auch dazu gedient, Gelder aus dem Unternehmen zu schleusen. Es sei ein Schaden in Milliardenhöhe entstanden.
Interne Kontrolle ausgehebelt
Weil Pornografie und Glücksspiel als Hochrisikogeschäft eingestuft würden, habe die Bande um Braun eine Legitimation dafür gehabt, das vorgebliche Geschäft auszulagern, sagte der Staatsanwalt. Der Kontakt zu den angeblichen TPA-Partnern sei einzelnen Komplizen vorbehalten gewesen, vornehmlich dem untergetauchten Vorstandsmitglied Jan Marsalek. Damit sei es möglich gewesen, »eine effektive interne Kontrolle der tatsächlichen Vorgänge auszuschalten«. Bei derartigen Geschäften seien höhere Margen üblich. Damit habe die Wirecard-Führung die angegebenen hohen Gewinne begründen können.
Die angeblichen TPA-Partner Al Alam in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten, PayEasy auf den Philippinen und Senjo Payment in Singapur seien von Mitgliedern der Bande gesteuert worden, sagte Bühring. Der PayEasy-Chef sei tot, gegen den Senjo-Chef werde noch ermittelt. Al Alam sei faktisch vom Angeklagten Oliver Bellenhaus kontrolliert worden. Dieser habe regelmäßig Abrechnungen und Saldenbestätigungen bei Chefbuchhalter Stephan von Erffa eingereicht, der ebenfalls auf der Anklagebank sitzt. Die Zahlen habe Bellenhaus auf Wunsch der beiden anderen Angeklagten gefälscht. Dabei habe er sich an den Finanzzielen von Vorstandschef Braun orientiert und sich bei von Erffa regelmäßig rückversichert.