Bayerische Connection Wirecard offenbar in Betrug mit Corona-Hilfen verwickelt

Bayerischer Wirtschaftsminister Aiwanger: Hilfe vom Skandalkonzern
Foto: MATTHIAS BALK / AFPNach der Bundesregierung gerät nun auch die Bayerische Staatsregierung in die Kritik für ihre Nähe zum insolventen ehemaligen Dax-Konzern Wirecard. Noch in diesem Frühjahr, als sich die Verdachtsmomente gegen Wirecard bereits mehrten, ließ sich die Regierung um Ministerpräsident Markus Söder in der Coronakrise von Wirecard helfen.
Rückblickend wirkt dies wie die logische Folge einer Annäherung über die vergangenen Jahre. Schon seit 2014 ließen sich mehrere Staatsminister auf Auslandsreisen von Wirecard-Managern begleiten oder trafen sich anderweitig mit ihnen. Das letzte Treffen dieser Art fand am 20. November 2019 in der Staatskanzlei zwischen Staatskanzleiminister Florian Herrmann und dem damaligen Finanzvorstand von Wirecard, Alexander von Knoop, statt. Auch Knoops Vorgänger Burkhard Ley war mit dabei, er agierte als Berater für Wirecard. Nach Angaben der Staatsregierung handelte es sich um ein reines Kennenlerngespräch.
Minister Aiwanger schwärmte noch im Mai von Wircard
Ein paar Monate später setzte Herrmanns Kabinettskollege Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in der Coronakrise auf Wirecard. Der Wirtschaftsminister hatte Anträge von Unternehmen auf Soforthilfen des Freistaates zunächst handschriftlich stellen lassen, Wirecard sollte diese nun digitalisieren, damit sie zügiger bearbeitet werden und das Geld schneller an die Firmen fließen könnte. Vom 16. April 2020 bis zum 8. Mai 2020 digitalisierte Wirecard rund 6000 Soforthilfe-Anträge, wie aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen im Landtag hervorgeht.
Wirecard erbrachte die Leistung unentgeltlich, Minister Aiwanger schwärmte Mitte Mai, man wisse "die Unterstützung von Wirecard" sehr zu schätzen. Der Konzern hatte es zu diesem Zeitpunkt bitter nötig, etwas fürs Image zu tun, zwei Wochen zuvor hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG einen verheerenden Abschlussbericht zu einer Sonderprüfung vorgelegt, der Wirecard schwer belastete. Den bereits zuvor immer wieder erhobenen Vorwurf des Bilanzbetrugs - so ging aus dem Bericht hervor - hatten die Prüfer nicht aus der Welt räumen können.
Mittlerweile weiß man, dass die Staatsanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt bereits wegen Geldwäsche bei der Wirecard Bank ermittelte - ausgerechnet im Zusammenhang mit Corona-Soforthilfen. Die Banktochter des Konzerns soll sogenannte virtuelle IBANs an Betrüger herausgegeben haben, die sich damit offenbar unberechtigt Corona-Hilfen erschlichen oder erschleichen wollten.
Das funktioniert so: Ein Finanzdienstleister richtete ein Sammelkonto bei der Wirecard Bank ein und erhielt von ihr virtuelle IBANs, die er an meist im Ausland ansässige Kunden vergab. Diese überwiesen illegal erhaltene Corona-Hilfen auf die virtuellen Konten, von wo sie auf das Sammelkonto und weiter ins Ausland flossen. Erleichtert wurde die Geldwäsche, weil bei der Bank für virtuelle IBANs nicht die für die Kundenerkennung üblichen Daten gespeichert wurden.
Bekannt sind bisher laut Wirtschaftsministerium etwa 50 Soforthilfe-Anträge, die über virtuelle Konten der Wirecard Bank gestellt, mittlerweile dem Landeskriminalamt gemeldet und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurden. Rund 20 Fälle konnten nach Überprüfung zwischenzeitlich ausbezahlt werden, so das Ministerium. Bei den übrigen 30 Fällen laufen Ermittlungen. Zu dem Umfang der so mithilfe von Wirecard mutmaßlich erschlichenen Staatshilfen machte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage der bayerischen Grünen keine Angaben.
Für Tim Pargent, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im bayerischen Landtag, ist es "äußerst fragwürdig, warum die Söder-Regierung ihre Fehler" beim Antragsverfahren zu Corona-Hilfen "ausgerechnet von Wirecard ausbügeln ließ" - trotz der schon damals laufenden Ermittlungen. "Dass Wirecard jetzt in den Betrug mit der Soforthilfe verwickelt sein soll, hinterlässt einen zweifelhaften Eindruck vom Urteilsvermögen des zuständigen Wirtschaftsministers Aiwanger", kritisiert Pargent.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version stand fälschlicherweise, dass es am 20. November 2019 in der Staatskanzlei ein Treffen zwischen Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und dem damaligen Finanzvorstand von Wirecard, Alexander von Knoop, gegeben habe. Wir haben die Stelle korrigiert.