Verbesserte Konjunkturprognose Wirtschaftsweise rechnen mit kleinem Wachstum

Teure Einkäufe: Die Preissteigerung bremst weiter die Wirtschaft
Foto: Martin Wagner / IMAGODer Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die sogenannten Wirtschaftsweisen, hat seine aktualisierte Konjunkturprognose für die Jahre 2023 und 2024 vorgestellt. Demnach hat sich »der kurzfristige Ausblick gegenüber dem Herbst 2022 leicht verbessert«, die Lage bleibe aber angespannt.
Die hohe Inflation stelle in diesem Jahr weiterhin eine große Belastung für die Konjunktur dar. Die Sachverständigen erwarten für das laufende Jahr ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,2 Prozent und für das Jahr 2024 ein Wachstum von 1,3 Prozent: »Der inflationsbedingte Kaufkraftverlust, die schlechteren Finanzierungsbedingungen und die sich nur langsam erholende Auslandsnachfrage verhindern einen stärkeren Aufschwung in diesem und im kommenden Jahr«, sagt Monika Schnitzer, die Vorsitzende des Rates.
In ihrem Herbstgutachten waren die Wirtschaftsweisen für 2023 von einem Abschwung um 0,2 Prozent und einem Preisanstieg von 7,4 Prozent ausgegangen. Zur Finanzierung von Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger schlugen sie einen zeitlich befristeten höheren Spitzensteuersatz vor.
Die Inflation habe ihren Hochpunkt vom Herbst 2022 überschritten, schreiben die Sachverständigen nun. Sie sei aber immer noch deutlich erhöht und dürfte nur langsam zurückgehen. Im Jahresdurchschnitt rechnet man mit einer Inflationsrate von 6,6 Prozent. Die britische Statistikbehörde ONS meldet diesen Mittwoch, dass in Großbritannien die Inflation nach mehreren Monaten mit fallenden Werten wieder anzieht. (Die ganze Meldung dazu finden Sie hier.)
Inflation von drei Prozent im kommenden Jahr
»Die gestiegenen Erzeugerpreise und die zu erwartenden Lohnsteigerungen dürften die Verbraucherpreisinflation noch bis ins kommende Jahr hinein hoch halten«, sagt der Wirtschaftsweise Martin Werding. Erst im Jahr 2024 dürfte die Teuerungsrate demnach merklich auf 3,0 Prozent zurückgehen.
In den Monaten seit Jahresbeginn hatten sich die Aussichten wieder leicht aufgehellt. Allerdings besteht in der Finanzwelt seit der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) große Verunsicherung. Weil sich in der Folge die Krise bei der Schweizer Großbank Credit Suisse Ende voriger Woche sehr schnell verschärft hatte, wurden plötzlich Rettungsmaßnahmen nötig, auf Druck der Finanzaufsicht übernimmt die größere UBS die Credit Suisse. (Mehr zu der Notübernahme der Schweizer Banken lesen Sie hier.) Viele fragen sich nun, ob damit das Bankenbeben ausgestanden ist oder ob noch weitere Krisenbanken das Finanzsystem herausfordern. Spätestens dann müsste man mit deutlichen Auswirkungen auf die übrige Wirtschaft rechnen.
In diesem Punkt jedoch geben sich die Sachverständigen gelassen. Anders als in der Finanzkrise von 2008 basierten die Schwierigkeiten einzelner Banken nicht auf weitgehend wertlosen Finanzprodukten. Zwar seien die schnell gestiegenen Zinsen für das Finanzsystem eine Herausforderung, aber: »Die Banken haben bis auf sehr wenige Ausnahmen ein gut funktionierendes Liquiditätsmanagement und können steigende Zinsen gut verkraften.«
Probleme beim Wohnungsbau
Ähnlich sieht es Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Aus seiner Sicht wird eine andere Problemzone der deutschen Wirtschaft vom Sachverständigenrat nicht ausreichend gewürdigt: »Aufgrund der massiv gestiegenen Immobilienzinsen ist mit einem deutlich stärkeren Rückgang der Bauaktivität zu rechnen als vom Rat angenommen«, sagt er. »Insbesondere der Wohnungsbau dürfte 2023 deutlich schrumpfen.«
Bei der Inflation kommt das IMK auf eine bessere Prognose als die Wirtschaftsweisen. »Wir rechnen damit, dass die Inflation ab März deutlich fällt und im Jahresschnitt 2023 deutlich unter sechs Prozent liegen wird«, sagt Dullien.