Draghi, Yellen und Co. Die mächtigsten Notenbanker der Welt
Hamburg - Wenn Mario Draghi an diesem Donnerstag mit seinen Kollegen im EZB-Rat zusammensitzt, um über die Geldpolitik zu beraten, hat er ähnliche Probleme wie die anderen mächtigen Notenbanker in der Welt. Die Inflation ist zu niedrig, die Wirtschaft wächst zwar, aber nicht schnell genug - und irgendwann muss man ja auch noch das ganze Geld zurückholen, das die Notenbanken in den vergangenen Jahre in die Märkte gepumpt haben.
Beim Versuch, diese Probleme zu lösen, wird es in den kommenden Monaten und Jahren vor allem auf einige wenige Leute an den Spitzen der großen Notenbanken ankommen. Wer sind die Menschen, die die Geschicke der großen Volkswirtschaften bestimmen?
Janet Yellen: Die mächtigste Frau der Finanzwelt

Künftige Präsidentin der Federal Reserve: Janet Yellen
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Die Tochter eines Arztes aus Brooklyn wird im Februar die erste Frau an der Spitze einer großen Notenbank. Das Fundament dafür hat sie mit einer geradlinigen akademischen Karriere an Ivy-League-Universitäten gelegt: Brown, Yale, Harvard. Ihr Doktorvater war die keynesianische Legende James Tobin.
Karriere:
Zum ersten Mal kam die Ökonomin 1977, in einer Zeit steigender Inflationsraten, als Forscherin zur Notenbank Federal Reserve. Dort lernte sie ihren späteren Mann kennen: George Akerlof. Mit ihm ging sie zur London School of Economics, dann zur Universität Berkeley nach Kalifornien. Beide forschten intensiv über Arbeitslosigkeit und Marktversagen. Eine ihrer gemeinsamen Studien sagte harte Folgen der Währungsunion von Ost- mit Westdeutschland voraus. Akerlof wurde 2001 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. Trotz seiner Berühmtheit richtete sich das Paar auch nach ihrer Karriere, die abermals zur Fed und in den Wirtschaftsrat von Präsident Bill Clinton führte.
Ihr Verhältnis zum Geld:
Seit 2004 war Janet Yellen als Notenbankchefin von San Francisco innerhalb der Fed so etwas wie die inoffizielle Sprecherin der geldpolitischen "Tauben", die eine niedrigere Arbeitslosigkeit für wichtiger halten als niedrige Inflation. 2010 machte Präsident Barack Obama sie zur Stellvertreterin von Fed-Präsident Ben Bernanke. Dessen Nachfolge wollte er trotzdem lieber seinem Vertrauten Larry Summers antragen, der aber nach öffentlichem Gegenwind zurückzog. Yellen gilt nicht nur als sympathischer und teamfähiger, sie bringt auch die größere geldpolitische Expertise mit. Ebenfalls aktuell von Vorteil: Yellen fehlt jede Nähe zur Wall Street.
Mario Draghi: Ein Ex-Goldman rettet den Euro

Präsident der Europäischen Zentralbank: Mario Draghi
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1947 wurde Mario Draghi in Rom als Sohn eines hohen Zentralbankbeamten und einer Apothekerin geboren. Nach dem frühen Tod der Eltern - sein Vater starb, als er gerade einmal 15 war - übernahm Draghi schnell Verantwortung: Er kümmerte sich um die jüngeren Geschwister.
Karriere:
Mit späteren Wirtschaftsgrößen wie Luca Cordero di Montezemolo (Fiat , Ferrari), besuchte der Italiener die exklusive römische Jesuitenschule Massimiliano Massimo, wo er als Klassenprimus für seine Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit bekannt war. Nach dem Ökonomiestudium in Rom und einem Aufenthalt am MIT (Massachusetts Institute of Technology) promovierte er und lehrte danach an verschiedenen italienischen Universitäten, bevor der Vater zweier Kinder 1984 zur Weltbank wechselte. Nach einem Intermezzo bei der Investmentbank Goldman Sachs in London wurde Draghi auf Vorschlag der Berlusconi-Regierung schließlich Chef der italienischen Zentralbank, wo er früh auf die Probleme des italienischen Staatshaushalts hinwies. Im November 2011 beerbte er nach dem Rückzug des deutschen Kandidaten Axel Weber schließlich Jean-Claude Trichet als EZB-Chef.
Sein Verhältnis zum Geld:
Seine Maxime hat er im Sommer 2012 festgelegt: Er werde "alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten", kündigte er in London an. Kurz darauf stellte er ein Programm zum unbegrenzten Aufkauf von Staatsanleihen vor, das vor allem seine Kritiker aus Deutschland in Rage brachte, weil es nach verdeckter Staatsfinanzierung klingt. Draghis Hobbies: Bergsteigen, Golfen.
Mark Carney: Der Tabubrecher

Gouverneur der Bank von England: Mark Carney
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Der Kanadier Mark Carney ist der erste Ausländer an der Spitze der Bank of England - allerdings auch Untertan Ihrer Majestät. Er wurde als Kind eines Schuldirektors und einer Lehrerin in der Kleinstadt Fort Smith in der kanadischen Provinz geboren. In seinen jungen Jahren zog die Familie dann in die Großstadt Edmonton, wo Carney auch die Highschool besuchte.
Karriere:
Nach dem Ökonomiestudium in Harvard ging Carney, ähnlich wie Mario Draghi, zu Goldman Sachs . Für die Investmentbank war er bis 2003 auf mehreren Kontinenten tätig. Nach verschiedenen Jobs für das kanadische Wirtschaftsministerium und die Zentralbank wurde das "Financial Wunderkind", wie ihn eine kanadische Zeitung titulierte, 2008 mit gerade mal 43 Jahren jüngster Chef der Bank of Canada. Sein Markenzeichen: Scharfe, deutliche Worte. Das Ergebnis: Den hart regulierten kanadischen Banken konnte die Finanzkrise wenig anhaben. 2013 warb ihn dann Großbritanniens Schatzkanzler George Osborne ab.
Sein Verhältnis zum Geld:
Kaum im Job, sorgte Carney mit der für ihn typischen Deutlichkeit für Furore: Er schloss nicht aus, dass eine Zentralbank ihr Inflationsziel aufgeben und ihre Geldpolitik stattdessen an einem nominalen Wachstumsziel orientieren könne.
Haruhiko Kuroda: Kämpfer gegen die Deflation

Gouverneur der Bank von Japan: Haruhiko Kuroda
Foto: DPAHerkunft: Geboren 1944 in Fukoka, dem Hauptort der südlichsten der japanischen Hauptinseln, Kyushu, gehört Bank-of-Japan-Chef Haruhiko Kuroda mit 69 Jahren zu den Älteren im Zentralbankgeschäft.
Karriere: 1967 machte Kurodo einen Abschluss in Rechtswissenschaften und trat in die Dienste des japanischen Finanzministeriums ein. Später hängte er noch ein Studium der Wirtschaftsphilosophie dran. Von 1997 bis 2003 entwickelte er als Vize-Finanzminister eine Hilfsstrategie für die im Zuge der Asien-Krise in Bedrängnis geratenen Nachbarn. 2005 wurde er Präsident der Asiatischen Entwicklungsbank. Im März 2013 trat er schließlich das Spitzenamt der Bank of Japan an. Sein Vertrag läuft bis 2018.
Sein Verhältnis zum Geld: Der als Feingeist und als Bücherwurm bekannte Kuroda gilt als Verfechter einer aggressiven Geldpolitik. Das Ziel, das er bei seiner Wiederernennung durch Präsident Shinzo Abe ausgab, war denn an Deutlichkeit auch kaum zu überbieten. Höchstens zwei Jahre will er brauchen, um das Inflationsziel von zwei Prozent zu erreichen. Dass er bei der Weltrettung das große Ganze im Blick behält, hat der "Währungskrieger" bereits bewiesen: Auf dem Höhepunkt der Asienkrise soll ihn ein Mitarbeiter des Finanzministeriums einmal vertieft in einen Philosophieschmöker von Aristoteles gefunden haben.