

Archäologie Schatz im Garten
Liebe Leserin, lieber Leser,
vor einigen Wochen griff ein Familienvater aus Nordgermersleben bei Magdeburg zum Spaten, um eine Grube für einen Swimmingpool auszuheben. Etwa 30 Zentimeter unter der Oberfläche stieß er auf Bruchstücke eines Schwerts, eine Lanzenspitze und einen Schädel. Mittlerweile konnten die Entdeckungen als etwa 3200 Jahre alte Überreste eines Bronzezeitkriegers identifiziert werden.
»Eine herausragende Entdeckung«, schwärmt Susanne Friederich vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Die Archäologin registriert derzeit »ungewöhnlich viele Fälle« dieser Art. Ein Mann in Halle an der Saale etwa legte beim Bau einer Kinderschaukel in seinem Garten eine prächtige Gewandnadel aus dem 10. Jahrhundert frei.
Friederich hält die Gartenfunde, die derzeit vermehrt gemeldet werden, für eine Art Nebenwirkung der Corona-Pandemie. Weil es keine Garantie auf Urlaub in der Ferne gebe, machten viele Privatpersonen ihre Grünanlagen attraktiver. Beim Graben und Werkeln stießen sie dann auf Dinge, die schon viele Jahrhunderte oder gar Jahrtausende im Erdreich ihres Grundstücks verborgen waren.
Die Archäologie als Profiteur der Pandemie
Wie viele Gartenfunde in den vergangenen Monaten gemacht wurden, ist in den zuständigen deutschen Denkmalschutzbehörden nicht gesondert erfasst worden. Aussagekräftige Zahlen gibt es aus Großbritannien, die die Archäologie als Profiteur der Pandemie erscheinen lassen: Das British Museum gab bekannt, dass im vorigen Jahr etwa 47.000 Objekte bei den Behörden gemeldet worden seien, darunter 6000 Gartenfunde allein im ersten Lockdown. Das sei wohl in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die zahlreichen Hobbyarchäologen und Sondengänger, die es im Land gibt, aus lauter Not verstärkt hinterm eigenen Haus nach Schätzen gesucht hätten.

Gartenarbeit
Foto: Zbynek Pospisil / iStockphoto / Getty ImagesIch bin gespannt, welche Entdeckungen Deutschlands Hobbygärtner und Eigenheimbesitzer in den kommen Wochen noch machen werden. Speziell von den Menschen in Sachsen-Anhalt, dem Land der Himmelsscheibe von Nebra, erwarte ich noch einiges. Die dortigen Schwarzerdeböden bieten besonders gute Erhaltungsbedingungen für Knochen und andere Andenken aus der Vergangenheit, außerdem waren einige Regionen des Landes schon vor weit über 3000 Jahren relativ dicht besiedelt, weil das Getreide dort so gut gedieh.
Wer sich einen Überblick verschaffen will, was im Archäologen-Paradies Sachsen-Anhalt noch alles im Boden stecken könnte, sollte sich unbedingt der neuen Filmreihe des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle widmen. Museumsleiter Harald Meller erklärt die wichtigsten Fundstücke – und tröstet ein wenig darüber hinweg, dass Deutschlands Ausstellungshäuser derzeit alle geschlossen sind. Außerdem macht er Lust darauf, selbst mal zur Schaufel zu greifen. Könnte ja sein, dass direkt unterm Blumenbeet eine zweite Himmelscheibe liegt.
Bleiben Sie gesund!
Ihr Guido Kleinhubbert
Abstract
Meine Leseempfehlungen dieser Woche:
Joggen mit Maske? Ich bin weder Virologe noch Epidemiologe, dafür aber passionierter Läufer. Als solcher finde ich die nun in Hamburg erlassene Vorschrift, an manchen Orten auch beim Joggen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, gelinde gesagt grauenhaft. Meine Kollegen Christoph Seidler und Detlef Hacke wagen sich an ein Urteil, wie sinnvoll die Maske im Park ist – und was man beachten muss.
Was treibt eigentlich die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, kurz BAM? Die Behörde, die in diesen Tagen ihren 150. Geburtstag feiert, ist weitgehend unbekannt, hat aber viele spannende Projekte und Geschichten zu bieten. Wer sich überzeugen will, sollte unbedingt einen Blick in den aufwendig produzierten BAM-Report werfen, der als PDF heruntergeladen werden kann.
Eine der schillerndsten Gestalten der Literaturgeschichte war der britische Dichter Lord Byron. Mein Kollege Andreas Wassermann erzählt von Byrons aufregendem Leben. Unter anderem tat der charismatische Adelige etwas, für das ich ihm persönlich ewig dankbar sein werde: Er animierte Mary Shelley, Frankenstein zu schreiben, eines der besten Bücher aller Zeiten.
»Jede Jeck is anders« ist ein rheinisches Sprichwort – und lässt sich auch auf Dinosaurier übertragen, haben Wissenschaftler der Universität Bonn nun herausgefunden. Sie untersuchten etliche Schädel des Plateosaurus und stießen dabei auf erstaunliche Unterschiede.
Geschichtsinteressierte Menschen wie ich sollten unbedingt regelmäßig auf der Internetseite Sehepunkte vorbeischauen. Nirgendwo sonst gibt es so viele fundierte und kostenlose Rezensionen von Sachbüchern wie dort.
Quiz*
1. Wie wirkte sich 1984 die Einführung der bußgeldbewehrten Gurtpflicht für Autofahrer auf die Zahl der Verkehrstoten aus?
a) Die Zahl der Getöteten sank um etwa 1400
b) Die Zahl stieg wider Erwarten leicht an
c) Die Zahl sank um knapp 200 auf gut 10.000
2. Im März verlässt die Pfuhlschnepfe ihr Winterquartier Neuseeland und macht sich auf den Weg nach Skandinavien und in andere Gebiete. Wie weit kann sie ohne Pause fliegen?
a) Etwa 4000 Kilometer
b) Etwa 6000 Kilometer
c) Bis zu 12.000 Kilometer
3. Laut Tierschutz und zuständigen Behörden leben...
a) etwa zwei Millionen Katzen auf Deutschlands Straßen
b) mehr als 150.000 streunende Hunde allein in Istanbul
c) etwa 1500 herrenlose Halsbandsittiche in Düsseldorf
*Die Antworten finden Sie ganz unten im Newsletter.
Bild der Woche

North Rift am 26. Februar
Foto:British Antarctic Survey / Reuters
Ein tiefer Riss im antarktischen Brunt-Schelfeis hat sich in den vergangenen Wochen mit einer Geschwindigkeit von bis zu einem Kilometer pro Tag Richtung Norden gefressen. Als Folge davon brach von dem 150 Meter dicken Eispanzer jetzt eine riesige Platte ab, die etwa so groß wie die Megastadt Los Angeles ist. Wie Forscher vom British Antarctic Survey mitteilten, gebe es keine Hinweise darauf, dass der Klimawandel beim Abbruch eine signifikante Rolle spielte. Tatsächlich ist das Abbrechen von Eismassen in der Antarktis ein normaler Vorgang.
Fußnote
Tausend Jahre jünger als vermutet könnte der angeblich älteste Baum Deutschlands sein. Bei dem hölzernen Greis handelt es sich um eine Sommerlinde im hessischen Schenklengsfeld, die laut Gemeinde mindestens 1200 Jahre alt sein soll. Der Forstbotaniker Andreas Roloff von der TU Dresden hält die bisherige Schätzung aber für »äußerst unrealistisch«. Bei den vier Einzelstämmen der Linde handle es sich um etwa 200 Jahre alte »Wiederaustriebe« des längst eingegangenen ursprünglichen Baums.
Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels hieß es, die Pfuhlschnepfe könne 120.000 Kilometer, ohne Rast einzulegen, fliegen. Tatsächlich sind es aber (immer noch beeindruckende) 12.000 Kilometer.
Empfehlungen aus der Wissenschaft
Mobilität: Mehr Elektroautos, aber zu wenig Ladesäulen – wie der Staat jetzt für den Ausbau der Stromtankstellen sorgen muss
Unfallforschung: Tödlicher Meeresschaum – warum fünf Surfer in der Nordsee ertranken
Pandemie: Interview mit dem Mediziner Christian Karagiannidis über die Lage auf den Intensivstationen und die Risiken zu früher Öffnungen
Corona: Die besonderen Schwierigkeiten von Familien mit behinderten Kindern
*Quizantworten
1a) Die Zahl sank um etwa 1400 und damit stärker als jemals zuvor.
2c) Die Pfuhlschnepfe kann mehr als eine Woche lang ununterbrochen mit einer Geschwindigkeit von etwa 70 Kilometern pro Stunde fliegen; erst dann macht sie Pause.
3) Alle Antworten sind richtig.
Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels hieß es, die Pfuhlschnepfe könne 120.000 Kilometer, ohne Rast einzulegen, fliegen. Tatsächlich sind es aber (immer noch beeindruckende) 12.000 Kilometer.