Coronaimpfung für Fünf- bis Elfjährige Stiko erwartet Welle des politischen Drucks

Wird die Ständige Impfkommission eine Impfung von Fünf- bis Elfjährigen empfehlen? Der Chef des Gremiums sagt schon jetzt: Die Entscheidung wird noch schwieriger als bei älteren Kindern und Jugendlichen.
Kinderarzt beim Impfen einer Jugendlichen

Kinderarzt beim Impfen einer Jugendlichen

Foto: Fabian Sommer / dpa

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat lange abgewogen, bevor sie die Coronaimpfung für alle Kinder und Jugendlichen ab zwölf Jahren empfohlen hat. Falls der Impfstoff von Biontech und Pfizer in der EU für Kinder zwischen fünf und elf Jahren zugelassen wird, könnte die nächste Entscheidung für das Gremium anstehen.

Eine mögliche Impfempfehlung für diese Altersgruppe ist aus Sicht der Stiko allerdings noch schwieriger als die für 12- bis 17-Jährige. Kein Kind unter 17 sei in Deutschland ausschließlich an Covid-19 gestorben, sagte der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens der »Stuttgarter Zeitung« und den »Stuttgarter Nachrichten« am Donnerstag. Weil die Krankheitslast bei den 12- bis 17-Jährigen so gering gewesen sei, sei die Entscheidung zur Impfung in der Nutzen-Schaden-Abwägung so schwierig gewesen. »Bei den Jüngeren wird das noch schwieriger sein«, so Mertens.

Wenn sich die Zulassungsstudie von Biontech auf 3000 Kinder beziehe, dann tauchten auf dieser Datenbasis seltene Nebenwirkungen wie Herzmuskelentzündungen wahrscheinlich gar nicht auf, sagte Mertens. Der Stiko-Chef erwartet zugleich erneut eine »Welle des politischen Drucks« mit Blick auf die Impfung jüngerer Kinder. »Druck ist in dem Zusammenhang aber schlecht. Ganz besonders auch, weil die Kinder herhalten sollen, um die Impfmüdigkeit der 18- bis 59-Jährigen auszugleichen«, sagte er den Zeitungen. »Das ist absurd.«

Bislang gibt es in Deutschland noch keinen Coronaimpfstoff, der für Kinder zwischen fünf und elf Jahren zugelassen ist. Der Hersteller Biontech hatte vor Kurzem angekündigt, in den kommenden Wochen die Zulassung seines Coronaimpfstoffs für Kinder in dem Alter zu beantragen.

Die Stiko gibt als wissenschaftliches Gremium aufgrund von Studien Empfehlungen zum Einsatz zugelassener Impfstoffe. Fehlen belastbare Zahlen, bleibt die Stiko vorsichtig. Die Impfung für 12- bis 17-Jährige hatte die Stiko zunächst auch nicht für die gesamte Altersgruppe empfohlen, sondern nur in bestimmten Fällen.

Wichtig, aus dem rechtlichen Graubereich herauszukommen

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Jörg Dötsch, sagt, er hoffe grundsätzlich, dass die bislang erhobenen Daten genug Sicherheit für eine Zulassung des Impfstoffs für unter 12-Jährige böten. Oft erlebe er, dass besorgte Eltern ihre Kinder ohne entsprechende Zulassung impfen lassen wollten. »Deswegen ist das für alle, auch für Eltern und für Ärzte wichtig, damit man aus diesem rechtlichen Graubereich herauskommt.«

Dötsch betonte aber: »Wir sind es den Kindern schuldig, dass wir nicht auf die Expertenkommission Druck ausüben, der dann dazu führt, dass vielleicht eine frühzeitige Entscheidung fällt, die nicht im Sinne jedes einzelnen Kindes ist.« Der Stiko als erprobtem und sehr erfahrenem Gremium müsse die notwendige Zeit eingeräumt werden, eine Empfehlung gründlich zu prüfen – und diese Sorgfalt dürfe nicht durch politischen Druck infrage gestellt werden, mahnte Dötsch.

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»Wir sollten und dürfen die Kinder nicht impfen, um andere Menschen zu schützen, die sich selber zum Beispiel durch Impfung schützen können«, betonte der Experte. Am Ende müsse eine Entscheidung getroffen werden, die so gut abgewogen sei, »dass auch ein individueller Nutzen für das Kind, das geimpft wird, sichtbar wird«.

Generell hat sich das Impftempo in den vergangenen Monaten deutlich verlangsamt. Laut Robert Koch-Institut (RKI) sind insgesamt inzwischen 53,6 Millionen Menschen oder 64,4 Prozent der Bevölkerung in Deutschland vollständig geimpft. Mindestens einmal geimpft sind 56,5 Millionen Menschen oder 68 Prozent aller Einwohner.

wbr/dpa
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