»Doomsday Clock«: Atomkriege, Klimawandel und Fake News sind laut den Forschern die größten Bedrohungen
Foto: Thomas Gaulkin / Bulletin of the Atomic ScientistsFührende Wissenschaftler haben die Zeiger der sogenannten »Weltuntergangsuhr« in diesem Jahr symbolisch auf 100 Sekunden vor Mitternacht stehen gelassen. »Die Pandemie hat gezeigt, wie unvorbereitet und unwillig die Länder der Welt und das internationale System sind, wenn es darum geht, globale Notfälle richtig anzupacken«, sagte Rachel Bronson, Präsidentin des »Bulletin of Atomic Scientists«.
2018 und 2019 hatte die Uhr jeweils zwei Minuten vor 12 angezeigt. 2020 hatten die Wissenschaftler die Uhr erstmals symbolisch auf 100 Sekunden vor Mitternacht vorgestellt.
Die Gefahr, dass sich die Menschheit durch einen Atomkrieg oder Klimawandel selbst auslösche, sei so groß wie seit Erfindung der Uhr im Jahr 1947 nicht, hatte es zur Begründung geheißen. Deswegen müsse nun in Sekunden – und nicht mehr in Stunden oder Minuten – dargestellt werden, wie nahe die Welt an einer Katastrophe sei.
Als besonders gefährliche Faktoren sehen die Wissenschaftler neben der Coronaviruspandemie vor allem die Möglichkeit eines Atomkrieges, den Klimawandel und digitale Falschinformationen an.
Die »Weltuntergangsuhr« soll Gefahren für die Erde und den Fortbestand der Menschheit visualisieren. Je nachdem, ob laut Meinung ihrer Macher die globalen Gefahren zu- oder abnehmen, wird die Uhr vor- oder zurückgestellt. Am weitesten entfernt von ihrer Selbstzerstörung war die Welt in den vergangenen Jahrzehnten demnach 1991, also kurz nach Ende des Kalten Krieges. Damals zeigte die Uhr 17 Minuten vor zwölf an.
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Wie lange wird es die Menschheit noch geben? Die Global Challenges Foundation, eine private Stiftung aus Schweden, hat die Risiken analysiert, die uns bedrohen. Herausgekommen ist eine Liste von zwölf Untergangsszenarien. Der erste Punkt ist der Klimawandel. Bei einem Anstieg der Temperaturen um vier Grad oder mehr drohen Dürren, Hunger und soziale Unruhen in besonders stark betroffenen Regionen. Der Klimawandel »könnte globale Konflikte verursachen und womöglich die Menschheit kollabieren lassen«, heißt es im Bericht der Stiftung.
Atombombentest über dem Bikini Atoll (Archivbild): Auch wenn die Gefahr seit dem Zusammenbruch des Ostblocks gesunken ist, nach wie vor ist ein Atomkrieg nicht ausgeschlossen. Wie schnell sich die Sicherheitslage verändern kann, hat zuletzt auch der Ukraine-Konflikt gezeigt.
Ebola-Opfer in Sierra Leone (Archivbild): Eine Pandemie ist nach Einschätzung der Forscher eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die Menschheit. Viren beispielsweise verändern sich sehr schnell und könnten sich zu einem globalen Killer entwickeln. Wegen der hohen Mobilität von Menschen in der heutigen Zeit würden sich gefährliche Erreger binnen kurzer Zeit über die gesamte Erde ausbreiten.
Ökologische Katastrophe: Das einst gefürchtete Waldsterben hat zum Glück so nicht stattgefunden. Doch der Mensch greift immer stärker in Ökosysteme ein – Artensterben und das Einschleppen fremder Arten sind die Folge. Wie gut die Menschheit leben könne, wenn das Gleichgewicht der Natur stark gestört sei, müsse man noch genauer untersuchen, schreiben die Forscher.
Globaler Systemzusammenbruch: Wie instabil Finanzmärkte sind, wissen wir nicht erst seit dem Crash der US-Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008. Das Foto zeigt hektisches Treiben an der Aktienbörse in Frankfurt am 20.10.1987. Dieser Tag war als »Schwarzer Montag« in die Finanzgeschichte eingegangen. Weil Unternehmen, Banken, Staaten immer enger miteinander verflochten sind, ist das Risiko eines weltweiten Kollapses nach Einschätzung der Wissenschaftler immer größer geworden.
Asteroideneinschlag (künstlerische Darstellung): Ein Gesteinsbrocken aus dem All gilt als Klassiker des Weltuntergangs. Er fehlt auch nicht im Bericht der Global Challenges Foundation. Die gefürchtete Bombe aus dem All hat es vor 65 Millionen Jahren schon einmal gegeben. Sie löschte damals zwei Drittel allen Lebens auf der Erde aus und beendete die Ära der Dinosaurier.
Supervulkan (Zeichnung): Wenn ein Berg mehr als tausend Kubikkilometer Material ausstößt, sprechen Geoforscher von einem Supervulkan. Die Asche eines solchen Ausbruchs würde die Atmosphäre verdunkeln und die Temperaturen weltweit drastisch sinken lassen. Den Ausbruch des Toba auf Sumatra vor 70.000 Jahren überlebten nur wenige Tausend unserer Vorfahren. Eine ähnliche Eruption heute könnte Millionen oder gar Milliarden Menschen bedrohen.
Hochsicherheitslabor in Marburg (Archivbild): Der Killer aus dem Labor ängstigt Wissenschaftler schon länger. Deshalb gilt die synthetische Biologie auch als große Gefahr für die Erde. Genetisch veränderte Bakterien oder Viren, die durch einen Unfall oder absichtlich freigesetzt werden, wären nicht nur ein Risiko für den Menschen, sondern auch für Tiere und Pflanzen.
Nanoröhrchen (Archivbild): Mit Nanotechnologie sei vieles möglich, warnen die Wissenschaftler. Ein Szenario sind sogenannte Nanobots, kleine Maschinen, die Jagd auf alles machen, was lebt. Denkbar sei auch, dass Nanotechnologie die Produktion konventioneller oder neuartiger Waffen erleichtert und dafür benutzt werde, heißt es.
Roboterhund auf der International Tokyo Toy Show 2014: Computer und Roboter dringen immer weiter in den Alltag unserer Gesellschaft ein. »Extreme Intelligenz ist nicht leicht unter Kontrolle zu halten«, schreiben die Forscher der Global Challenges Foundation. Daher gelte Künstliche Intelligenz als großes Risiko.
Unbekannte Gefahren: Die Zukunft kann man nicht vorhersagen – und daher ist es auch schwierig, Prognosen über das Ende der Menschheit zu wagen. Denn wer weiß schon, welche neuen, potenziell gefährlichen Technologien künftig noch erfunden werden? Dem sind sich die Autoren des Berichts bewusst und nennen eine der zwölf Gefahren folgerichtig »Unbekannte Folgen«.
Von Kämpfen zerstörtes Damaskus im Januar 2015: Man kann es derzeit in Syrien beobachten – aber auch in mehreren Ländern Afrikas. Wo früher eine Staatsmacht agierte, herrschen heute Separatisten, Warlords, religiöse Extremisten. Die öffentliche Ordnung bricht zusammen, das Überleben der Menschen ist nicht mehr gesichert. Ausdrücklich warnt der Katastrophenbericht auch vor den Gefahren eines globalen Totalitarismus.
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