Vor Afrikas Südostküste Dürre in Madagaskar nicht direkt auf Klimawandel zurückzuführen

1,3 Millionen Menschen hungern auf Madagaskar. Für das Welternährungsprogramm sind die Ernteausfälle eine Folge der Klimakrise. Wissenschaftler widersprechen.
Ein Kiosk, der kleine Mengen Wasser verkauft

Ein Kiosk, der kleine Mengen Wasser verkauft

Foto: Alice Rahmoun / picture alliance/dpa/WFP/AP

Die Menschen auf Madagaskar leiden unter der schlimmsten Dürre seit 30 Jahren. In einigen Regionen des Inselstaats vor der afrikanischen Westküste hat es seit mehreren Jahren nicht mehr geregnet – viele Felder sind ausgetrocknet. Die Dürre hat zu Ernteausfällen geführt und diese zu einer Ernährungskrise. 1,3 Millionen Menschen haben aktuell zu wenig zu essen, schätzt das Welternährungsprogramm.

Nachdem die Uno-Organisation und auch die Regierung Madagaskar zum »ersten Land der Welt« erklärten, in dem infolge der Klimakrise Menschen hungerten, kritisieren Wissenschaftler nun diese pauschale Festlegung. Eine Studie dazu hat das Wissenschaftlernetzwerk World Weather Attribution (WWA) veröffentlicht, das Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Extremwetter untersucht.

Demnach spiele der Klimawandel höchstens eine geringe Rolle bei der aktuellen Hungersnot. Das Ausbleiben von Regenfällen habe auf Madagaskar bislang »aufgrund des vom Menschen verursachten Klimawandels nicht signifikant zugenommen«. Laut der Studie fielen in den Regenzeiten 2019/20 und 2020/21 im Süden Madagaskars 60 Prozent der normalen Regenmenge. Das sei noch auf natürliche klimatische Schwankungen zurückzuführen.

Eine Frau reinigt Wäsche an einem ausgegrabenem Wasserloch

Eine Frau reinigt Wäsche an einem ausgegrabenem Wasserloch

Foto: Alice Rahmoun / picture alliance/dpa/WFP/AP

Im November hatte der madagassische Präsident Andry Rajoelina gesagt: »Meine Landsleute zahlen den Preis für eine Klimakrise, die sie nicht verursacht haben.« Der WWA-Bericht sieht aber eher die Armut im Land und die schlechte Infrastruktur als Hauptursache für die Hungerkrise. So sei die Abhängigkeit vom Regen zur landwirtschaftlichen Bewässerung hoch.

Nicht jedes Extremwetter hängt direkt mit Klimawandel zusammen

Die Studienergebnisse decken sich mit einem Bericht des Weltklimarats IPCC vom August. Demnach soll sich die globale Erwärmung voraussichtlich erst bei einem Anstieg von zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit auf das Ausmaß der Dürren in Madagaskar auswirken. Gegenwärtig liegt der Anstieg bei etwa 1,1 Grad.

Die WWA-Ergebnisse stimmten weitgehend mit früheren Studien überein, sagte die deutsche Klimaforscherin Friederike Otto von der Universität Oxford. Sie sei eher überrascht gewesen, dass die Uno die Hungersnot in Madagaskar so eindeutig als durch den Klimawandel verursacht bezeichnet habe.

Sie betonte, dass Extremereignisse immer eine Kombination von Dingen seien. Es dürfe nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass alle extremen Klimaereignisse mit dem Klimawandel zusammenhängen.

Der Direktor des Klimazentrums des Internationalen Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds, Maarten van Aalst, sagte, die Ereignisse in Madagaskar zeigten, dass »wir in vielen Fällen nicht einmal auf das heutige Klima vorbereitet sind«. Es sei »entscheidend«, die Anfälligkeit der Landwirtschaft für Dürre zu verringern und die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern.

fww/AFP
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