Europäische Chemikalienverordnung EU-Kommission verzögert schärferen Umweltschutz

Die Verordnung für umwelt- und gesundheitsschädliche Stoffe der EU soll angepasst werden. Doch die Kommission lässt sich Zeit mit einem Vorschlag – so viel Zeit, dass das Vorhaben vorerst scheitern könnte.
Ursula von der Leyen im EU-Parlament: Die Verordnung könnte aus ihrer Legislaturperiode fallen

Ursula von der Leyen im EU-Parlament: Die Verordnung könnte aus ihrer Legislaturperiode fallen

Foto: Philipp von Ditfurth / dpa

Im Rahmen des Green Deals will die Europäische Union verhindern, dass gefährliche Schadstoffe in die Umwelt gelangen. Doch nun verzögert sich die Umsetzung einer Verordnung für Chemikalien so sehr, dass sie in dieser Legislaturperiode wohl nicht mehr abgeschlossen werden wird. Das geht aus einem Planungsdokument der EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen hervor. Zunächst hatte die französische Zeitung »Le Monde« berichtet .

Die sogenannte REACH-Verordnung für umwelt- und gesundheitsschädliche Stoffe trat bereits 2007 in Kraft. Sie dient der Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe – darunter fallen etwa bestimmte Tattoo-Farben oder alltägliche Dinge wie Reinigungsmittel. Zur Aktualisierung der Verordnung sollte die EU-Kommission bis Ende 2022 einen Vorschlag vorlegen. Nun ist die »gezielte Überarbeitung« von REACH für das vierte Quartal 2023 angesetzt.

»Nach Konsultationen mit den wichtigsten Interessengruppen werden wir eine gezielte Überarbeitung der Rechtsvorschriften zur Registrierung, Bewertung und Zulassung chemischer Stoffe (REACH) vorschlagen«, heißt es in dem EU-Papier mit Blick auf das Vorhaben für Ende 2023. Ziel sei es, die Entwicklung nachhaltiger Chemikalien zu fördern, den Regelungsprozess zu vereinfachen sowie den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt zu erreichen.

Kritik von Umweltschutzorganisation

Die nächsten Wahlen für das EU-Parlament finden im Frühjahr 2024 statt. Wahrscheinlich wird also die neue Versammlung über den bis Ende 2023 erarbeiteten Vorschlag der EU-Kommissionen abstimmen. Inwieweit das dann in der vorherigen Legislaturperiode erarbeitet Konzept dort auf Zustimmung stoßen wird, ist fraglich.

Verbände kritisieren den Aufschub. Mit der Verschiebung der REACH-Revision stelle die EU-Kommission die Interessen der Industrie vor den Umwelt- und Gesundheitsschutz, schreibt der BUND in einer Mitteilung . Zudem nehme die EU-Kommission die zunehmende Belastung von Umwelt und Gesundheit durch schädliche Chemikalien in Kauf. Der BUND fordert, am aktuellen Zeitplan festzuhalten und den Schutz vor Chemikalien zu verbessern.

Auch die europäische Grünenabgeordnete Jutta Paulus kritisiert die Verschiebung: »Damit ist klar, dass der Schutz von Mensch und Umwelt hinter Lobbyinteressen zurücktreten soll«, wird sie in einer Mitteilung  zitiert. Eine schnelle Umsetzung hält sie für wenig wahrscheinlich: »Weder das Europäische Parlament noch der Rat werden es schaffen, innerhalb weniger Monate eine abgestimmte Position in einer so komplexen Gesetzgebung zu finden, geschweige denn in Verhandlungen mit der Kommission zu gehen.« Nach den Wahlen könne die Kommission den gesamten Vorschlag zurückziehen. Mit der Verschiebung stehe die dringend notwendige Chemiewende auf Messers Schneide.

ani

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