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Bundeswehr-Medizin Fragwürdige Tradition

aus DER SPIEGEL 46/1993

Wenn es um die Benennung ihrer Kasernen oder anderer Einrichtungen geht, greift die deutsche Bundeswehr häufig daneben. Ein Beispiel, auf das jetzt Professor Wolfgang Uwe Eckart, Leiter des Medizinhistorischen Instituts der Universität Heidelberg, in der Ärzte-Zeitung aufmerksam macht, ist das mit dem jüngsten Aids-Skandal ins Gespräch gekommene »Ernst-Rodenwaldt-Institut für Wehrmedizin« in Koblenz. Zwar gelte, so Eckart, »Rodenwaldt (1878 bis 1965) nicht zu Unrecht als Nestor der deutschen Tropenmedizin«. Aber zugleich sei er auch einer der herausragenden »Rassenhygieniker des Nationalsozialismus« gewesen und gehörte »seit 1933 dem Herausgebergremium des berüchtigten Archivs für Rassen- und Gesellschaftsbiologie« an. Rodenwaldt habe jede Form der Rassenmischung abgelehnt, die antisemitischen Nürnberger Rassengesetze ausdrücklich begrüßt und, wie er 1938 formulierte, den »liberalistischjüdischen rassenverneinenden Geist« der Weimarer Republik »gehaßt«. Eine Bundeswehreinrichtung »nach einem überzeugten Vertreter des europäischen Kolonialimperialismus zu benennen«, hält Eckart für »außerordentlich fragwürdig«.

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