Indien und Pakistan Klimawandel macht Hitzewellen 30-mal wahrscheinlicher

In Pakistan brennt einer der größten Pinienwälder der Erde. Die Extremhitze in Südasien wird auf den Klimawandel zurückgeführt. Ein Fachteam hat die Theorie nun überprüft.
Hitze in Indien am 20. Mai 2022: Obdachlose suchen Schatten unter einer Brücke in Neu-Delhi

Hitze in Indien am 20. Mai 2022: Obdachlose suchen Schatten unter einer Brücke in Neu-Delhi

Foto: Manish Swarup / dpa

In einem der größten Pinienwälder der Welt im Südwesten Pakistans ist während der andauernden Hitzewelle ein Brand ausgebrochen. Die Flammen im Koh-i-Sulaiman-Gebirge in der Provinz Belutschistan hätten bereits Hunderte Hektar Waldgebiet vernichtet, sagte Farah Azeem Shah, ein Sprecher der Provinzregierung, am Montag. Bei den Löscharbeiten seien bisher drei Menschen getötet und vier weitere verletzt worden.

Die Ursache für den Waldbrand, der vergangene Woche ausbrach, war zunächst unklar. Es wird aber davon ausgegangen, dass die große Hitze das Feuer begünstigt haben könnte. Die Behörden baten Shah zufolge das Nachbarland Iran um Hilfe bei der Bekämpfung der Flammen mit Löschflugzeugen aus der Luft. Ähnliche Brände wurden auch aus den Margalla Hills in der Nähe der Hauptstadt Islamabad gemeldet.

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»Der Klimawandel hat Pakistan mit voller Wucht getroffen«, sagte Malik Amin Aslam, ein ehemaliger Minister für Klimawandel. Die hohen Temperaturen hätten zudem Dürre und auch Überschwemmungen nach Dammbrüchen an Gletscherseen begünstigt. Der Zusammenhang wird durch eine neue Studie untermauert: Hitzewellen wie die jüngste in Indien und Pakistan sind der aktuellen Auswertung zufolge durch den Klimawandel rund 30-mal wahrscheinlicher geworden.

Künftig alle fünf Jahre Extremhitze?

Zu dem Schluss kommen knapp 30 Forschende aus Großbritannien, Indien, Pakistan und anderen Ländern, die sich in der World Weather Attribution Group zusammengeschlossen haben. Die sogenannte Attributionsforschung untersucht, ob und inwieweit sich Wetterextreme auf die Erderhitzung zurückführen lassen.

Der noch nicht von Fachleuten begutachteten, am Montagabend veröffentlichten Studie  zufolge ist die Wahrscheinlichkeit einer solchen Hitzewelle derzeit – bei einer Erderwärmung um rund 1,2 Grad – noch immer recht niedrig: Mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Prozent muss man jedes Jahr damit rechnen. Allerdings betrug diese Wahrscheinlichkeit vor Beginn des industriellen Zeitalters nur ein Dreißigstel davon. Bei einer Erderhitzung von zwei Grad müsse man etwa alle fünf Jahre mit einer so extremen Hitzewelle rechnen, schreiben die Forschenden.

Um den Effekt des Klimawandels zu errechnen, verglichen die Forscherinnen und Forscher Wetterdaten von heute mit jenen des späten 19. Jahrhunderts.

Die deutsche Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London, die an der Auswirkung mitwirkte, erklärte Hitzewellen zu den tödlichsten Wetterextremen überhaupt. »Gleichzeitig sind es diese Extreme, die in einer sich erwärmenden Welt am stärksten zunehmen. Solange Treibhausgasemissionen weitergehen, werden Ereignisse wie diese eine immer häufiger werdende Katastrophe«, so Otto. In Indien und Pakistan gab es im Kontext der Hitze in den vergangenen Wochen mindestens 90 Todesfälle.

Der März war in Indien der heißeste seit Beginn der Aufzeichnung vor 122 Jahren, auch in Pakistan wurden Rekordtemperaturen gemessen. Außerdem verschärfte die Trockenheit die Lage: So fiel in beiden Ländern gut 60 Prozent weniger Regen als üblich. Am härtesten traf es die wichtigsten Getreideanbauregionen in den Ebenen von Indus und Ganges, was zu heftigen Ernteeinbußen führt.

Seitdem nahm die Hitze noch zu: Ende April und Anfang Mai stiegen die Temperaturen auf Werte um die 45 Grad Celsius. Südasien sitze prekär an vorderster Front der Klimakrise, schrieb die Weltbank kürzlich. Pakistan hat mit 5,2 Prozent eine der geringsten Waldflächen der Welt. Das Land ist für weniger als ein Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen verantwortlich, gehört aber zu den zehn am stärksten vom Klimawandel bedrohten Ländern.

ak/dpa
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