Computer Laptop im Rucksack
Verzweifelt hämmerte der Offizier in die Tasten, um die US-Bomber über ihm mit Zielkoordinaten zu versorgen - nichts klappte. Völlig entnervt ließ er schließlich den Computerkoffer stehen und eilte in die nächstgelegene Telefonzelle.
Von dort rief der Vorposten, ein Army-Leutnant, in der Heimat an. In Fort Bragg (Bundesstaat North Carolina) fand sich endlich jemand, der die Daten an die Piloten weiterleitete.
So geschehen 1983, bei der US-Invasion in Grenada. Andere Einheiten haderten damals mit inkompatiblen Funkanlagen. Weil ihre jeweiligen Computersysteme miteinander unverträglich waren, ließ sich auch der gemeinsame Einsatz von Luftwaffe, Marine und Heer nur schwer koordinieren.
Knapp acht Jahre später, im Krieg am Golf, hat sich das Bild gründlich gewandelt. Während mit High-Tech vollgestopfte Kampfflugzeuge »smart bombs« warfen, war der elektronische Aufwand am Boden noch weit größer.
Viele Tausende mittlere und kleine Rechner waren in der Etappe und an der Front im Einsatz, tragbare Personalcomputer _(* Französische Offiziere bei der ) _(Computer-Auswertung von Kartenmaterial. ) (Laptops) gehörten zur Standardausrüstung von Truppführern bei den Alliierten. Das »riesige Aufgebot an Computern und Kommunikationssystemen«, schrieb das US-Magazin Business Week bereits Anfang Februar, werde sich am Golf wahrscheinlich als »entscheidende Waffe« erweisen.
Das fahrbare Rechenzentrum des Raketenabwehrsystems »Patriot«, untergebracht in einem eigenen vollklimatisierten Lastwagen, ist nur ein besonders klotziges Beispiel für die umfassende Computerisierung. Vor allem Kleinrechner wurden an die Front geworfen, zumeist Standard-PC, die für den Kriegsdienst umgerüstet wurden: *___Kleine Navigationscomputer, etwa von den Firmen ____"Magellan Systems« oder »Trimble Navigation« (kaum ____größer als eine TV-Fernbedienung, aber so ____leistungsstark wie ein IBM-PC), dienten als ____Orientierungshilfe bei Bodenkämpfen; der handliche ____Portable im Rucksack empfängt Zeit- und ____Positionssignale von Satelliten, die in 17 000 ____Kilometern Höhe über der Erde fliegen. *___Mit Magnesium ummantelte Laptops der Firma Grid Systems ____können vom Geschützpersonal zur Berechnung der ____Artillerieziele eingesetzt werden. Kampfpiloten planten ____ihre Einsätze auf tragbaren Personalcomputern, ____vorgeschobene Beobachter nutzten sie, um blitzschnell ____Feuerleitinformationen zu übermitteln. *___Hinter den Linien halfen tragbare Personalcomputer mit, ____Verlustlisten zu führen, den Treibstoffbedarf für ____Helikopter zu berechnen, via Telekommunikationssatellit ____die Pentagon-Datenbanken anzuzapfen und den Nachschub ____zu organisieren.
Die US-Streitkräfte verfügen über ein gigantisches Computernetzwerk - vom »Worldwide Military Command & Control System«, dem globalen Datennetz der US-Streitkräfte, über das »Tactical Army Combat Service Support Computer System« (TACCS) bis hin zum »Airborne Battlefield Command Control Center«, mit dem die jeweiligen Luft-, Land- und Seeoperationen elektronisch aufeinander abgestimmt werden.
Der komplexe Datenverbund, der vom Generalstab bis in die Schützengräben reicht, ist hochempfindlich. Ein Programm- oder Bedienfehler, ein schadhafter Chip oder Staub im Rechnergehäuse kann in vernetzten Systemen katastrophale Kettenreaktionen auslösen.
Manchen Rechner setzten die Soldaten am Golf allerdings außer Gefecht, indem sie die Geräte für Computerspiele zweckentfremdeten. Tausende Fälle von Computerviren-Befall, so die US-Zeitschrift Government Computer News, wurden festgestellt: Über Spiele-Disketten waren die versteckten Sabotage-Programme, die sich unbemerkt in noch unbefallene Anwender-Software weiterkopieren, in die Computer gelangt.
Die »C3«-Sonderabteilung des Pentagon (Joint Tactical Command, Control & Communications Agency), eigens gegründet, um den Computereinsatz bei den Streitkräften zu koordinieren, soll Pannen, wie etwa in Grenada, vermeiden helfen. Die Strategie: Wo immer möglich, wird auf hinreichend erprobte Standard-Software aus dem Zivilleben zurückgegriffen. Solche Militarisierung hat dazu geführt, daß computerkritische Kriegsgegner nicht mehr allein ausgewiesene Lieferanten von Rüstungselektronik an den Pranger stellen. Auch die PC-Branche bleibt, zumindest in der Bundesrepublik, nicht länger von Vorwürfen verschont.
Eine Pressekonferenz der US-Firma Borland, kürzlich in München, wurde für die verstörten Veranstalter fast zum Tribunal: »Können wir uns, bitte«, so flehte Borland-Boß Philippe Kahn kritische Fragesteller an, »von Frieden, Krieg und solchem Zeug fernhalten?« o
* Französische Offiziere bei der Computer-Auswertung vonKartenmaterial.